Unglaublich ist, wie viel Öl schon im Lande beim Mange
eines anderen Beleuchtungsmateriales verwendet, ich sage. vergeudet
wird, ungerechnet die tausend und tausend Lämpchen,
die in den zahlreichen Kirchen und Capellen Tag und Nacht an
diesem Lebensquell der Insel zehren. Dem ungeachtet ist das
Olivenöl die Basis des Wohlstandes derselben, und eine einzige
gute Olivenernte heilt viele jahrealte pecuniäre Wunden wieder zu.
Nur hie und da beschäftiget man sich mit der Zucht der
Agrumen in grösserem Massstabe, sie würde aber allgemein betrieben
dem Lande grossen Vortheil bringen. Orangen (Nspavr^a),
Citronen (Ktzpia) und Limonien (Asp.c<ma), Pergamoten Citrus
limetta (Kspyagorja) gedeihen vortrefflich. In neuerer Zeit ist
auch die japanische Mispel (Mespilus japonicaj eingeführt
worden. Sie blüht schon im Februar und liefert die zeitigste
Jahresfrucht (im Juni), die übrigen Obstarten mit Ausnahme
der Feigen sind unbeträchtlich, dahin gehören Äpfel, Birnen,
Pfirsiche, Mandeln, Granatäpfel und Johannisbrod. Von Dattelpalmen,
die an Kirchen und Klöstern der Blätter wegen für den
Palmsonntag gepflanzt werden, reifen keine Früchte. Melonen,
Wassermelonen, Gurken u. dgl. werden gigantisch. Man ersieht
hieraus, wie gut in diesem Phaeakenlande noch jetzt für den
Nachtisch gesorgt ist, und wie auch der heisse Sommer seine
natürlichen Erfrischungen besitzt.
Der Corfiote in seinen Pumphosen und rothem Fesse scheint
gutmüthiger Natur zu sein. Ich kann mich nicht über irgend
eine unangenehme Begegnung beklagen; im Gregentheile fand
ich selbst den gemeinen Mann überall höflich und zuvorkommend.
Dass das schöne Geschlecht nicht auf europäischem, sondern
auf orientalischem Fusse behandelt wird, habe ich schon
bemerkt. Schöne Gestalten sind selten, ihr Altern frühzeitig. In
der Stadt, wo natürlich ein guter Theil angesiedelte Fremde
leben, verdrängen französische und englische Kleidungen die
einheimischen mehr und mehr, und es behauptet sich sowohl die
Fustanelle als die Pluderhose nur mühsam.
Der Landbewohner kommt nicht zu Fuss in die Stadt; neben
dem Ölkrug oder dem Holzbündel, den er auf seinem Esel
hereinbringt, findet er noch immer ein Plätzchen zum Sitzen. Es
ist zwar für den Zuschauer amüsant, den Reiter fort und foit
mit den nackten Füssen auf dem Bauche des geduldigen Last-
thieres trommeln zu sehen, doch für dasselbe sicherlich nichts
weniger als erquicklich.
Volksfeste mit Ausnahme einiger kirchlichen Productionen,
die an das graue Alterthum erinnerten, habe ich nicht zu sehen,
bekommen, aber schon diese liessen mich tief in die .intellec-
tuellen Zustände des Volkes hineinblicken und den Grad seiner
Aufklärung bemessen. Leider kann ich nicht viel Besseres von
den beiden Pflegerinnen der Aufklärung, der hiesigen Un i v e r s
i t ä t und der Ak a d emi e d e r Wi s s e n s c h a f t e n , sagen.
Buchhandlung, wenn man nicht einen Bücherladen, der zugleich
auch an der e, Verkaufs artikel enthält, dafür nehmen will, existirt
keine. Eine wissenschaftliche Zeitschrift, — „Di e J o n i s c h e
A n t h o l o g i e “*) — von der mehrere Jahrgänge erschienen sind,
hat zu vesretiren aufeehört. Professor L O ö a b r a n o s hat in einem
botanischen Lehrbuche, das im Jahre 1858 zu Corfu herauskam,
deutsche und französische Theorien gut zusammengebraut **).
Ein ausgezeichneter Lehrer, Professor Dr. J o sch, ein Böhme
von Geburt, der in seinen jungen Jahren von dem Hörsale
J e n u l l ’s nach Corfu verschlagen wurde, tradirt Handelsrecht
und Criminalrecht in neugriechischer Sprache ***).
Am meisten scheint noch Alterthumskunde, Geschichte
und schöne Literatur betrieben zu werden, wozu wenigstens für
die erstere der Ort einladend genug ist. Leider hatte ich die
Sammlung der im Universitäts - Gebäude aufgestellten Alter-
thümer anzusehen versäumt. Ich zweifle nicht, dass sie sich
besser ausgenommen haben wird als die eben dort befindliche
Sammlung naturhistorischer Gegenstände, denen das Einheimische
ganz fehlt, bei den von ferne her bezogenen Dingen
aber leider die Etiquetten verwechselt wurden.
*) I 0 N I0 2 ANeOAOriA, Kepxupat 1834, 1835, 8.
**) 2T 0 IXE IA B0TANIKH2 TcsptsybvTa ttjv opYavoypacpiav, <p ocioXoY<.av x a i xa£tvo[j.iav
...................otco X P I2 T 0 0 0 P 0 Y AABPANOY. Ev Kspxupa, TOTioYpacpsiov epp^s A. Tsp£ax7) xa
0. ’Pü)(j.aiou 1853.
***) E r ist leider wenige Wochen nach meinem Besuche gestorben.