Die Versumpfung der Aigolischen Ebene in der Nähe der
Küste rührt unstreitig von hier hervorbrechenden unbemerkbaren
Quellen her. Weiter südlich bei Anavolo findet sich
sogar eine submarine Quelle.
Diese Verhältnisse mögen das Hervorbrechen von Quellen
in der Nähe des Meeres allerdings sehr plausibel machen, es
wird aber dadurch keineswegs erklärt, wie das atmosphärische
Wasser auf dem Wege durch unlösliche Gesteinsarten zugleich
eine salzige Beschaffenheit anzunehmen im Stande ist. Vorausgesetzt,
dass dieser Salzgehalt des Wassers, was zwar höchst
wahrscheinlich aber noch keineswegs erwiesen ist, durch Beimengung
von Meereswasser hervorgebracht wird*), so bleibt
nichts übrig als anzunehmen, dass das letztere um einige Fuss
örtlich gehoben und in Reservoire entleert wird, wo es in
grösserer oder geringerer Menge mit gewöhnlichem Quellwasser
gemischt, endlich sowohl in supra- als in sub-marinen Abzugs-
Öffnungen wieder dem allgemeinen Becken zugeführt wird, von
dem es unverändert und verändert (in Form von Dunst) herstammt.
Wenn es für unsere hier speciel angeführten Fälle
mehr als wahrscheinlich ist, dass die meteorischen Wässer im
Verlaufe des Erdinnern nicht auf salzführende Schichten stossen
und sich bei dieser Gelegenheit mit Salz impregniren, sondern
ihren Salzgehalt nur der Beimengung des Meerwassers verdanken,
so concentrirt sich zuletzt die ganze Frage darauf, wie
das Meerwasser auf • eine Plöhe von 2 — 3 Fuss gehoben, in
grössere oder kleinere Reservoire gebracht und da in ungleichen
Verhältnissen mit den meteorischen Wässern Zusammentritt.
Eine Hebung des Meerwassers in mehr oder weniger abgeschlossene
Behälter, wo es sich ansammeln und durch niedrigere
Abzugsöffnungen continuirlich abfliessen kann, ist eine Voraussetzung
die sich bei genauer Erforschung der Ortlichkeitsver-
luiltnisse, bei fortgesetzter Beobachtung der äusseren auf die
bewegliche Oberfläche des Wassers wirkende Agentien nicht
unschwer würde eruiren lassen. Zudem bietet uns die Haarröhr-
*) Es konnte dies n u r durch Reihen von chemischen Analysen jen e r brakischen Quell-
wasser mit Sicherheit bestimmt ■werden.
chenWirkung eine Kraft dar, die bei der feinen nicht selten in
Haarspalten sich vertheilenden Zerklüftung des Gesteines, das
mit dem Meere in Berührung steht, hier um so eher zu berücksichtigen
ist, als es sich eben nur um geringe Mengen Wassers,
die gleichzeitig gehoben werden sollen und um eben so geringe
Höhenunterschiede handelt.
Wer übrigens die periodischen, dabei aber ganz unregelmässigen
Wasserbewegungen gesehen hat, die in dem engen
Canale, der die Insel Euboea von dem griechischen Festlande
trennt, vor sich gehen; wer es bemerkt hat, dass diese Wasserbewegungen,
die gleichfalls so gross sind, dass sie als Wasserkraft
benützt werden, ohne merkliche äussere Einwirkungen
Jahrhunderte lang in derselben Stetigkeit erfolgen, der muss
zur Überzeugung kommen, dass scheinbar ganz unerhebliehe
Niveauunterschiede des Meeres durch die Configuration des
Beckens an bestimmten Stellen endlich zu bedeutenden Unterschieden
sich erhöhen können. Wir haben im E u r ip o s gewiss
nur ein von Localverhältnissen abhängige Bewegungserscheinung
des Meerwassers, die nur darum noch nicht auf ihre nähere
Ursache zurückgeführt ist, weil es an fortlaufenden Beobachtungen
fehlt, die uns über die dabei wirksamen Agentien
Aufschluss geben.
Wenn nun auch die Erscheinung des Euripos auf die Bai
von Ar g o s to l i zunächst keine Anwendung zulässt, so ist doch
nicht in Abrede zu stellen, dass dieselbe ganz vorzüglich gebaut
ist, um bei herrschenden West- oder Südwestwinden eine bedeutende
Anstauung des Wassers in derselben und dadurch eine
Erhöhung des Niveaus des Meeres zu verursachen. Würde
nun dieses angestaute Wasser durch das zerklüftete Gestein,
an dem es hier nicht fehlt, in grosse unterirdische Becken
gebracht und dabei den möglichen Effect der Haarröhrchenwirkung
unterstützen, — würde dieses so gehobene Meereswasser
sich daselbst mit von oben hinzugelangendem Quellwasser vermengen
und das Ganze endlich durch kleine Abzugsöffnungen
sich wieder mit dem Meere in’s Gleichgewicht setzen, so hätten
wir alles, was wir zur Erklärung des Phänomens von Ar g o s to l i