und Vogelfüfse bey 8), und es ist sonderbar,
dafs auch die. bildenden Künstler, wie der
unsres geschnittenen Steines, jene ältere, einfache
und edle Darstellungsweise verliefsen 9X
Statt das Schöne zu suchen, zogen sie hier das
Häfsliche vor, während sie doch in anderen
homerischen Bildern das Gräuelhafte zu vermenschlichen
bemüht waren, wie z. B. die
Scylla, bey Homer ein gefräfsiges Scheusal, welches
seine Beute mit sechs Köpfen auffischt,
in ein Weib mit Schlangenfüfsen und von
Hunden umgeben verwandelt wurde IOX
D i e s e Umgestaltung der Sirenen läfst sich
nur daraus erklären, dafs Dichter und Künstler
späterhin jene von Homer nicht in ein bestimmtes
dichterisches Bild gekleidete Sage nach ausländischen,
vielleicht ursprünglichen, aber der
Kunst nichts weniger als günstigen Analogien
umbildeten. In den ägyptischen Katakomben
findet man aus Sykomorusholz geschnitzte und
bemalte Vogelbilder mit Frauenköpfen. Die
Flügel sind roth und schwarz gestreift, Gesicht
und Beine gelb, Schwanz und Nacken blau,
auf dem Kopfe tragen sie zirkelrunde, rothe und
weifse Streifen. Eben so mit Jungfrauköpfen,
aber mit der Calantica oder Priesterbinde bekleidet,
sieht man auf einem Gemälde aus den
Katakomben zu Theben, vier solcher Vögel über
dem Haupte des Osiris, der als Todtenrichter
sein Amt verwaltet ri). Creuzer erinnert bey
dieser Vorstellung an die vier goldnen Jyngen,
welche nach Philostratus über dem Throne
der persischen Könige hiengen, um die Herrscher,
wenn sie Gericht sprachen, an die Adra-
stea, die göttliche Gerechtigkeit, zu mahnen,
und dafs sie nicht über andere Menschen sich
erheben sollten. Diese warnenden Vögel nannten
die Magier „Zungen der Götter IJ).C( —
V. Hammer unterstützt jene hieroglyphische
Deutung durch die persische Tradition von
dem Vogel Anka (Onka der Griechen) oder
Simurgh, welcher das Sinnbild aller Weisheit
und Erfahrung der W e lt sey, und von welchem
der Durri meknun, eines der ältesten und
von den Türken geachtetsten W erke über Natur
und Fabelgeschichte sage: „dieser Vogel
sey weiblich, mit einem weiblichen Busen und
menschlichen Kopf; er spreche wie die Menschen,
aber sein Leib sey " der eines Vogels.cc
Dieser persische Simurgh heifse auch Sirengh,
und wie er offenbar von jener ägyptischen Hieroglyphe
abstamme, so seyen von ihm die Sirenen
der Griechen herzuleiten I3). — W'enn
aber wohl die griechischen Sirenen älter seyn
dürften als der persische Sirengh, vielleicht
gar dieser von jenen abstammen könnte, so
bleibt doch so viel gewifs, dafs Zaubervögel,
welche durch ihren Gesang mannichfachen Ein-
flufs auf die Gemüther der Menschen besafsen,
schon in früher Zeit dem Oriente bekannt waren.
Und wie genau die Sage der Griechen mit der
ausländischen übereinstimmte, zeigen andere
VIII. Heft. 8