Wenn nun im Durchschnitt die männlichen Köpfe der Neger ein Stirnbein von 12906 ÜMill. besitzen,
so haben die Weiber es nur von 11782 □ Mill., dabei tritt jedoch gar kein entschiedener Geschlechtsunterschied
hervor, ebenso am Hinterhauptswirbel, der sogar im Weibe eher grösser zu seyn
scheint (= 8,1:7,58, also 0,68). Dagegen zeigt sich dieser entschieden beim Vergleich des Stirnwirbels
mit dem Scheit ei wirbel. Denn hier erreichte doch der männliche Neger für jenen 25,48, die
Negerin nur 23,68, was einen Unterschied von 1,88 gibt zu Gunsten des Negers.
Eben so scharf spricht er sich aus an den einzelnen Knochen des S cheitelw irbels selbst;
denn hier misst das Zwischenscheitelbein, ohne Zweifel der ausgezeichnetste, bevorzugteste weibliche
Schädelknochen, 1,28 mehr, bei den Negern nämlich 12,28, bei den Negerinnen 13,48 im Durchschnitt.
Das Scheitelbein ist dafür im Neger um 0,88 grösser (nämlich 75,3:74,58), wie es überhaupt gar
oft im Gegensätze zu demselben steht und als niederes Complement desselben erscheint. Die Schlafbeinschuppe
hat im Weibe 8,88, im Manne 9,78 und ist demnach hier 0,98 inhaltsreicher. Der
grosse Flügel dagegen nimmt wieder mehr Raum im weiblichen Geschlecht ein, nämlich 3,28,
beim Neger nur 2,88 , also 0,48 weniger.
Wir finden also in dieser niedersten Ra$e dieselben Geschlechtsunterschiede wie an den deutschen
Schädeln.
Ein Aehnliches sieht man an dem Hottentotten und der Hottentotlin, am Tungusen und der Tun-
gusin, am Ungar und der Ungarin. Theilweise Ausnahmen enthalten der Kalmücke und die Kalmückin.
4) Ordne ich die S tirnbeine nach ihrem Flächeninhalte, so steht, wie zu erwarten, zuunterst
der Microcephalus mit 10,058, dann folgt der bekannte Avarenschädel mit 16,38, der Caraibe
mit 17,38 (bei dem aber die mechanische Gewalt durch Auflegen von einem Sandsacke das Stirnbein
in seiner Entwickelung gestört hat), dann 2 Tungusen mit 18,3 und 19,38, ein Macuschi-Indianer
mit 19,68, hierauf der Papu mit 20,148, der Nukahiwa und Amerikaner von der Nordwestküste mit
20,98, 3 Neger mit 218, ebenso der Lappe und Bengalese, ein griechischer Mann, 3 Amerikaner (Gua-
rapavaner, Araucaner, Huanca), auch ein deutscher Schädel und einer der 2 Cimbernschädel. Zwischen
22 und 238 liegen ein Hottentott, 2 Neger, ein Buräte und Chinese, ein Nicobare und Madu-
rese, ein alter und neuer Peruaner, ein Araucaner, Botocude, der Blumenbach’sche Grieche, eine
ägyptische Mumie, ein Schwede und 6 Deutsche. Zwischen 23 und 248 8 Neger, ein Kaffer, 5 Malaien
(Cambodia, Javanese, Madurese, Macassarese, Bugginese), 2 Chinesen, ein Japanese, Tunguse,
Kalmücke, Jogahire, Baschkire, Kamtschadale, Buräte, Grönländer, Lappe und Finne, ein Hschina-
Jndiancr, Guarapavaner, ein Huanca, 3Botocuden, einPuris, Guanche, Neugrieche, ein Aegypter, ein
Neuholländer und Kangaro - Seeländer und der Makrocephalus von Kertsch, 2 Juden, ein Hindu-Fakir,
9 Deutsche. Von 25 — 268 4 Neger, ein Buschmann, Baschkire, Kosack, Ungar, 2 Malaien,
ein Hottentott, Peruaner und 11 Deutsche. Von 27—298 ein alter Jude, Cimber und Franzose,
308 endlich halte ein Deutscher und ein junger Neugrieche.
Die kleinste absolute Grösse der Stirn haben (den Mikrocephalus abgerechnet, der es nur zu
4898üMilI. gebracht hat, also einem Hasen oder einer Rehkuh gleicht) vorzüglich die niederen Men-
sriieiirai.Tii - sehr selten die kaukasischen Weiber. So bringen es mehrere Neger und Negerinnen nur
bis zu 10000 □ Miil., ebenso mehrere Tungusen und die Tungusin, der Avare, der Nukahiwa und
5 Amerikaner, ja mehrere stehen sogar darunter und ein Macuschi-Indianer hat sogar nur 8986 DMU!.,
den grössten Flächeninhalt (von 18504 □ Mill.) hatte ein alter, äusserst gescheidter Jude, wo die
Dicke der Schädelwände, die eher dünn als dick waren, dieses Resultat nicht herbeigeführt haben
konnte, wie es in den dickwandigen Negerschädeln eintreten kann.
Die W eib er schädel aber reihen sich, wie folgt, an einander: 20 — 218 2 Deutsche und eine
Cabenda-Negerin; 228 eine junge Neugriechin und Tungusin; 238 eine Indianerin, Russin, Kroatin,
7 Deutsche; 248 eine Hottentottiu, 3 Negerinnen, 6 Deutsche; 258 4 Deutsche; 268 eine Kalmfikin;
278 eine junge Bajadere des Tempels und eine Russin.
Zugleich wird man in den Tabellen bemerken, dass auch bei den Negern das Alter an den
Stirnbeinen Erwachsener einen Unterschied macht, d. h., dass bei den älteren Negern die Stirn fast
immer in günstigem Verhältniss zu den übrigen Schädelwirbeln zu stehen kömmt. So beträgt die
Stirn des 17jährigen Negers von Tette nur 218 der Schädeldecke, die des alten Negers von St. Louis
258 und die des älteren Negers im hiesigen Museum sogar 268. (Nur das Makua-Negerkind von 7—
8 Monaten macht eine so auffallende Ausnahme (mit 25,60, dass ich glauben muss, dass entweder
ein Messungsfehler von meiner Seite vorgekommen ist oder dass es ein krankhafter Schädel (Hirnwassersucht?)
war.) Da nun diese Erscheinung bei der Art meiner Messung der Stirn nicht auf die
zunehmende Ausdehnung der Stirnhöhlen geschoben werden kann, so bleibt wohl nichts übrig, als
anzunehmen, dass auch der in dem Stirnbeine enthaltene Theil des grossen Gehirns sein Wachsthum
bis in die mittleren Jahre fortsetzt.
5) Ausser dem gesammten Flächeninhalte sind noch die einzelnen Gegenden eines ganzen
Schädelknochens zu messen, da es Niemand in Abrede stellen wird, dass die verschiedenen Stellen,
z. B. des Stirnbeins, einen verschiedenen psychologischen Werth haben. Diese speciellere Frage liegt
zwar nicht in dem Plane meiner Schrift. Ich wül jedoch am Stirnbeine hiervon ein Beispiel geben.
Ich habe die Curve der M ittellinie dieses Knochens mit meinem Profilzeichner genau auf Papier
entworfen und das Verhältniss ihrer Sehne zur Höhe an ihrem höchsten Punkte berechnet und folgende
Zahlen an 8 Schädeln verschiedener Ra9en erhalten:
Ragen.
Kubischer Inhalt der
Höhle des Stirnbein*
wirbels.
Procente des
Inhaltes.
Ordinate
der Curve de
Sehne
s Stirnbeins. Verhältniss.
Javaner 246 K. C . 16,96. 12 Mill. 92 Mill. 1 : 7,66.
Neger 223 19,45. 17 — 9 0 ,5— ^ 1 : 5,32.
Negerin 159 — 14,11. 14 — 80 — 1 : 5,71.
Bugginese 236 — 17,82. 1 17 — 94,5 — 1 : 5,51.
Grönländer 265 — 16,95. 12,5 — 90 — 1 :7,19.
Deutscher 290 17,41. 2 0 l ^ H 100 ■ 1 :5 ,0 0 .
Deutscher 316 20,44. d 19 — 1 :5 ,5 2 .
Deutscher 237 — 15,08. 13 — 88 — 1 :6 ,7 6 .
Nach diesen Beispielen darf man schliessen, dass kein wenigstens streng bestimmtes Verhältniss
besteht zwischen der Ordinale jener Curve und dem absoluten oder procentischen Inhalte des Stirnbeins.,
Obgleich nämlich allerdings die 17 — 20procenligen Stirnbeine ein günstigeres Verhältniss der
Ordinate zeigen, nämlich 1:5 bis 5,52, andere dagegen mit nur 15—168 Inhalt 1:6 — 7,66, so hat
doch die Negerin bei einem sehr dürftigen Stirnhirn von 14,118 ein fast eben so günstiges Verhältniss,
nämlich 1:5,71. Es reicht also die Messung der mittleren Gegend offenbar nicht hin, sondern es
muss z. B. die Fläche der Tubera [rontalia. die Seitenfläche des Stirnbeins an den Planis semicircu-
laribm durch Triangulirung besonders gemessen werden. Gerade an den Seiten hat das Stirnbein des
Negers eine offenbare Armulh. Dagegen habe ich an der Seite, vorzüglich an Neger- und Kaffern-
schädeln, jedoch auch, wiewohl selten, an anderen Raqenschädeln eine kugelförmige, unscheinbare
Auftreibung der Gegend gefunden, wo das Stirnbein, der grosse Flügel und der processus sphenoidalis
des Scheitelbeins zusammenstossen, welche Stelle dem Organe des K unstsinnes von Gail und
der Uebergangswindung, d. h. dem Anfänge des untersten Astes von der vorderen Klappdeckelwindung
entspricht und zu der vorderen Bogenhälfle der Urwindung I. gehört, welche hier eine besondere
Auftreibung und Entwickelung haben muss.
Bei fast allen obigen 8 Schädeln lag der höchste Punkt der Stirnbeincurven mehr oder weniger
unterhalb der Mitte der Sehne (i — -h oder 4,5—10 Mill.), nnr am Negerschädel in der Mitte
oder selbst über ihr. Seine Stirn, obgleich schmal, hat deshalb eine auffallend kugelförmige Mittelgegend.
Die Vollkommenheit des Stirnhirns des Negers liegt demnach zweifelsohne in der besseren
Entwickelung der oberen Randwülsle von der III. und IV. Urwindung, seine Unvollkommenheit aber
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