düngen, wie der Elephant, so dass sie beim ersten Anblick viel entfernter vom Menschen zu stehen
scheinen, als dieser. Aber die Form des ganzen Hirns, seine Entwickelung nach hinten, die Ausdehnung
und Neigung der Sylvischen Grube ist offenbar menschlich, wie von einer menschlichen Frucht.
Ich setze aber hierzu eine wichtige, jetzt erst ein tretend e Veränderung, das ist die Entstehung
eines Klappdeckels und die Randwülste der Insel.
Uebrigens haben die Affen drei Urwindimgen, zwei obere und eine innere Windung, sammt dem
Gyrus supraorbilalis und ihr Bogenwulst besitzt zwei Verlängerungen nach hinten, die das kleine Hirn
grossentheils bedecken.
In der menschlichen Frucht ist die Oberfläche der Halbkugeln Anfangs glatt wie im Vogel
und die Sylvische Grube ist der Mittelpunkt, um welchen sich die ersten Randwülste herumlegen, indem
die beiden Hirnenden schief gegen einander wachsen und dadurch jene Grube und später die Anfangs
noch glatte Insel derselben hervorbringen. Die Sylvische Grube ist Anfangs also sehr weit
und flach. Am tiefsten ist sie am Haken und wird immer flacher nach oben, so dass man sie bei
der 27wöchentlichen Frucht von oben her noch nicht findet. An der oberen Fläche, dicht neben der
Mittelspalte, fehlen in dieser Zeit bis zum 8. Monat noch alle Windungen, und zwar länger als anderwärts.
Neben diesem noch einfachen Gyrus Fossae Sylvii, aus dessen Theilung bald die dem Menschen
ebenfalls zukommenden drei Urwindungen hervorgehen und aus deren Milte der Klappdeckel
heräbwächst, ist auch die Hakenwindung eine gleichzeitige, vielleicht selbst eine noch frühere. Ausserdem
bildet Tiedemann l) noch senkrechte Falten an der Innenfläche jeder Hemisphäre ab, vorzüglich
eine etwas hinter dem Balkenwulst, DöIIinger 2) in der 20. Woche auch Anfänge der Urwindungen
des Bogenwulstes, der von vorn nach hinten fortzuschreiten scheint, wie der Balken, den
er umgürtel, in der 28. Woche die beginnenden kreuzförmigen Windungen und die gerade Windung
CGyri crueiati et rectus Val.) an der Unterfläche des Vorderlappens, am Hinterlappen aber den
Zw ickel, alle aber nur von. seichten Furchen begrenzt, wie sie auch noch die Hemisphären des
Neugeborenen haben.
Nach den Gebrüdern Wenzel 3) fangen beim menschlichen Fötus die Windungen am mittleren
und hinteren Theile der grossen Lappen an und schreiten nach vorn fort. Noch beim 7jährigen
Kinde haben sie ihre Vollkommenheit nicht erreicht.
B. W indungssystein der Affen und des Menschen.
Fasse ich alle diese Untersuchungen zusammen für die Entwirrung und eine natürliche Systematik
der menschlichen Hirnwindungen, so lassen sich folgende allgemeine aufstellen: Sätze und Entwickelungsgesetze
1) Die Windungen des grossen Gehirns laufen ursprünglich der Länge nach, die Querwülste
sind secundär und gehen aus Theilungen oder Schlängelungen der Längswindung hervor, wenn sie
nicht hier und da noch unaufgelöste Verbindungen zweier noch nicht vollständig getrennten Urwindungen
sind. In diesem Falle würden sie eine niedere, in jenem eine höhere Bedeutung haben, dort das
Zeichen unvollkommener Polarisirung, hier Schlusspunkte getrennter Urwindungen seyn.
So sehr also das kleine Gehirn dem grossen entspricht, so ist es doch in seiner Totalform, wie
ienn tdweirc kReilct.htung seiner Hauptwindungen ihm entgegengesetzt, dieses der Länge, jenes der Quere nach
2) Die ersten Längenwülste C^rWindungen) sind schief rückwärts sich erhebende Ringe,
welche nach unten und vorn offen sind. Diese klaffende Stelle entspricht der Sylvischen Grube. Von
jeder Urwindung liegt demnach die vordere Hälfte ihres Ringes grösstentheils am Stirnhirn, die hintere
1) Entwickelongsgescbicbte des Gehirns.
2) Beiträge zur Entwickelnngsgescbicbte des menschlieben Gehirns. 1814. Pig. 9.
3) e. a. 0 . S. 298.
gehört dem Scheilelbim an. Davon sind bei den meisten fallen ?) Säugethieren die hinteren Hälften
die grösseren und geben aueh mehr Unterabtheilungen ab, als die vorderen.
3) Es gibt an jeder Hemisphäre 3-4- concentrisch in einander eingescbobene Urwindungen, die
vor der Hand bis zu ihrer endlichen anatomischen und physiologischen Aufklärung am einfachsten
mit dem Namen erste (unterste), zw eite, dritte und v ierte Urwindung zu belegen sind. Von
der ersten bis zur vierten nehmen sie an Breite und an Weite ihres Bogens zu.
4) Sie sind die krausen Endblätter des Hirnschenkelsystems und ausser ihnen macht dieses keine
weiteren Randwülste. Ihre hinteren Bogenhälften sind Entfaltungen der Blätter der Haube CTegmen-
lum ), die vorderen sind Fortsetzungen des Fusses der Hirnschenkel. In Haube und Fuss ist schon
der doppelte Hirnlappen in der. Anlage vorhanden. Ihre oberen Blätter bringen die oberen, ihre unteren
die unteren Urwindungen wesentlich hervor, indem in jene die oberen Faserungen, in diese die
unteren ausstrahlen.
5) Ihre Hufeisenform hängt mit derselben Gestalt der Basis oder W urzel des S tab kranzes
zusammen, indem diese gleichfalls einen nach unten und aussen offenen Ring darstellt, und
die Sylvische Grube steht daher ebenfalls mit jenem Verhalten des Stabkranzes im genauesten Connex
gleichwie auch der Sehnerv sich unterwärts einrollt und dadurch den Spalt der Netzhaut hervorruft.
Vielleicht steht sie auch zugleich mit der Ringform oder Umkrümmung im Zusammenhänge, welche
Streifen- und Sehhügel und auch der Trichter und Hirnanhang an sich tragen.
6) Die Stellung der S ylvischen Grube ist nicht in allen Säugethieren eine gleich schiefe.
Fast senkrecht steht sie bei den Herbivoren (Schaf, Ochs, Pferd) und ist zugleich sehr klein und
niedrig. L änger und schiefer stellt sie sioh bei den Feris (Katze, Panther, Löwe, Hund, Fuchs,
Fischotter, Iltis, Bär, Coati, Waschbär u. A.), die Schweine und der Elephant stehen in der Mitte
zwischen beiden. Die grösste Länge erreicht sie im Affen und die grösste Weite und horizontalste
Lage im Menschen. Hier zieht sie sich längs des ganzen oberen Theiles der Scheitelbeinschuppennaht
rückwärts, während sie beim Marder lediglich die Stelle der Flügelschuppennath einnimmt.
Im Allgemeinen scheint eine senkrechte Stellung auf ein kleineres Stirnhirn und ein grösseres
Scheitelhirn hinzuweisen, und umgekehrt.
7) Mit der Länge und schiefen Stellung der Sylvischen Grube geht parallel die immer mehr zunehmende
Mächtigkeit der ersten Urwindung, währenddem die übrigen auf- und rückwärts gedrängt
und verhältnissmässig verdrängt werden.
8) Je mehr sich die Urwindungen schlängeln, je tiefere Furchen sie zwischen sich, je mehr
Eindrücke und Aeste sie haben, je asymmetrischer ihr Bau, desto vollkommener ist eine Thierspecies.
Meistens ist dies der Fall in den grösseren Species einer Gattung oder Familie (vielleicht mit Ausnahme
des Ochsen, der keine vollkommneren Windungszüge besitzt, als das Schaf, und des Walfisches,
der nach L euret nicht höher zu stehen soheint, als der Delphin).
Der Satz, dass die Zahl und Complication der Windungen im Verhältniss steht zu den Geisteskräften
eines Thieres, ist zu beschränken auf die Thiere Einer und derselben Ordnung, insofern jede
Ordnung einen eigenthümlichen Typus hat und eine den verschiedenen Species entsprechende Stufenleiter
dieses Typus (L euret). So hat
der F u c h s und W o lf unvollkommnere Windungen als der H u n d ,
die K a tz e ' — — — der L ö w e ,
der I lt i s — — die F is c h o tte r ,
das S c h a f und der O c h s —
das R eh —
das S c h w e in (Tonquin) — —
der M ak i —
der N e g e r — —
9^ Die Windungen vervielfältigen und vervollkommnen
a) durch Schlängelungen,
— das P fe r d ,
— der H irs c h ,
— der E b e r ,
— der E le p h a n t,
— der A ffe ,
— der K a u k a s ie r ,
sich