auf o b e r t e r t i ä r e S c h i c h t e n , vielleicht auf ma r in e s
Di luvium.
Die niedrige, nur wenige Fuss über das Meer erhabene
Lage des Bodens, so wie der fast unmerkliche Abzug der
Gewässer, macht diese Gegend ungesund und es ist nur zu
wundern, wie sie dem ungeachtet so stark bevölkert ist.
Nachdem ich Abends noch einer sehr erbaulichen kirchlichen
Function beiwohnte, wobei ich sogar mit Bonbons beschenkt
wurde, begab ich mich in mein Nachtquartier.
Schon bei dem ersten Eintritte in die Wohnung meines
Wirthes fielen mir einige Schulbänke auf, die in einem kleinen
Nebenraume beisammen standen. Es ergab sich im Gespräche,
dass ich in meinem W irthe in der That einen Colleao’en zu verehren
hatte. Bald erfuhr ich von ihm noch mehr, nämlich, dass er seine
Studien in Athen gemacht und sich kürzlich hier als Dentist
niedergelassen habe. Auf meine Frage, ob die Zahnpraxis hier
zu Lande wohl ein hinlänglich rentables Geschäft sei, zuckte er
freilich die Achseln. Aber mein Staunen erreichte einen noch
viel höheren Grad, als ich in den auf einem Schranke liegenden
Büchern lauter Jurisprudenz vertreten fand, die mir hinlänglich
zu verstehen gaben, dass der Mann, der im Stande ist das Hirn
der Kinder mit dem a, b, c, vollzustopfen und schadhafte Zähne
mit Pasta zu verkitten, auch der Kunst theilhaftig werden könne,
den Leuten den Kopf zu verdrehen.
Nachdem ich am frühen Morgen nach einer wenig erquicklichen
Nacht meinem freundlichen Wirthe und seiner jungen
hübschen Frau Lebewohl sagte, hatte ich noch zur guten Stunde
Corfu wieder erreicht.
W enn der Leser aus diesen kurzen Schilderungen sich
schon ein beiläufiges Bild der lieblichen Insel Corfu zu machen
im Stande ist, so dürften einige weitere Notizen nicht überflüssig
sein, um dasselbe zu vervollständigen und zu einem Ganzen
abzurunden.
Wer die Insel auch nur flüchtig durchwandert, wird bald
gewahr w'erden, dass neben veralterten und für die Zeit unpassenden
Gebräuchen und Gewohnheiten manches Neue und
Zweckmässige Platz gegriffen hat, was aber leider mehr einer
aufgedrungenen als eigenmächtigen Hebung der Cultur und des
Wohlstandes gleichsieht. Bemerkt man wie hie und da, und vielleicht
wohl im Allgemeinen so, der Feldbau betrieben wird,
so kann man über den Starrsinn der Gewohnheiten, den der
Mensch so schwer abzustreifen vermag, nur mitleidig die Achseln
zucken.
Wenn an der Handhabung des Pfluges und der dazu gehörigen
Zugthiere, wie ich selbst gesehen, neun Menschen beschäftiget
waren, so muss man erstaunt fragen, ob dieses Land denn
wirklich ausser allem Verkehr mit anderen Ländern steht. Wie
wenig Musterwirthschaften bei dem Volke Eingang finden und
Nachahmung zur Folge haben, konnte ich hier eben so wie in ganz
Griechenland gewahr werden. Vom Anbaue der Futterkräuter
z. B. weiss man nichts, auch werden die Kartoffeln nur in Gärten
gezogen. Bedenkt man, dass Gemüse, wie Kopfkohl, Blumen
kohl, Artischoken, Rettige u. s. w., die in den Gärten der Stadt
zu einer herculisclien Grösse und luculischen Güte herangezogen
werden, ja dass selbst Brod (naoixi) in der Stadt gebacken,
über die ganze Insel colportirt wird, so muss man ärgerlich
werden über die SorgOd osigO’ keit und Faulheit der Landleute,'
die es bei ihrer übertriebenen Mässigkeit nicht der Mühe
werth achten, auch für die einfachsten Lebensbedürfnisse Sorge
zu tragen.
Wein ('xpccaoi) erzeugt die Insel wenig und auch der gehört
aus Mangel zweckmässiger Pflege nicht zu den besten, Koryntlien
keine. Aus Mangel an Holz erhält der Weinstock hier wie auf
allen jonischen Inseln keine Stütze und muss mehr oder weniger
am Boden hinkriechen. Da ihm alle Aste bis auf die Trag’-
sprossen genommen werden, so entstehen daraus unförmige
knorrige Stöcke von Armesdicke und mehr.
Das Haupterzeugniss, worauf der Insulaner stolz ist, ist das
Olivenöl. Man gibt 3 Millionen Ölbäume für die Insel an, vielleicht
zu wenig, denn wer hat sie gezählt? Es lässt sich daraus
entnehmen, wie viel dieselben jährlich 01 liefern können, wenn
die kleine Insel Paxo durchschnittlich 8000 Centner gibt.
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