wieder irgendwo gelingen dürfte, ein Frühstück unter ähnlichen
Verhältnissen einzunehmen.
Nach einer halben Stunde sassen wir wieder in den Sätteln
und trabten so gut es ging weiter. Allmählich zog Jupiter pluvius
von dannen, auch anderen Gegenden sein erquickendes Nass zu
spenden, wir aber suchten das Thal zu gewinnen und gingen zu
Bathe, ob wir in einem uns nahe liegenden Dorfe-für diesen
Tag Schutz suchen oder auf das noch einige Stunden entfernte
Kumi lossteuern sollten. Wir entschieden uns für das letztere,
hoffend, dass wir es uns in diesem Städtchen bequemer machen
könnten als in einer elenden Dorfschenke.
In mancherlei Zickzack und auf wahrlich nicht rosigen
Pfaden hatten wir endlich das Thal erreicht 5 der grossartige
Gebirgsstock mit seinen tiefen Schluchten und wolkengekrönten
Häuptern, ein Bild des schweizerischen Hochlandes war, Gott
sei Dank, hinter uns. Freundliche Fruchtfelder, mit Beben
bepflanzte Gehänge traten mit jedem Schritte in grösserer Ausdehnung
hervor; hier eine Sammlung von Häuschen zu einem
Dorfe vereint, dort ein alter finsterer Festungsthurm aus der
Venetianerzeit oder eine himmelhohe Bogenbrücke über ein
kleines Bächlein gaben der Gegend Leben und Bedeutung. Aber
wie hier überall die Ansiedelungen nicht im Thale sondern auf
Bergen, ja oft in schwer zugänglichen Felsklüften gleich Adlernestern
angebracht sind, so mussten wir bald wieder das Thal
verlassen, um in den mannigfaltigsten Schlangenwindungen über
Höhen und Tiefen eine Ortschaft um die andere zu erreichen
und so dadurch unser Ziel zu gewinnen. Noch ganz wie ein
nasser Badeschwamm von Wasser triefend, ritten wir in das auf
einer Bergkante gelegene Dorf Ko n i s t r a ein, um im Ka^ivstov
daselbst, dem Hotel garni, eine Tasse Kaffee, seit Morgens den
ersten warmen Schluck zu uns zu nehmen. Unsere Ankunft in
diesem netten und gar nicht kleinen Dorfe erregte Aufsehen;
bald war nicht blos die Gasse, sondern auch der Salon des
Hotels mit Menschen alt und jung erfüllt, die sich ein Barometer,
Hypsometer und The rmome t e rBenennungen, welche sie
obgleich wohl verstanden, doch wie halbe Wunderwerke anstaunten.
Da die Häuser meist aus Quadern gebaut waren, viele
erst entstanden oder eben im Baue begriffen waren, so lockte es
mich bald hinaus, um das schöne feinkörnige, röthliche Baumaterial
kennen zu lernen. Die Überraschung war nicht gering,
in demselben den schönsten Trachyt zu erkennen, welcher von
einer nicht fernen Bergkuppe, die wir jedoch auf unserem
Weitermarsche leider nicht berührten, hergeholt wird. Mitgenommene
Proben zeigten die grösste Übereinstimmung mit
Trachyten von Ungarn. WAnn daher S p r a t t auf der von
diesem Theile gegebenen geognostischen Karte Ko n i s t r a
auf rothen, zur Tertiärformation gehörigen Sand setzt, so ist
dies nur zum Theile richtig, indem gerade an dieser Stelle
und weiter nach Osten hin Trachyteruptionen in nicht geringer
Ausdehnung zum Vorschein kommen und die Tertiärschichten
durchbrechen.
Nachdem wir nun bald wieder in’s tiefe Thal, bald über
steile Klippen auf Bergspitzen hinauf mussten, wo wir ein
zweites weitläufiges Dorf An u r i ä durchzogen, erreichten wir
nach mancherlei Wechsel von Kalkmergel, Sandstein und ändern
tertiären Schichten stellenweise von dunklen Serpentinen durchbrochen,
auf fast eben so unpraktikablen Wegen die ' Stadt
Kumi , das Ziel unserer Eeise, den Kuhepunkt, der von uns,
mancherlei Beschäftigung bietend, zu einem mehrtägigen Aufenthalte
ersehen ward.
Kumi (Kugvjj ist ein altes, hoch über dem Meere liegendes
Städtchen mit engen, krummen und wirren Gassen, wie es eben
der unebene Felsboden, auf dem es steht, zugelassen hat. Ein
kleines Bächlein aus der Felsschlucht, durch die wir herkamen,
führt ihm nur spärliches, kaum für die Bedürfnisse hinreichendes
Wasser zu. Wie das alte Kyme, auf dessen Stelle die jetzige
Stadt steht, so sind alle älteren Küstenstädte Griechenlands und
der Inseln nicht am Strande, sondern in einiger Entfernung
davon an festen mehr oder weniger unzugänglichen Stellen
erbaut worden, um sich vor seeräuberischen Anfällen zu sichern.
) On the Geology of a p a rt of Eubo'a and Bceotia. Quart. Jo u rn . of the geol. Soc
Vol. I l f , 1847.