herbeyführen können. Selbst den gräfslichsten
Schmerz darzustellen, versagte sich der Dichter,
seinem Zweck zu Folge *> nicht, und so
sehen wir durch das ganze Drama den Unglücklichen,
welcher von seinem vorigen Heldenthum
kaum die Erinnerung bewahrt, aber
desto unbeugsamer die Kraft seines Willens
und den Hais gegen die treulosen Atriden
und Odysseus genährt hat.
A uch Äschylus und Euripides haben Tragödien
dieses Namens verfafst, doch ist nur eine
des Sophokles 5) auf uns gekommen. Nach
dem aber, was wir durch Chrysostomus wissen,
handelten alle von Philoktet’s Abholung
nach dem griechischen Lager 6).
W e n n nun diese Dichtungen der Tragiker,
welche die letzten Augenblicke schilderten,
die Philoktet auf der öden Insel verlebt, im
Allgemeinen Motive für die bildenden Künstler
geworden seyn mögen », So stand diesen
doch die ganze Leidensgeschichte des Helden
zur Wahl des Moments ihrer Darstellungen
zu Gebote. Sie konnten den Unglücklichen in
der ersten Zeit seiner Einsamkeit denken, wie
er, obgleich von schrecklicher Krankheit gepeinigt,
noch im vollen Besitz seiner körperlichen
Kraft, noch nicht durch das lange Leiden
ermattet und beynah verwildert ist. In einem
solchen Moment mufste die ganze Stärke der
Heldenseele sich in dem Heldenkörper offenbaren,
und Philoktet mufste erhabener als
Laokoon erscheinen, indem er einen" anhaltenden
wiederkehrenden Schmerz standhaft erträgt,
während dieser von einer plötzlichen,
ungeahndeten Qual überrascht und betäubt
wird. Auf solche Weise ist, wie ich glaube,
Philoktet in einem Kopfe vorgestellt, welchen
der. Herzog von A hr emb erg besitzt, und von
welchem wir vielleicht künftig eine Abbildung
werden liefern können. — Andere bildeten ihn
in ruhigen Momenten, und von dieser Art hat
WiNCKF.LMANN mehrere geschnittene Steine
bekannt gemacht 8), auf welchen Philoktet in
verschiedenen Stellungen mit dem Bogen und
Köcher des Herkules dargestellt ist. Auch
unter Herrn T i s c h b e in ’s Zeichnungen befinden
sich mehrere, ' deren eine, wo Philoktet mit
dem Flügel eines Vogels seiner W u n d e Kühlung
zuweht, kürzlich vom Grafen C h o i s e u l -
G o u f f i e r herausgegeben worden 9\ — Zu den
ausdrucksvollsten aber gehört unstreitig die
Figur auf unserer von einer Schwefelpaste genommenen
Abbildung.
P h i l o k t e t sitzt hier allein in der Wildnifs,
ohne Bogen und Köcher, nur auf einen Stab
gestützt. Der kranke Fufs ist verhüllt, und
die einzige Bedeckung des Leibes ein schmales
Gewand, welches um Hüften und Schenkel
liegt. Der Bau seines Körpers verräth den
gewaltigen Streiter • noch hat ihn Krankheit
und Elend nicht völlig abgezehrt und ermattet.
Aber seines Haupthaars und Bartes wil