bcinflügcls. Diese Knochen bilden die Decke und Seitenflächen des Schädels und entsprechen den
wichtigsten Uirnabschnilten, das Stirnbein dem V orderlappen, die Scheitelbeine dem Scheitcl-
lappen und Klappdeckel, das Zwischenscheitclbein dem hintersten Lappen von dem Zwickel
an, die Schlafbcinschuppc den Schläfen lapp an und der grosse Flügel dem Haken und netzförmigen
W ulst, das Hinterhaupt unterhalb der halbkreisförmigen Linien endlich dem kleinen Gehirn,
so dass man aus ihrem Flächeninhalte viel sicherer auf die Grösse dieser Hirniheile wird
schliessen können, als aus den Durchmessern, welche die Curven derselben gänzlich ausser Berechnung
lasset).
Um den Flächeninhalt möglichst genau zu erhallen, habe ich eine T riangulirung ihrer Oberfläche
angestellt. Ich ziehe von den hervorragenden Stellen dieser Knochen ( z. B. Tubera frontalia
und parietaliaj oder auf sonst zweckmässige Weise nach allen Seiten bis an die Näthe Linien und
zerlege so die ganze Oberfläche derselben in eine Anzahl von Dreiecken, welche dann in ebene Dreiecke
verwandelt und auf die bekannte Weise gemessen werden. Die Abbildungen geben ein genaues
Bild davon.
Die Verwandlung der gekrümmten Triangel geschieht mit einem besonderen Messinstrumente, das
einer kreisförmigen Säge oder dem bekannten Instrument der Damen zum Kräpfelbacken ähnelt. Eine
kleine kreisförmige Scheibe von Elfenbein oder Horn, deren Umkreis genau 30 Mill. beträgt und in
so viel Millimeter auch cingetheiit ist, rolirt wie das Rad eines Schubkarrens sehr leicht an zwei
Angeln am Ende eines 3—4" langen Messinggriffs. Indem ich nun dieses Rädchen mit dem Theilslrich 30
auf den Knochen aufsetze, ziehe ich es rollend mit grosser Sicherheit über die zu messende Basis
jedes Dreiecks hinweg und messe hierauf in gleicher Weise die von dem Scheitel nach der Basis gelallte
senkrechte Linie. Da selbst ein glatter Knochen hinreichende Friction macht, so rutscht es
nicht im Geringsten, sondern bewegt sich nur rollend, und ich bekomme so die Länge der zur Be-?
rechnung des Flächeninhalts eines ebenen Dreiecks nöthigen Linien und damit den Flächeninhalt des
ganzen Knochen, wenigstens so genau als es bei der Schwierigkeit des Gegenstandes nur immer
möglich und für unseren Zweck nöthig ist. Bei dem glatten, mit grossen Flächen versehenen menschlichen
Schädel lässt sich die ganze Messung leicht und bei einiger Uebung in 15 — 20 Minuten ausführen,
schwieriger an den eckigen, kleineren Thierschädeln, an denen auch noch andere Schwierigkeiten
hinzukommen. Eine Abbildung des Instrumentes und der zu messenden Schädeldecke wird Alles
vollkommener verdeutlichen, als eine delaillirte Beschreibung.
Bei der Versammlung der Naturforscher in Gotha, wo ich einen Vortrag darüber hielt, wurde
vom Herrn Professor Falcke in Marburg bemerkt, dass man viel einfacher zum Ziele gelange, wenn
man sich eines bereits gemessenen Bogens Papier bediene und mit Stücken davon die Knochenfläche
bedecke, aus dem Ueberreste also den Flächeninhalt berechnen könne. Abgesehen aber von der
damit verbundenen Umständlichkeit führt ein solches Verfahren nothwendig auch zu groben Fehlem,
weil das Papier sich nicht den Curven dieser Flächen anbequemt und es wiederum gedehnt werden
würde, wenn man es, um es den Flächen anzubequemen, nass machen wollte.
In beifolgenden Tabellen habe ich meine zahlreichen Triangulirungen zusammengestellt.
1. Tabelle: Verschiedenheit des A lters vom Neugeborenen bis zu 40 — 50 Jahren.
2. Tabelle: Männliche kaukasische, grösstentheils deutsche Schädel.
3. Tabelle: W eibliche Schädel.
4. Tabelle: Ra^enschädel.
5. Tabelle: Thierschädel.
Die auf diesem Wege gewonnenen Resultate sind nun folgende:
A. A lt e r.
Die Tabelle enthält 23 Messungen aus der ersten Kindesperiode bis zum erwachsenen Aller.
1) Der Flächeninhalt der gesammten Knochen der Schädeldecke steigt von der Geburt an bis zu
50 — 60 Jahren von 31486 DMill. und darunter bis zu 67000 DMill., erreicht also mehr als die doppelte
Grösse.
Uebrigens zeigen mir alle meine Messungen, die ich an Männer- und Frauen-Schädeln und an den
Schädeln aller Menschenragen gemacht habe, dass keineswegs die Oberfläche der Schädeldecken.mit
dem 17. — 25. Jahre zu wachsen aufhört, vielmehr habe ich durchschnittlich eine fortwährende Ver-
grösserung des Flächeninhalts derselben bis etwa in die Fünfziger Jahre und selbst darüber hinaus
beobachtet, mag dies nun die äussere Knöehentafel allein seyn oder nicht. So wird man bei der Ne-
gerraqe 50000 DMill. nur an jungen, 17 — 25jährigen Schädeln finden, während der Negerkönig von
Bororo 66847 DMill., der alte Negerschädel von St. Louis 59149 DMill. misst. Die meisten Beweise
dafür wird man aber unter den zahlreicheren einheimischen Schädeln finden.
Uebrigens erkennt man einen jungen Schädel in zweifelhaften Fällen ausser an den gewöhnlichen
Kennzeichen ([vollständige Offenheit sämmllicher Nähte, vollständiges und durch Kauen noch nicht abgenutztes
Gebiss, nicht ausgebrochener Weisheitszahn, kurzer, noch knorpeliger Griffelfortsatz, hier
und da auch an der noch nicht eingetretenen Synostose des Zapfentheils des Hinterhauptbeins mit
dem KeilbeinkörpeiO, auch nebenbei noch an seiner grösseren L eichtigkeit und oft glänzenderen
G lätte, indem auch dieser Theil des Skelets mit den mittleren Jahren rauher und schwerer zu werden
beginnt.
2) Die äussere Fläche des Hinlerhauptswirbels wächst von 2800 DMill. bis 6 — 7000 DMill. im
Laufe des Lebens, also bis zur 2—3fachen Grösse. Auch steigt er um 1—28 im Verhältniss zu
dem Flächeninhalte der zwei übrigen Schädelwirbel. Doch tritt sein Wachsthum viel weniger bei der
Flächenmessung hervor, als bei der kubischen Messung oder der Wägung des Gehirns, worauf ich
daher verweise.
3[) Der Scheitelw irbel misst anfangs etwa 23000 DMill. und wächst zu 41000, ja 47000
DMill. bis zum erwachsenen Alter heran, wird also ungefähr fast noch einmal so gross.
4) Der S tirnw irbel fangt mit 5000 DMill. an und erhebt sich bis zu 17—18000 DMill. als
Maximum, kann also um mehr als das- Dreifache wachsen.
5) Beide Wirbel stehen im Gegensatz der Ausdehnung zu einander. Wenn im 6monatlichen
Kinde der Flächeninhalt des Stirnbeins 198 beträgt und der des Scheitelwirbels 818, so haben wir
beim Erwachsenen für jenes zuweilen selbst 308, für diesen nur noch 708.
Das Stirnbein nimmt also ungefähr um 9 —108 von der Geburt an im Verhältniss zum Scheitelwirbel
zu. Dieser bleibt verhältnissmässig zurück, wie jenes an Fläche gewinnt.
Am deutlichsten ist dies ausgesprochen im Scheitelbein selbst, insofern dieses nur von 19000 bis
zu höchstens etwa 31000 — 33000 DMill. wächst, also nicht das Doppelte seiner ersten Grösse erreicht.
Und so sinkt es am ganzen Schädel von 60 bis 488 desselben herab, ja selbst auf 428, verliert
also ungefähr 12—188.
63 Das Z w ischenscheitelbein misst Anfangs in meiner Tabelle 2200 DMill., im Erwachsenen
bis zu 4900 DMill., erreicht also mindestens das Doppelte.
Wenn also das Stirnbein dreimal*- das Zwischenscheitelbein zweimal grösser wird, als bei der
Geburt, so kömmt dagegen auf das Scheitelbein nicht ganz das Doppelte. Die grösste Energie des
Wachsthums hat demnach unter diesen Knochen das Stirnbein, das geringste das Scheitelbein. Jedoch
Wird man in der Tabelle ein grosses Schwanken in dem Grössenverhältniss dieses sonderbaren Knochen
bemerken, so dass ich zweifelhaft war, ob es beim Kinde .oder beim Erwachsenen günstiger
entwickelt sey. .............
Die unter dem Stirnbein befindlichen Dirnpartieen werden also mit dem Alter mehr wachsen, als
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