Proben vorgewiesen wurden. Gesagt, gethan! Im Nu waren
Schieffel und Eisen bei der Hand und was sonst nocb nöthig
war, und so machte ich mich ohne Säumen mit den vier 7 bis
12jährigen Cyklopen auf den Weg, um bei den nächsten Steinbrüchen
nach den Petrefacten zu suchen. Ich konnte nur den
Eifer der jungen Burschen bewundern, mit dem sie mich stets
unermüdlich durch mehrere Stunden unterstützten und bei Auffindung
irgend eines schönen gut erhaltenen oder ungewöhnlichen
Blattabdruckes eine grössere Freude als ich selbst an den
Tag legten. Wir theilten uns auf folgende Weise in die Arbeit.
Ich liess die drei oder vier Jungen unter den Gesteinstrümmern
der zahlreichen Steinbrüche herumsuchen, während ich mich
hinter einer verfallenen Mauer oder in einer vor der Sonne
geschützten Grube lagerte und dort das Geschäft des Formati-
sirens übernahm, das natürlich mehr Gewandtheit verlangte, als
das Suchen und Spalten der Steine.
So wurden nach und nach alle einzelnen Localitäten der
nächsten Umgebungen der Bergbaucolonie durchstöbert, alle
Steinbrüche gemustert und auf solche Weise nach Ablauf des
dritten Tages ein recht hübsches Sümmchen von Petrefacten
zusammengebracht. Gerne hätte ich noch die etwas entferntere
Localität Ka s t r o v a l a , wo gegenwärtig vorzugsweise Kohlen
gefördert werden, besucht, doch gebrach es an Zeit, auch war
ich nicht mehr im Stande, das Geschäft des Formatisirens länger
fortzusetzen, da meine Hände theilweise verwundet und so angeschwollen
waren, dass ich den Hammer nicht mehr ohne Schmerz
zu halten vermochte.
Nun war noch die Verpackung der gesammelten Schätze
vorzunehmen, wobei mir Herr Wu l t i s c h bis in die Nacht
hinein behilflich war, und der es auch übernahm, dieselben in
den Hafen zu fördern, von wo sie schon am folgenden Tage
nach Athen abgingen.
So war ich in K umi auf das vollkommenste befriedigt und
bedauere nur von den schönen, malerischen Umgebungen der
Stadt so wenig genossen zu haben, da meine ganze Zeit den
geologischen Studien zugewendet sein musste. Nicht ohne wehmüthige
Blicke auf unser kleines Häuschen, das uns so lieb
geworden, — auf die emsige, liebliche, ich möchte fast sagen
idyllische Stadt, verliessen wir sie am Morgen des vierten
Tages, am 19. Mai und traten unsern Rückweg über St en i nach
Cha lki s an.
Unser Weg führte an der Colonie vorüber. Hier wurde
noch einmal am Hause des Herrn Wu l t i s c h stille gehalten.
Frau und Kinder, so wie er selbst waren zugegen und nahmen
auf das Herzlichste Abschied von uns, wir aber konnten ihnen
leider nichts mehr als unseren besten Segen für ihr Heil und
das Glück ihrer Kinder zurücklassen. Ein Geleitsmann, des
Weges kundig, gesellte sich hier zu uns, um uns durch die verschlungenen
Pfade des Gebirgsjoches des Delphi, in dessen
nächste Nähe wir nun kamen, durchzubringen, was auch glücklich
geschah. —
Nicht leicht bietet eine Gebirgsreise grössere Mannigfaltigkeit,
eine grossartigere Scenerie, aber auch bedeutendere Ungemächlichkeiten
dar, als der Weg von Kumi nach Sten i . Die
Richtung, die derselbe nimmt, auch nur einigermassen zu bezeichnen,
ist kaum möglich, da er sich bald über jehe baumlose
Felsenabstürze, bald durch dichtes Waldesdunkel, bald über
subalpines Haideland in den seltsamsten Verschlingungen auf-
und abwärts windet. Nimmt man nun noch die prachtvollen
Fernsichten, die dabei hie und da auftauchen und entweder die
ganze Wildniss einer Gebirgslandschaft oder das ferne mit Inselchen
übersäete Meer vorführen, so muss man diese Wanderung
als eine der genussvollsten bezeichnen, die man in diesem clas-
sischen Lande ausführen kann.
Wir hatten die tertiären Hügeln mit dem weissen Mergelschiefer
und den nun meist zu Ruinen gewordenen Häuschen *)
der ehemals blühenderen Bergwerkscolonie kaum im Rücken, als
wir in eine wahre Ode kamen, die weder Gras noch Strauch
zwischen den Klippen aufkommen liess. Einzelne durch Feuerbrand
zerstörte Eichen, von denen nichts als der unverwüstliche
*) Dasselbe Schicksal tr a f auch das Haus, welches einst H e rr Berglieutenant S c h ü l e r ,
ein Deutscher, bewohnte, als er noch die Gesohäfte dieses Bergbaues leitete.
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