im Besitz des Hrn. v o n R e im e r , Sekretärs
der Königin von Neapel.
D ie Figur ist die eines schöngebauten kräftigen
Greises, eine Gestalt, welche im Kampfe
mit dem Leben sich erhalten und gestärkt
hat. Er steht, den Kopf etwas vorwärts gesenkt,
nicht zurückgebeugt, wie die Blinden
zu thun~p£leg©ß5-wenn sie auf etwas ÄTffseres
merken. Er ist vielmehr in sich gekehrt, mit
Gedanken und Bildern beschäftigt, und auf
dem halbgeöffneten Munde scheinen die begeisterten
Verse zu schweben. Die rechte Hand
liegt auf der Brust, eine natürliche Gebärde
bey dem, welcher von Empfindungen bewegt
in Nachsinnen versunken ist; der linke Arm
blefBt'Tm Mantel eingewickelt, und die Hand
liegt ruhig und verhüllt aüriTenf”Rücfcün, so
dafs der begeisterte Sänger abgeschlossen von
allem Äufseren erscheint. Das Pallium, der Philosophenmantel
a8) ist sein einziges Gewand;
ein am Saum angedeuteter Streif mag eine
Purpurverbrämung bezeichnen. An den F ölsen
trägt er eine Art sehr anliegender, aus weichem
Leder bestehender Halbstiefeln. Es ist
diejenige Fufsbekleidung, welche bey den Römern
Aluta hiefs. Sie wurde von verschiedenen
Farben, und meist von älteren Personen
höhern Standes getragen “9). Die Künstler
suchten dadurch wohl die Würde des gesetzten
Alters und ernster Beschäftigung anzuzeigen,
und gaben sie defshalb auch den Musen
des Epos, der Geschichte und des Trauerspiels,
Kalliope, Klio und Melpomene 5o), mit
welchen ja Homer in der nächsten Beziehung
steht.
1) S. Herod. Opp. ed. Schweighaeuser. T . IV. p. 299.
2) Z w b y Biographieen, eine kürzere und eine längere, vyovon aber die letztere nur wenig biographische
Angaben und eine weitläufige kritische Betrachtung über die homerischen Gedichte enthält. P lu ta r cm. Opp. ed.
Hutten, T . XIV. p. 47b ff.
5) H e r a u s g e g e b e n von L eo Al l at ius vor seinem Buch de patria Homeri. S. G r o n o v . Thes. Antiqq.
Graec. T. X. vergl. H e p h a e s t io n de Me Iris ed. Thom. Gaisford. Oxf. 1810. p. 464 IT. Weitere Nachweisungen
finden sich bey F abricius Bibi. Gr. Vol. I. p. 3i 6 ff. ed. Harles.
4) Nach Chios ging jährlich eine Gesandtschaft von Argos, um dem Homer ein Opfer zu bringen. Ae lian.
Var. Hist. c. i 5. und der Vf. des Wettstreits zwischen Homer und Hesiod. 8. L eo Al l a t iu s de patr. Homeri c.
XIV. p. 182S. — C up er Apolh. Hom. 12. In Smyrna stand ein Gebäude, Homereion genannt, eine Stoa mit
einem Tempel des Homer und seinem Bildnifs. S t rabon. L. XIV. c. 1. p. 646. Auch Ptolemäus Philopator errichtete
ihm einen Tempel, worin Homer sitzend, und um ihn die Städte, welche sich seine Geburt zucigneten, stehend
gebildet waren. Ablian. 1. XIII. c. 22. •— Auf Chios sieht man noch die sogenannte Schule, oder, nach
Winckelmann’s Ausdruck, den Stuhl des Homer, eine in den Felsen gehauene polygonische Einfassung, in deren' Milte
ein mit Löwen verzierter Würfel steht, auf welchem Homer, zwischen zwey Musen sitzend, in Basrelief abgcbildet
ist. S. Pococke Descr. of the East, Vol. ü. P. 2. p. 6. — W inckelm. Versuch einer Allegorie C. VHI. S. W.
T . ü. S. 63o. — Wahrscheinlich ist diefs die Wohnung des Homer, welche L eo Al l a t iu s am angef. O. C. XIII.
p. 1821. exclamatorisch beschreibt.
5) Pausan. X. 24. 3.
6) S. die erste Biographie des angeblichen Plutarch, und E phor i fragmenta ed. Marx. p. 267 ff. — P h i l o s t s .
Heroic. c. XVIII. 2.
j ) Hom. Hymn. in Apoll, v. 16g ff. ,— T h u.g.v D.74JL 1.0,6...—- Der Hymnus von Ruhnken u. A. für unächt
erklärt, von Ilgen Yertheidigl. S. I l g e n Hymni Homerici, Animadverss. p. 242.
8) Odyss. VID. 64. Maximus T y r i u s , Dissert. XXXVOI. p- 445. Markland.
9) Tuv o/AtiçBuovTcûv d. i. ra>v tiyoopívav. S. E phorus in der angeführten ersten Biographie des Plutarch
§. 2. H e r o d . vita Hom. i 3.
10) G e s c h i c h t e der alten und neuen Literatur Bd. 1. S. 53.
n > V o n o/xov und äga>, daher o¡*iiçsTv, ôfAtiçsùsiv, accinere, succinere i. q. inrefslSeiv, wie bey H e s io d .
Theog. 3g. tycavy o/xtigsurra/- I l g e n Praefat. ad Hymn.. Homer, p. X. Vergl. H e yn e Observait, ad libr. XXIV.
Iliad. T . VIH. p. 795.
12) Quaest . Tuscul. VI. 3g. Vergl. Fabr ic i i Bibi. gr. ed. Harles. T . I. p. 328. n. 3. wo der seltsame
Mifsverstand vorkommt, die alten Bildner hätten auch andere Personen blind dargestellt, weil sie nehmlich die Augäpfel
nicht ausgedrückt.
13) La ok oon, Anhang n. XL.
14) Am angef. Orte.
15) Hermias ad Platon. Phaedr. bey L eo Al l â t , de patria Hom. c. VIH. G ronov. Thes. X. p. 1783.
16) Platon. Sympos. p. 216 ff.
17) Herodot. Vita Homeri c. 9.
18) Platon. Jon p. 534.
19) A R is t id is Oratt. T . I. p. 3 i 5. 526. ed. Jebb.
20) D ie Andeutungen zu dieser allegorischen Gedankenreihe verdanke ich C r e u z e r ’s Mit (heil ungen.
21) Mus. Capitol. I. Tab. 55. — Visconti Iconographie grecque T . I. Tab. 1. p. 52. 53.
22) D e s crip tio n des Antiques du Musée Royal, commencée par Vi scont i , continuée et augmentée par
le Comte de C l a r a c . Paris 1820. 8. n. 528.