A CH IL L , DAS SCHW ERD T IN DIE
SCHEIDE STOSSEND.
H o m e r zeigt den Helden, dessen Zorn er
besingt, sogleich am Eingang seines Gedichts
von der edelsten Seite: als Beschützer der
Wahrheit, als Freund des Rechts, ehrfürchtig
gegen die Götter, und Bändiger eigener Leidenschaft.
So sind wir für den Charakter
Achills unwiderruflich gewonnen, und seine
Heldengröfse schwebt uns vor, auch so lang
wir ihn nicht unter den Kämpfen und Verhandlungen
der Achäer erblicken, weil keiner so
hochherzig, männlich-edel und jugendlich frisch
sich hervorthut.
Aus demselben Grund ist der Augenblick,
wo Achill im Streite mit Agamemnon sich
mäfsigt, ein günstiger Vorwurf für den bildenden
Künstler. Der Unwille des heroischen
Jünglings ist aufs Höchste erregt durch das
unbillige Weigern seines Gegners, den Besitz
einer Sclavin dem Wohl des Heeres aufzuopfern;
der angedrohte Verlust der eigenen
Geliebten treibt ihn zur furchtbarsten
Wuth; aber schon im Begriff, das Schwerdt zu
ziehen, bedenkt er sich, ob er den Atriden
niederstofsen, oder seinen Zorn unterdrücken
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