dünkt ihm unwahrscheinlich. Möchte dieser
Archäolog eben so mifstrauisch gegen die ihm
mitgetheilte Zeichnung gewesen seyn. Nun
läfst er aber, ohne Zweifel zu äufsern, die Frau
sich mit einem J o ch e vertheidigen, welches
man auch in dem Kupferstich, den er in
der Galerie mythol. geliefert, erblickt. Die
getreuere Tischbeinisohe Zeichnung weiset uns
aber auf Alles andere eher, als auf ein Joch hin.
Ich habe die Bezeichnung dieser Nothwaffe absichtlich
unbestimmt gelassen, und streite mit
Niemand, der sie entweder für den Stollen
eines Tisches, Sessels oder Bettes, für den
Pfosten eines Geländers, oder für was sonst
gehalten wissen wollte. Genug — ein solches
Etwas hat im Getümmel ein muthiges Weib
ergriffen, um sich gegen die Mordwuth der
tobenden Sieger zu vertheidigen. Das Motiv
scheint mir eben so natürlich, als von dem
Künstler glücklich gewählt j alle übrigen Frauen
verhalten sich leidend und jammernd oder Schutz
suchend — nun vergifst in der Verzweiflung
eine ihr Geschlecht, greift nach der ersten
besten Waffe, und kämpft gegen den durch
diesen unerwarteten Widerstand überraschten
und schon halb besiegten Krieger. Kaum läfst
sich eine naivere Handlung finden, die zugleich
einen günstigem Contrast in poetischer und
künstlerischer Hinsicht hervorbrächte.
W e l c h e von den Trojanerinnen nun diese
streitbare Frau sey, kann nach allen Umständen
nicht zweifelhaft bleiben. H e k a b e ist es,
die sich in der Verzweiflung über den Leichnam
ihres gefallenen Sohnes Polites zu ihrem
in äufserster Lebensgefahr befindlichen Gemahl
den W e g bahnen will. Nun begreifen
wir auch die Stellung des vor ihr knieenden
Kriegers (vielleicht des Teukros oder eines
der jüngeren Achäischen Helden). Er hat sich
vor sie gedrängt, um den Rücken des Neo-
ptolem zu sichern. Ihr Anblick aber, das ehrwürdige
Matronenalter, die Noth der Mutter
und Gattin zugleich, machen einen solchen Eindruck
auf ihn, dafs er ihr sein entblöfstes
Schwerdt mehr zeigt, als es gegen sie gebraucht,
entschlossen nur im äufsersten Nothfall davon
Gebrauch zu machen. So nimmt also Hekabe
in diesem Theile der Scene gerade die ihr angemessene
Stelle ein. Sollte sie ha nd e l n d
und nicht blos leidend auftreten, so durfte sie
nirgends anders auftreten als hier. Handeln
aber, nicht blofses Leiden, war in ihrem epischgegebenen
Charakter gegründet. Keckes Hervortreten,
schneidender Tadel hatten ihr später
auch den Tod zugezogen. Die Wiederbellerin
war von den Griechen in Thracien oder von
den Thraciern gesteinigt worden- und als man
die Steine hinwegräumte, so fand man statt
des Leichnams einen Hund ' 7\ Ja, nach einer
ändern Sage hatte dieses Schicksal die unglückliche
aber im Unglück unbeugsame Königin,
unter Trojas Ruinen, durch die Hände der
IX. Heft. 18