und „noch erquickt uns der frische Quell der Pirene, an der
einst Bellerophon den Pegasus einfing
Und wenn der einst „mit Waldungen umhüllte Neriton so
wie der Neion“ jetzt keinen Baum sondern nur niederes Gestrüpp
von Arbutus und Kermeseichen trägt, wenn Pallas-Athene von
Ithaca sagt, „beständig hat es Regen und befruchtenden Thau“,
so träufelt dennoch, wenngleich langsam, der arethusische Quell
einst das Labsal der Bevölkerung und der zahlreichen ILeerden
dieser Insel. -—
Sehen wir von Griechenland ab und betrachten wir das
seinem Natur Charakter nach sehr nahe verwandte Syrien, Palästina
und Kleinasien, so treten uns auch hier dieselben Verhältnisse
wieder entgegen, Baumlosigkeit und Gestrüppvegetation
selbst bis in die höheren Berge hinauf, aber desshalb im Gegensätze
zur Vorzeit dennoch k e in e we s e n t l i c h e Ä n d e r u n g
des Kl ima ’s s o n d e r n n u r Ve rmi n d e r u n g wä s s e r i g e r
Ni e d e r sch l äge und anhaltendere Dürre und Trockenheit.
Sehr anschaulich lässt sich dies in dem ausgedehnten Gebirgszuge
des Libanon und Antilibanon entnehmen. Von einem geschlossenen
Walde ist auf dieser weiten Strecke keine Spur
mehr zu entdecken. Dass diese Gebirge aber einst damit bedeckt
waren, dafür sprechen nicht blos zahlreiche historische Angaben*),
sondern auch einzelne Reste, die wie Stimmen aus
der Vorzeit uns Kunde geben von der Üppigkeit des Baumwuchses
und den Lebensbedingungen einer kraftvollen Vegetation.
Noch stehen hie und da in den Vorbergen Gruppen
von Seestrandskiefern (Pinus Jialepensisj und Kermes-Eichen
(Q.uercus coccifera L.J, jene aus meist jugendlichen Individuen
bestehend, letztere vor Alter gebeugt und durch die Axt**) auf
das Schauerlichste entmannt. In höheren Bergregionen mischen
sich damit noch einzeln stehende Krüppeln von Pyrus syriaca
Boiss. und traurige fast zu Mumien erstarrte Stammreste von
Juniperus excelsa M. B. So betritt der Wanderer, über die
kahlen oder nur von magerer Strauchvegetation bedeckten
*) D e r Libanon, sag t Di o d o r , tru g seine Waldungen aus Ced ern , Fichten und
Cypressen von Staunenswerther Gfrösse und Schönheit.
Die Säge fehlt den Leuten.
Höhen des Libanon und Antilibanon hinwegeilend, in einer
Höhe von 6306 Par. Fuss *) jenes weit berühmte, einzig in
seiner Art dastehende vegetabilische Heiligthum, den Cederhain
am Makmel. Eine Gruppe von zwei bis drei hundert uralter
Cedern, mit ihren Kronen ein geschlossenes Laubdach bildend,
durch das sich der klare Sonnenstrahl vergeblich durchzudrängen
sucht, umfangen hier eine Waldesstille, die Jedermann mit
heiligem Schauer erfüllt". An diesen letzten Zeugen vorübergegangener
Jahrhunderte vermag selbst der alles verwüstende
Muselmann nicht die Hand anzulegen. Während ringum Alles
nackter Fels ist, in deren Ritzen nur struppige Astragalen ihr
Leben fristen, haben sich unter dem Schatten dieser Cedern
und auf den humusreichen, durch deren Abfälle fortwährend
gedüngten Boden die lieblichsten Frühlingskräuter geflüchtet,
von denen ich nur Omithogalum lanceolatum Bil lard. , Allium
Libani B o i s s., Bulbillaria gageoides Z u c c., Gagea Biliar dieri
Kunth, Pusclikinia libanotica Zucc., Trichonema Bulbocodium
Ke r., Chamcemelum Oreades B ris s ., Vinca libanotica Zucc. ,
Anemone b landa S c h o t t&Ko t s c h y , Corydalis Erdelii Zucc. ,
Corydalis triternata Zucc. , Viola libanotica Bo iss., Geranium
libanoticum Sch en k , mehrere Gallium-, Veronica-, Arabis- und
Alyssum-Arten bezeichnen will **). Spricht diese wundervolle
Oase wohl für eine wesentliche Änderung des Klima, die,
sollte sie den Orient betroffen haben, gewiss auch den Libanon
nicht unberührt gelassen haben könnte? Im Gegentheile ersehen
wir gerade daraus, dass die äusseren Bedingungen der Vegetation
von der Zeit an, als die Cedern des Libanon für den
Tempelbau in Jerusalem gefällt wurden, ganz und gar dieselben
geblieben sind, und dass dort, wo durch den Baumwuchs
eine stetige Quelle der Feuchtigkeit erhalten ist, derselbe auch
jetzt noch so gedeiht wie vor 3000 Jahren.
Was soll ich nun von Palästina sagen, diesem durch seine
starke Bevölkerung in einer Weise ausgenutzten Lande, in dem
*) Nach eigenen Messungen.
**) Eine vollständige Aufzählung dev von mir an dieser Stelle Ende Mai (1858)
gesammelten Pfläüzen hehalte ich mir auf einen ändern Ort vor.