scheint es ihm am wahrscheinlichsten, die Theorie der Thermen
auf das in Rede stehende Phänomen in Anwendung zu bringen.
Nach dieser würde das in den Klüften des Festlandes versinkende
Wasser in einer Tiefe von einigen tausend Fuss um einige
Gra de erwärmt, durch andere Wege wieder emporsteigen und
dadurch eine ununterbrochene von oberflächlichen Veränderungen
unabhängige Circulation des Wassers hervorgebracht
werden. Freilich setzt er hinzu, bleiben die Stellen unbekannt,
wo das emporsteigende wärmere Wasser sich wieder in das
weite Becken des Meeres ergiesst, Stellen, die möglicher Weise
horizontal bedeutend entfernt unter dem Spiegel des letzteren
liegen können.
Bei genauer Betrachtung der mit dem Phänomene verbundenen
Umstände sieht man bald, dass es sich hier nur um kleine
Quantitäten Meerwassers handelt, die sich in Circulation befinden.
Würde das Meer ungehindert zu den Klüften Zutritt haben, so
würde ein Versinken desselben nicht wahrgenommen werden
können, denn der Abfluss würde im Verhältnisse des Zuflusses
verschwindend klein sein. Nur indem kleine Portionen Wassers
zu den Löchern Zugang erhalten, kann eine Differenz im Niveau
beider Flüssigkeiten eintreten, die auch erfahrungsgemäss sogleich
abändert, so wie durch irgend welche Umstände (Fluth,
Stauung u. 's. w.) eine Vermehrung des Zuflusses stattfindet. Von
dieser Seite also würde die obige Hypothese eher eine Unterstützung
als eine Widerlegung erfahren, denn es ist wohl eher
anzunehmen, dass eine geringe Menge Wassers in der Tiefe
eine merkliche Temperatursänderung erfahre, als eine grösse
Menge, wozu jedenfalls ein grösserer und ausgiebigerer Erwärmungsapparat
nöthig scheint.
Ich will jedoch im Folgenden versuchen, die Thatsache des
constant ungleichen Wasserstandes in den Höhlungen von Argo-
stoli *) und dem Meere dieser kleinen Bucht auf eine andere
Weise zu erklären, ohne dabei zur Annahme der Erwärmung
des versunkenen Wassers die Zuflucht nehmen zu müssen.
*) Auch in künstlich aufgeschlossenen Höhlungen in der Nähe je n e r Klüfte hat
sich de r Wasserstand in derselben Höhe gezeigt, wie er in den Klüften beobachtet wurde.
Bei meinen vielfältigen botanischen Excursionen in der
Nähe von Argostoli während eines vierzehntägigen Aufenthaltes
daselbst, war der Rand der Bucht oftmals der Gegenstand meiner
Beobachtung. Es konnte mir dabei nicht entgehen, welche namhafte
Zuflüsse durch Quellen, die sammt und sonders im Niveau
des Meeresspiegels oder nur wenig höher als dieser liegen, eben
das Meer hier erhält. Von sechs Quellen, welche sämmtlich im
innersten Raume der Bucht liegen, schienen mir die meisten so
stark, dass sie eine Mühle, wie jene von Argostoli in Bewegung
zu setzen vermögen. Die Mehrzahl dieser Quellen enthält gutes,
trinkbares Wasser, einige, die am nördlichsten aus dem Kreidekalke
hervorbrechen, waren durch eine salzige Beimischung un-
geniessbar. Die Hauptwaschanstalt der Stadt, die sich über der
Bucht in der Nähe der Strasse befindet, ist eben auf die Fassung
einiger solcher Quellen gegründet.
Wie bekannt, so ist erst unter dem englischen Regiment
die Stadt Argostoli mit dem gegenüberliegenden Gestade der
Bucht durch eine beinahe eine englische Meile lange niedere
Bogenbrücke in Verbindung gesetzt und dadurch die Communi-
cation mit dem eigentlichen Festlande der Insel ausserordentlich
erleichtert worden. Wie erstaunte ich nicht, als ich unter den
zahlreichen Bogen dieser Brücke, besonders an der der Stadt
entgegengesetzten Seite eine lebhafte Strömung des Wassers
nach Nordwesten, d. i. nach dem Ausgange der Bucht wahrnahm;
ja es konnte mir nicht entgehen, dass nach den erwähnten
anhaltenden nordwestlichen Windströmungen, die den Abfluss
etwas retardirten, in den darauffolgenden Tagen der Windstille
die Strömung nach Norden ungleich stärker erschien. Dass
demnach constante, jedoch nach Umständen sich verstärkende
oder vermindernde Niveauunterschiede des Meeres zwischen
den inneren und den äusseren Theilen der Bucht vorhanden
sind, ist dadurch, wie mir scheint, ausser allen Zweifel gesetzt.
Diese Verhältnisse gewinnen bei Erklärung des Problems
von Argostoli jedoch um so mehr Nachdruck, wenn sie mit ähnlichen
Verhältnissen an der Ostseite der Insel zusammen gehalten
werden. Auch hier, und zwar in der Bucht von Samo befinden