lief, welches kürzlich von Hirt in der Amal-
thea O als eines der schönsten in Erz getriebenen
Werke, die auf uns gekommen, erwähnt
worden ist. Es heifst daselbst: „Ein unvergleichliches
Relief in Besitz des Herrn J o hn
„ H awk in s , welches er auf seiner zweyten Reise
„in Griechenland im J. i797 zu Dodona gekauft
„hat. Es stellt einen phrygisch gekleideten
„Jüngling und eine neben ihm sitzende bis auf
„die Hüften entkleidete weibliche Figur mit
„zwey Liebesgöttern dar. Wahrscheinlich der
„Besuch der Venus bey Anchises. Das Erz
»hat kaum die Dicke eines Pergamentblattes
„und die Farbe spielt in das Gold. Ungeach-
„tet der Dünnheit des Erzes sind doch kleine
¿Zierden, wie Armbänder, in Silber darauf ein-
„ gelegt. Die Arbeit, mit der höchsten Zart-
„heit ausgeführt, zeigt dabey einen Charakter
„von Gröfse und Schönheit, wie man sich diese
lb e nur im schönsten Zeitalter der Kunst
„denken kann.“
W ir möchten den geschmückten phrygi-
schen Jüngling für Paris und nicht für Anchises
halten. Paris war im ganzen Alterthum
als der schöne, weibische, putzliebende bekannt,
und vergleicht man die schöne Statue
im Museo Pio-Clementino mit unserer Figur,
so findet man aufser der Chlamys, welche jene
trägt, an beyden denselben Anzug, nur hier
reicher und prächtiger. Die Ärmel und die
phrygischen Beinkleider sind hier mit bunten
Tupfen besetzt, auf ähnliche Art, wie man sie
an dem Paris auf einer von Millingen herausgegebenen
und von Böttiger erklärten Vasenzeichnung
sieht lg und wie sie Euripides 4)
durch die scherzhafte Benennung „bunte Säcke“
bezeichnet. Über diesem bunten Unter ge-
wande s) trägt er die gegürtete Tunica, und
auf dem Haupte, die phrygische Mütze, unter
welcher das üppige Haar hervorwallt. Der
Hals ist mit einer Kette geziert, welcher ebenfalls
Euripides erwähnt:
„die goldene
„Kette, die er mitten um den Hals trug.“ 6)
Das merkwürdigste und ungewöhnlichste des
Anzugs- aber sind die bunten, mit einer zierlichen
Einfassung versehenen, nach vornen weiteren
Ärmel, welche von einem zurückgefallenen
Obergewand herabhängen. Ohne Zweifel
ist dieses Oberkleid der Kandys, welchen die
Meder trugen; die Ärmel waren so lang, dafs
man die Hände darin verbergen konnte, welches
in Gegenwart von Vornehmen geschah;
dagegen war es ein Zeichen hoher Abkunft,
wenn die Ärmel frey herabhiengen 7\
E in gewöhnliches Attribut des Paris, der
Hund, als Andeutung seines Hirtenstandes 8),
fehlt nicht, obgleich der Künstler mehr den
geschmückten Königssohn als den einfachen
Hirten im Sinn gehabt hat.
D e r Jüngling ist in der ruhigen nachläfsi-
gen, Weichlichkeit und sinnliche Schwärmerey