! 11
l i l l
II
I
Sil '
s
ursprüngliche Naturkleid dieser Länder bis zur Unkenntlichkeit
abgestreift haben.
Fast möchte man diese Momente allein für unzulänglich
halten und jene Veränderungen in aussergewöhnlichen cosmi-
schen Ursachen suchen. Es wird daher eben so erspriesslich
sein, das Buch der Geschichte noch einmal aufzuschlagen, um
zu ersehen, ob nicht doch hier in der verwüstenden Hand des
Menschen, dort in seiner Sorglosigkeit und im Unverstände die
ausreichenden Gründe für jene Veränderungen zu suchen seien.
Wie weit man in den ältesten Zeiten bei der ursprünglichen
Ansiedlung mit der Ausrodung von Wäldern und Auen vor sich
ging wird man wohl kaum zu- eruiren im Stande sein. Sollten
wir aber von den Ansiedlern in Amerika oder Australien, Neuseeland
u. s. w. *) einen Massstab nehmen, so dürfte die dadurch
bewirkte Veränderung des Landes nicht sehr unbedeutend gewesen
sein. Dadurch jedoch, dass der Anbau der Cerealien nur
sehr allmählich fortschritt, und diese selbst ehedem in geringerer
Mannigfaltigkeit bekannt waren, die Hauptnahrung daher
immerhin in der Viehzucht bestand, machen es wahrscheinlich,
dass der Waldboden anfänglich sich in Weideland umgestaltete
und erst dieses nach und nach in kleinen Parzellen in Ackerland
überging.
Eben ist hierin wieder Griechenland derjenige Theil des
Orients, der diese Metamorphose am deutlichsten nachweisen
lässt. Wie werden wir in der Ilias und Odyssee von dem Reichthum
der Heerden der griechischen Fürsten unterrichtet, wie
fröhlich und üppig nehmen sich die Gelage aus, an denen nie
Man gel herrschte! Ne s to r z. B. rühmt sich (Ilias 11, 677) in
Elis eine Beute gemacht zu haben von 50 Rinderheerden und
eben so vielen Schafen, Schweinen und Ziegen. Wie wohl
bestellt war das Haus Odysseus auf Ithaca und wie bedeutend
mag die Heerde gewesen sein, die sein edler Freund der Schweinhirte
Eumaeos zu hüten hatte? Wir staunen wie das Alterthum
mit Hekatomben um sich wirft, als sei Griechenland froh, seine
* ) -Dr. Th. I v o t s c h y (Überblick der Nillande,, p. 18) e rz äh lt, wie in Fazzogl auch
der Neger den Wald niederbrennt, um seine Du ra darauf zu bauen.
immensen Heerden an Mann zu bringen. Auch an Pferden fehlte
es nicht, wie das aus vielen Angaben hervorgeht. Ganz vorzüglich
musste das Bergland Areadien mit seinen 1400—2000 Fuss
über dem Meeresspiegel liegenden Hochebenen geeignet für
eine ausgedehnte Viehzucht sein, in deren wenig zugänglichen
Schluchten und Höhen noch jetzt Eichen- und Tannenwälder
mit blumenbedeckten Wiesen nach den Zeugnissen der Reisenden
sich vorfinden. „Die Thaler, die sich hier zuweilen öffnen,
sind wild und grossartig. Sie bieten dem herumziehenden Hirten
vortreffliches Weideland“. Wie allmählich diesem für den Feldbau
wenig günstigen Terrain der Ackerboden abgewonnen werden
musste, zeigen noch die alten Terrassen, die an den Berghalden
hinlaufen, ähnlich wie wir sie noch jetzt am Libanon hie
und da sehen. Das Gleiche gilt auch von dem grasreichen Messene.
Ganz ähnliche Eindrücke wie der Peloponnes macht auch die
Insel Euboea, da sie grösstentheils gebirgig ist. Scheint schon
ihr Name auf gutes Weideland hinzudeuten ('¡¿ßoiia rj, d. i. gute
Weide), so findet sich in den höheren bergigen Theilen auch in
der That noch üppiger Grasboden und treffliches Weideland.
Und nur allmählich konnten in dem später so getreidereichen
Bceotien die Saatfelder dem Walde abgetrotzt worden sein, da ein
Hymnus auf den pythischen Apollo-—die älteste Landessage —
davon spricht, wie noch nicht Wege und Stege durch weizenreiche
Gefilde zur heiligen Thebae führten und alles Flachland
in dichten Wald gehüllet war (He ttner).
Wenn wir hieraus ersehen, dass die Rodung'der Wälder
nur allmählich mit der Vergrösserung der Bevölkerung und der
Ausdehnung des Culturlandes fortschritt, so kann der vermehrte
Gebrauch des Holzes zu häuslichen Zwecken als Brenn- und
Baumateriale ebenfalls nur eine Verminderung des Waldstandes
zur Folge gehabt haben. Bei der Mässigkeit in Lebensgenüssen,
die eine so glänzende Seite des griechischen und orientalischen
Volkscharakters bildet, ist dieser Bedarf sicherlich ohne grosse
Nachtheile des Waldes erfüllt worden*). So einfach und genüg-
*) ^ ei* wenj^g fruchtbare Boden Attica’s machte von je h e r Arbeitsamkeit und sp a rsame
Lebensweise zur nothwendigen Bedingung des Unterhaltes und stach seh r ab gegen