betrachtet, wo man einen grossen Theil des Berges übersieht, so
bemerkt man wohl, dass dieselbe auch stellenweise bis zu einer
Tiefe herabteigt, die nicht viel über 1500 Fuss beträgt. Da die
obere Grenze beinahe den Gipfel des Berges erreicht, so dürfte
demnach der Gürtel, den der Baum im Allgemeinen als Wald
hier einnimmt, zwischen 2800 und 4800 Fuss fallen.
Es ist zum Staunen, mit welcher Fahrlässigkeit, Eigennutz
und Kurzsichtigkeit dieses werthvolle Geschenk der Natur,
dieses unschätzbare Capital der Insel behandelt wird. Bevor die
Engländer eine den abendländischen Verhältnissen adäquatere
Ordnung der Dinge auf den jonischen Inseln einführten, scheint
dieser Wald Nationaleigenthum gewesen zu sein, d. h. es durfte
jedermann, der im Besitze einer Axt oder Säge war, hier nehmen
was er wollte. Hatte er diese Instrumente nicht, was noch jetzt
häufig der Fall ist, so war es ihm doch wenigstens gestattet,
durch den Viehauftrieb sich den Wald so viel als möglich zu
Nutzen zu machen. Welche Wirthschaft hier die Ziegen, der
Hauptreichthum der Bergbewohner, anrichteten, lässt sich
denken. Ohne weitere Dazwischenkunft würde es bald um jeden
Nachwuchs geschehen gewesen sein. Aber noch von viel ernsterer
Seite war .der Waldhestand dieser seltenen, nur auf dieser
Insel einheimischen Tanne bedroht. War es sträfliche Nachlässigkeit
oder directe Absicht zu schaden, kurz ein fürchterlicher
Waldbrand nahm in den unruhigen Zeiten am Ende
des vorigen Jahrhunderts (1798) einen grossen Theil des die
Südseite des Berges bekleidenden Schmuckes hinweg und
vernichtete so in wenigen Tagen, was Jahrtausende mühsam
gewoben hatten. Wo einst das prachtvollste Dunkelgrün uralter
Bäume die steile Bergseite bedeckte, grinsen jetzt unzugängliche
Klüfte und schneeweisse Halden losen Gesteines von der Höhe
herunter. Doch auch diese Mahnung geht bei der Sorglosigkeit,
mit der der Südländer überhaupt seine Schicksale lenkt, sicherlich
spurlos vorüber. Die zweckmässigsten Gesetze bleiben unerfüllt
und erscheinen nur als eine drückende Last. Nichts vermochte
seiner Zeit der Gouverneur Sir Ch. Napi er , der sich des Waldes
der Insel mit besonderer Vorliebe annahm, eben so wenig hatten
auch die nachfolgenden Leiter der Kegierung etwas zum Schutze
desselben beitragen können. Noch im Jahre 1849 wurde der als
Waldaufseher angestellte Capitän Wa l k e r meuchlings durch
einen Schuss getödtet, weil er keinen Waldfrevel duldete.
So geht denn Alles seinem Schicksale entgegen und Herr
Mousson scheint recht zu haben, wenn er sagt, 1. c. p. 45: „In
einigen Jahrhunderten vermuthlich wird die Vernichtung auch
die letzten Greise des Waldes gefällt haben und die Existenz
der cephalonischen Tanne eine reine Tradition geworden sein“.