V i e r t e T a f e i .
Diese Tafel ist nebst den beiden folgenden zur Erläuterung der Entwicklungsgeschichte der Fische
bestimmt. Der Entwicklung gerade dieser Klasse ist aber deshalb eine grössere Reihe von Abbildungen zii-
getheilt worden, weil eines Theils meine eignen Beobachtungen eben hier mir sehr reichhaltige Resultate
gewährt haben, ändern Theils es wirklich bei dieser Klasse vorzüglich bisher an genauen Beobachtungen
und Abbildungen gefehlt hat. Die unvollkommnen Abbildungen von B l o c h , die etwas ausführlicheren Beschreibungen
von Ca v o l in i , die neuern Arbeiten von F orchhammer und v. B a e r , welche nur den Blennius
viviparus zum Gegenstände haben, die Arbeiten>B a omgaertner’s über die Forelle, nebst den Bemerkungen
R a th k e -’s über Haifischembryonen, dies ist fast alles, was hier in Erwähnung kommen kann. — Ich werde denn
zuerst Abbildungen einer sehr vollständigen Reihe embryonischer Formen einer Cyprinus-Art, wahrscheinlich
Cypr. Dobula verlegen, zu deren Untersuchungen in den Jahren 1823 und 1824 sich mir gerade eine glückliche
Gelegenheit darbot; eine Untersuchung, welche mich damals Monate lang anhaltend beschäftigt hat, und
deren Resultate in mehrfacher Hinsicht die bisherige Kenntniss dieser Entwicklungsgeschichte vermehren.
E r k lä r u n g d e r e in ze ln en F ig u ren .
Fi I.
Stellt in natürlicher Grösse ein Stück Laich des Döbels ( Cy-
prinus Dobida) dar, wie er spira lförmig um einen Ast von
CeratopliyTlum demersum gewickelt ist. Der, Laich in diesem
Zustande schien nur erst vor Kurzem den Leib des" mütterlichen
Thieres verlassen zu haben, da er in den ersten warmen Tagen
der zweiten Hälfte des Monats April und zwar in stehenden, aber
kurz zuvor von der Elbe überschwemmten, Gewässern gefunden
wurde, sich auch alsdann im Zimmer so rasch entwickelte, dass
man voraussetzen durfte, die Eier verharrten nicht lange in dem
noch ganz unentwickelten Zustande, in welchem sie diese und die
folgende Figur darstellt. — Wie sehr übrigens die durch eiweissartigen
Schleim bewirkte Verbindung dieser Eier zu einer grossen
Eiermasse an die Eiermassen der niedern Wasserthiere erinnert, und
zwar theils an die Eiermassen der Schnecken (vergl. Tab. ü.), theils
an das von E h r en b erg beobachtete Ansstossen des ganzen Eierstocks
in den Infusorien, bedarf kaum einer Erinnerung.
F ig II.
Eine einzelne Gruppe Eier aus dem Laich Flg. I. vergrös-
sert. Bei a sieht man drei regelmässig entwickelte Eier ohne alle
Spur des Embryokörpers. Man bemerkt folgende Theile des Eies:
ß Dotter, welches aus einem etwas dichten Eiweisstoffe besteht und
das höchst Eigenthümliche hat, die Oelsubstanz welche bereits bei
den Eiern der Articulaten hervortrat, in Gestalt eines einzigen runden
Tropfens «, zu enthalten. Dieser Oeltropfen zeigt unter dem
Mikroskop eine reinweisse Farbe, macht auf feinem Papier einen
sichtbaren Oelfleck und ist auch insofern merkwürdig, als er wegen
seiner specifischen Leichtigkeit nicht nur den Laich des Fisches
überhaupt im "Wasser oben schwimmend, sondern auch den Dotter
allemal zu oberst im Ei, und das Oel hinwiederum immer im Dotter
zu oberst schwimmend erhält. — Der Dotter selbst schwimmt
ferner im Eiweiss y , welches im Chorion d eingeschlossen ist, welches
hinwiederum selbst von einer mehr geronnenen, etwas eingekerbten,
durchsichtigen Schleimschicht e umgeben wird. - S z u r
rechten liegen dann zwei verdorbene Eier, in welchen innerhalb des
von seiner Schleimschicht entblössten Chorion der Dotter zerstört,
und der. Oeltropfen in der mit dem Eiweiss gemischten Dottersubstanz
frei umher schwimmend gesehen wird.
' Fig. m.
Ein einzelnes vergrössertes Ei am dritten Tage nach dem Austritt
der ganzen Eimasse. An ihm verhält sich noch alles ziemlich
gleich mit denen Flg. II dargestellten (a ß y 9 s dieselben Theile
wie in Fig. II), nur bei c gewahrt man einen Ansatz dichterer ei-
weissstofliger Punktmasse am Dotter, und es ist dies die erste Andeutung
von dem eigentlichen Embiyokörper des Fisches.
Fig. IV.
Einen Tag später, also am 4. Tage, hat sich das Ei schon
beträchtlich verändert imd zeigt sich, wie es in dieser Figur etwas
stärker vergrössert dargestellt ist. a ß y 9 e "nie in Fig. II. doch
sieht man bei stärkerer Vergrösserung die das Chorion bedeckenden
kleinen Einkerbungen deutlicher. Ferner bemerkt man, wie beträchtlich
das Rudiment des Embryo c angewachsen, indem es nach
beiden Enden hin bereits den Dotter überragt Auch zeigen sich
die Leibeswände, welche von der Rückenseite aus den Dotter
zu umschliessen beginnen (eine Umschliessung, welche bei den Glie-
derthieren von der Bauchseite aus erfolgte). 4. Natürliche Grösse.
Fig. V.
Stellt aus dem geöffneten Ei dieser Bildungsperiode den Embryo,
wie er aus der äussern Dotterschicht sich hervorbildet, besonders
dar. ß Dotter mit dem Oeltropfen a, welcher um diese Zeit
noch immer nicht in eine besondere Haut eingeschlossen zu seyn
scheint c Der um denselben wie ein Meridian um einen Erdglobus
herumgebogene, wesentlich aus dem Rudiment der Wirbelsäule
mit Rückenmark und Hirn bestehende Embryokörper, an welchem
die für den Kopf bestimmte Anschwellung durch einen Sinus, d,
bezeichnet ist, welcher die Stelle der zur Bildung des vierten Him-
ventrikels aus einanderweichenden Rückenmark-Stränge anzeigt
e das entgegengesetzte gleichfalls angeschwollene Körperende, welches
zum Schwänze wird.
Fig. VL
Das Ei wieder zwei Tage später, also am 6. Tage. Die
rasch von Statten gehende Ausbildung des Eies bethätigt sich durch
die mit einemmale deutlich gewordene Gestaltung des ganzen Körpers.
ä. y. b wie in den vorigen Figuren. Der Dotter ß' als ursprünglicher
Nahrungsbehälter, gleichsam als Ur-Magen, macht nun
fast den ganzen Bauch des Thieres allein aus, und besonders merkwürdig
ist, dass der Oeltropfen a1 von nun an gegen den obem
Theil des Dotters, gegen dessen Kopfende hin sich begeben hat,
und dort bereits scheint durch eine besondre Membran festgehalten
zu werden. Wie sehr das Kopfende d‘ durch Bildung der Augen,
und das Schwanzende ef durch bestimmtere Andeutung der Wirbelsäule
gegen Flg. IV. in der Organisation vorgerückt sind, zeigt die
Abbildung. 6 Natürliche Grösse.
Fig. VII.
Der durch künstliche Zerreissung der Eihülle freigemachte und
schon im Wasser umherschwimmende Embryo derselben Periode,
doch etwas weiter entwickelt, dessen natürliche Grösse bei 7 an-
7 gegeben ist. Die Bezeichnungen af ß1 d‘ eider
vorigen
S Figur. Man sieht die Abtheilungen der Schwanzwirbel angedeutet,
bei * wird zuerst jetzt die Pulsation des Herzens sichtbar, und man
bemerkt, dass der Oeltropfen, oder wie man nun sagen kann, Oel-
behälter bereits verhältnissinässig etwas kleiner geworden ist. Es
ist übrigens gewiss sehr merkwürdig, wie hier, bevor irgend eine
Spur von Schwimmblase sich zeigt, dem Tlnere schon ein Organ
gegeben ist, welches durch eine andre, speciiisch an Leichtigkeit
das Wasser übertreffende, in ihm enthaltene Flüssigkeit die Stelle
der Schwimmblase ersetzt.
Fig. VIII.
Die zerrissene Eihülle, aus welcher der in der vorigen Figur
abgebildete Embryo herausgenommen ist. d y s wie in den frühem
Figuren.
Fig. IX.
Zeigt den obem Körper-Theil eines Embryo dieser Periode
von der Rückenseite, af ß' Durchscheinender Oelbehälter und Dottersack.
/Durchscheinendes Rückenmark, welches oben den Sinus
der sogen, vierten Flimhöhle bildet, dessen getheilte Stränge dann
im Gehirn d" sich wieder vereinigen.
Fig. X und XI.
Dergleichen Embryonen in verschiedenen Lagen gezeichnet,
in dem erstem, Flg. X. welcher von der Vorderseite dargestellt ist,
haben ai ß‘ ef d‘ dieselbe Bedeutung,- wie in Fig. VII, o hingegen
bezeichnet die Stelle, wo das Pulsiren des Herzens bemerkt wird.
Der andere, Fig. XI., ist von der Seite gezeichnet, und ausser den
durch die mit den früheren gleichnamige Bezeichnung a' ß' ei d'
bekannten Theilen bemerkt man liier bei y zuerst die Andeutung
des Gehörorgans und bei (p die Umbiegung des Dottersacks zum
untern Darm, dessen Hervorbildung aus der Dotterkugel nach folgendem
Schema geschieht:
1. a. Reine Dotterkugel. 2. Die Dotterkugel a faltet sich
nach aussen bei b. 3. Die Dotterkugel a schon verkleinert treibt
aus ihrer Faltung b durch seitliches Fortwachsen bei c den After-
S darm d hervor. Bei 4 ist diese Bildung noch weiter vorgerückt
\ und die beiden Darmenden c1 d‘ sind geöffnet. Dies verhält sich
i im Wesentlichen gleich bei Tliieren ohne Rückenmark und Hirn und
) bei Himtliieren, nur entsteht das Rückgrath der letztem bei * *,
S während der Rücken der erstem bei * ist.
j Fig. XII.
l Ein siebentägiger aus dem Ei lierausgenommener Embryo, desl
sen natürliche Grösse bei 12 verzeichnet ist. Die Gestaltung ist
? wieder in vieler Hinsicht vorgerückt, a1 Oelbehälter, ß‘ Dottersack,
S (p dessen Auswärtsfaltung zum Darm, tp Afterdarm, ip 1 Kopfdarm,
V ohngefahr wie im Schema 3 noch geschlossen, z Wirbelkörper-
i säule, an welcher die Schwanzflosse deutlicher sich zu bilden be-
i ginnt, y, Erste Spur der Brustflosse, % Andeutung des Geliöror-
’ gans, o des Herzens d' Vierter Hirnventrikel und Bildung der
S Hirn-Massen.
S
I : V 1 H s - xm
7 Achttägiger aus dem Ei genommener Embryo, dessen natür-
S liehe Länge bei 13 angegeben ist. — Bei dieser Grösse werden
S zuerst die Strömungen der Blutkügelchen in den sich bildenden
| Gefässen unter dem Mikroskop deutlicher sichtbar., af ß1 <p ip y 1
) y d‘ y z haben dieselben Bedeutungen wie in Fig; XII., nur scliei-
S neu um diese Zeit die Därme bereits durch Mund u und After k
S geöffnet zu seyn. Ferner tritt jetzt auch das dritte grosse Sinnes-
V organ, d. i. Geruchsorgan in Andeutungen bei v hervor, und am
i Herzen, welches in hufeisenförmiger Gestalt erscheint, kann man die
j venöse Hälfte o, mit den zu ihr hinströmenden durch zugekehrte
) Pfeile bezeichneten punktirten Venenströmen von der arteriösen Hälfte
S o1 unterscheiden, deren durch abgekehrte Pfeile bezeichnete Strö-
i mungen theils gegen den Kopf, theils gegen den Schwanz gewen-
? det sind; die letztere == Aorta descendeos biegt sich jetzt noch
S ohne alle Seitenverästelung in p ganz einfach um, und wird so un-
) mittelbar Vena cava ascendeos. Auch diese letztere ist einfach
{ und giebt nur da, wo der Dottersack sich auswärts faltet, einen
? über den Oelbehälter verlaufenden Seitenstrom ab, welcher in so-
S fern merkwürdig ist, als seine spätem weitem Verästelungen den
S > Grund legen zum Gefässsystem der Leber und diesem Organ selbst,
t als von welchem bis jetzt noch keine Spur vorhanden ist.
F ü n f t e T a f e 1.
Sie enthält die Fortsetzung der Beobachtungen über Entwickelung des Döbels (Cyprinus Dobula).
E r k lä r u n g d e r e in ze ln en F iguren.
' Fig. ).
Zeigt eine Gruppe neun Tage alter Eier, mit den durch-
scliimmemden zum Austritt ziemlich reifen Embryonen, welche sich
durch die schwarzen Punkte ihrer Augen bemerklich machen, in
natürlicher Grösse.
F ig n.
Ein einzelnes Ei mit dem blossen Oeltropfen, da die übrige
Substanz des Embryo verdorben und aufgelöst ist.
F i g . IB .
Ein aus dem neuntägigen Ei genommener Embryo durch die
Loupe gesehen; * dessen natürliche Grösse.
Fig. IV.
Derselbe mikroskopisch vergrössert, wo sich denn die einzelnen
Gebilde ziemlich wie bei Fig. XIII. der vorigen Tafel darstellen.
Auch haben a1 ß' o o1 <p ip k l z p y x dieselbe Bedeutung
Íwie dort, nur ist theils das Herz selbst beträchtlich weiter entwickelt
und in seinen beiden Abtheilungen hier deutlicher zu erkennen,
} theils hat sich vorzüglich der bei l von der Vena cava ascendeos
| abgehende Venenstrom bereits mehrfaltig bei V verästelt und be-
S gründet dadurch, wie schon bemerkt, das Entstehen der Leber. Das
i Schauspiel besonders dieses Theils der Circulation ist unter dem Mi-
f kroskop ausnehmend schön und besonders geeignet, um einen na-
7 turgemässen Begriff von Entstehung der Blutgefässe zu bilden. —
S Hinsichtlich der Sinnesorgane beachte man übrigens noch am Auge
S die Spalten der Iris (wie sie K ib s e r früher beim Vogelembryo be-
i schrieb), und die beiden Körperchen im Hörorgan, welche wahr-
> scheinlich erste Andeutung der beiden Knochen-Concremente in den
J Säcken des Vorhofs sind.
S
| Fig- V.
\ Ein 12 Tage alter Embryo, wélcher, nachdem freie Kiemen-
^ bogen sich entwickelt haben, nunmehr das Ei verlassen hat und