E r k l ä r u n g
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K u p f e r t a f e l n .
T a f e 1 I.
Diese erste Tafel ist dazu bestimmt, einen Ueberblick von einigen der verschiedenen Formen zu geben,
welche das H a u t sk e le t sowohl als das E in g ew e id s k e le t in den Thieren ohne Hirn, und Rückenmark
oder E i - und R um p fth ie r e n * ), wo,demnach auch das höhere, das Nervenskelet, sich noch nicht entwickelt
hat, annimmt .— Charakteristisch für diese primitiven Skelete ist es, dass auch die primitive Ske-
letform, der U rw ir b e l, durchgängig herrschendes Gebilde bleibt, obwohl auf die mannichfaltigste Weise,
seiner Substanz,.seiner Struktur, seiner Gliederung, seiner Form nach, abgeändert. An dieses, bald nur
einfach entwickelte, bald vielfach wiederholte Grundgebild aller hierher gehöriger Skelete schliessen sich
1) bald verschieden geformte, meistens jedoch radiär gestellte Tertiarwirbel; 2) bald und gleicher Massen fast
nur radiär gestellt, einzelne oder vielfache Secundarwirbel (Secundarwirbelsäulen als Gliedmassen) an, und
stellen dadurch Gestalten her, welche in den höhern Rumpfthieren häufig genaue Vorbilder des Nerven-
skelets der Hirnthiere abgeben. Fig. I bis XXIV ist Hautskelet, Fig. XXV bis X X X Eingeweidskelet. Fig. I
bis XU geben Beispiele des im Eithier oft höchst einfach als blosse Hohlkugel (Eischale) entwickelten, oft
aber auch hier schon durch sehr zusammengesetzte Gliederung modificirten Urwirbels. Fig. X II bis XXI
hingegen geben Beispiele des den Thierleib einfach umschliessenden Urwirbels bei Bauchthieren (Mollusken)
und Fig. XXH bis XXIV erläutern die durch Urwirbelsäulen, und in höhern Ordnungen zugleich durch
radiäre Sekundarwirbelsäulen charakterisirten Hautskelete der Brustthiere (Artikulaten). — Im Eingeweidskelet
der Eithiere und Bauchthiere, von welchen Fig. X XV und XXVI Beispiele geben, wiederholen sich
dann die Theilungen eines e in fa c h e n Urwirbels, da hingegen das Eingeweidskelet der Brustthiere ebenfalls
S ä u le n von Urwirbeiringen erkennen lässt.
E r k lä r u n g der e in z e ln e n F igu ren .
R g . I.
Madrepora astroides, .verkleinert dargcstellt. Zusammenhäu-
fnng einer sehr grossen Menge kleiner, höchst einfach gebildeter i
Eithiere, jedes mit einfachem, hohlkugeligcm, sternförmig gcöffiie- ^
tem Urwirbel (Polypenzelle) umschlossen; im Ganzen aber wieder »
zu grösser, eiförmiger, abgeflachter Masse, (deren natürliche Grösse S
bei * angegeben), vereinigt. \
S
: Fig. 1 j
Ein Theil derselben Madrepore, dessen natürliche Grösse bei ^
* angegeben, etwas vergrössert, damit die Bildung der einzelnen S
Zellen deutlicher werde. Man bemerkt, dass die Zusammenhäufung. ^
kugeliger Formen, hier wie bei den zusammengedrängten kugeligen ^
Pflanzenzellen, sechseckige Formen erzeuge. '
Fig. UL S
Ein Ast der Isis hippuris. Hier bildet jeder Polypenkörper i
nur an seiner Basis ein Urwirbelsegment aus, alle diese Segmente |
verbinden sich durch gemeinsame Vegetation zu einem Stamme, wie S
auch die einzelnen Polypen -durch den gemeinsamen fleischigen ^
Ueberzug zu einem pflanzlichen Vereinleben, gleich Knospen an ^
einem Strauche verbunden sind. Die gemeinsame Vegetation ist es
dann, welche am Polypenstamme, die einzelnen Urwirbelsegmente,
zu einem Stamme von fast ganz pflanzenartiger Textur, und gleich
dem Pflanzenstamme durch angelegte Ringe von Aussen sich ver-
grössernd, fortbildet.
Fig. IV. V. VI.
Verschiedene Entwickclungsstufen einer Echinide, Spatangus
Brissoides, deren Hautskelet am einfachsten, die' primitive hohlkugelige
Form des Urwirbels darstellt. Es ist merkwürdig, wie an
dem kleinsten Exemplar Fig. IV noch gar keine Theilungder Schale,
sondern eine fast durchaus homogene zarte Kalkschale, wie am
einem Vogelei bemerklich wird. Diese Schale ist nur an einer
Stelle von ein paar kleinen Löchern durchbolirt, welche je früher
desto dichter an einander stehen, und vielleicht in der frühesten Zeit
ganz zusammen fallen. In dem etwas grössem Exemplare Fig. V wird
schon die Theilung des blasenförmigen Urwirbels in einzelne Zonen
sichtbar, und die Mund - und Afteröffnung rücken mehr aus einander.
Fig. VL endlich, stellt das Hautskelet des ausgewaclisenen Thieres,
jedoch ohne die kleinen radienförmig gestellten Tertiarwirbel, d. i.
*) Ueber diese Namen beziehe ich mich auf die tabellarische Ucbcrsicht des gesammten Thierreichs von Ficinus und Carus. Dresden
bei Arnold, 1826.
die Stacheln dar. Mund- und Afteröflhung stehen ziemlich in der Quer- S
Achse des Urwirbels, und letzterer selbst ist nach der Fünfzahl in S
Zonen, diese aber wieder nach Fünf- und Sechszahl in Felder, und
diese noch weiter fiir die ausstrahlenden Stacheln (Tertiarwirbel) in
kleine Kreise getheilt, die durch ihr Zusammendrängen zu Sechsecken S
werden (s. diess etwas vergrössert dargestellt Fig. VII). )
Anmerkung. Man nehme diess mindestens als kleinen Bei- \
trag zu der Lehre von der Entwickelung des Echiniden, von )
welcher wir, so . wie von der der Asterien, eigentlich noch |
gar nichts wissen, und worüber uns doch ja bald ein dem S
Meere ahwohnender Naturforscher Auskunft geben möge. Es (
ist keine Frage, dass uns eine solche Entwickelungsgeschichte (
sehr viel Interessantes lehren würde, und mehr Wissenschaft- ?
liehen Werth haben müsste, als ein Duzend neu beschriebener >
Species. Bis jetzt lässt sich für die Lehre vom Bau des Haut- S
skelets nur behaupten, und wird durch Obiges erläutert, dass (
Echiniden' und Asterien, je jünger, um so deutlicher ihr (
Hautskelet als einfach kugeligen Urwirbel darstellen, und (
sich folglich um so deutlicher als zu den Eithieren gehörig >
bewähren. . )
Fig. VIII. !
Eine der fünf, durch die mit a bezeichneten Fühlergänge {Am- ^
hulacra) geschiedenen Zonen des kugeligen Urwirbels vom Türken- )
bund {Echinus d dam|^Diese Zone thcilt sich wieder ganz geo- j
metrisch in.2 x 5 Felder, welche an sich wieder als Sechsecke mit |
zwei abgerundeten Seiten erscheinen , deren jedes von seinem Mittelpunkte
einen grossen-radienförmigen'Tertiarwirbel, und von seinem
Umfange viele kleinere ausstrahlt.
Fig. IX.
Dieselbe Zone von Innen mit dem am Mundende gegen das
Eingeweidskelet eingebogenen Rande des Hautskelets 6.
deise Weise entsteht der ganz geometrisch nach der Fünfzahl zerfallende
Kranz von Wirbelstücken d. d. d.d. d. Das Uebrige des
Urwirbels ist, statt der gegliederten Felder im Ecliinus, nur zu einer
geringelten kalkigen Haut entwickelt. 2) D ie rad iä re n Urwirbelsäu
len bestehen aus langen Reihen von Urwirbelringen, welche
nach der Fünfzahl getheilt sind , und in jedem entwickelt sich ein
platter, doppelkegeliger paralleler Tertiarwirbel, welcher ungefähr,
wie ein Wirbelkörper in die Rumpfhöhle, so in die Höhle
des Urvvirbelringes hinein ragt, ja im weitem Verlaufe der Urwir-
belsäule, dieselbe fast ganz ausföllt. — Wie nun die radiären Urwirbelsäulen
zwischen je zwei Zonen des einfachen mittlern Urwirbels,
so beginnen auch die Säulen paralleler Tertiarwirbel, zwischen
diesen Zonen an der Bauch- oder Mundfläche des Thieres, von
dem mittlern einwärts gewendeten Kranz des mittlern Urwirbels bei
e. e. e. e. e. Die starke Entwickelung dieser innem parallelen Tertiarwirbel
ist die Ursache, dass antagonistische radiäre Tertiarwirbel
(Stacheln), liier ganz, bis auf wenige Rudimente, fehlen.
Fig." XII.
Zeigt an dem Stück eines einzelnen Körperstrahls von derselben
Ophiurd das Veihältniss/ der Urwirbclringe a. a. zu den parallelen
Tertiarwirbeln b. bfi— Die kleinen Rudimente radiärer Tertiarwirbel
oder Stacheln c . c j
Fig. XIII.
Beispiel eines ganz blasenförmigen Ui
thiere. Dergleichen bilden sich na
■irbels bei einem Weich-
aitlich in den kopflosen WeichÍ
fliieren, zumal bei den Apoden, und zwar ungetlieilt wie bei Echi-
Fig. X.
Senkrechter Durchschnitt eines grössem Stachels desselben Thieres,
um das scliichteilweise erfolgende Wachsthum dieser radiären
Bildungen zu zeigen. Merkwürdig ist, dass die Basis dieses Stachels,
welcher die Bildung des radiären Tertiarwirbels hat, schon deutlich
die doppelkugelige Gestalt zeigt a , welche der Wirbelkörper eines
Fischwirbels etwa zu erkennen gibt An diese Basis schliessen sich
niden, nur lederartig; aber, auch bei den Pelecypoden, jedoch ge-
[ tlieilt, in rechte und linke Seitenhälfte, so hier bei Anomia vitrea,
j wo die beiden Hälften der Hohlkugel des Urwirbels als Muschcl-
\ schalen erscheinen.
S
? Fig. XIV.
) Auf ähnliche Weise wird der blasige Urwirbel in den Gaste-
S ropoden dargebildet, obwohl hier in untere und obere, Rücken-
S und Bauch-Hälften getheilt, von welchen die untere-Hälfte gemei-
( „¡glich oblitcrirt. Die obere entsteht ursprünglich stets einfach halb-
S kugelig, bildet sich aber durch schiclitenweise Ablagerung an dem
S Rande verschiedenartig aus. Die einfachste Fortbildung ist die der '
1 P a te lle n , welche hier an PateUa g ra n a lin d därgestellt ist. a.
.lann Schichten um Schichten in einfach kegeliger Form (wie das i Halbkugeliger Mittelpunkt, mit welchem die Schalenbildung anfängt.
Endgebilde doppelkegeliger Wirbel nothwendig allemal einfach sein ( b. c. d. grössere Absätze der concentrisclien Schichten, welche die
muss, worüber in meinem Werke von den Ur-Tlieilen des Kno- j Schale vergrössem, deren Oberfläche dann durch theilweises Aus-
cliengerüsts das Nähere zu finden), und diese immer, obwohl'nicht j brechen der Schichten, die liier sichtbaren-Rauhigkeiten annimmt.
ganz gleichmässig zunehmenden , von Aussen angelagerten Schichten
bilden von b bis' c den eigentlichen Stachel. Fig. XV.
Eine höhere Fortbildung der eirifachen Ur - Hohlkugel, zeigt
sich in dem gewundenen Schneckengehäuse. g g | XI, Als Beispiel diene hier
Zeigt das höchst merkwürdige , vielgegliederte Hautskelet der
Ophiura, lacertosa. Es ist dasselbe anzusehen als. bestehend 1) aus
einem einfachen, plattgedrückt kugeligen Ürwirbei; dem der Echiniden
ähnlich, aber unvollkommen innerlich gegliedert , ^ . Von ihm
ist hier die Rückenseite abgebrochen, und. seine Hohl® geöffnet.
2) Aus den nach fünf Richtungen ausstrahlen'den Urwirbelsäulen
B. B. B. B. B., in welche der mittlere Urwirbel sich -nach allen
Seiten hin, wie bei Asterien, auflöst, gleichsam als wenn der ein- S fangen(ien Ausstrahlungen mit grösser Regeli
zelne Thierleib in fünf getrennte Leiber zerfallen wollte. In diese
radiären Urwirbelsäulen setzen sich jedoch die Eingeweide des mitt-
lem Urwirbels eben so wenig fort, als die Eingeweide der Rumpfhöhle
bei Fischen u. s. w., unter die Scliwanzwirbelsäide, wodurch
sie sich von den Stralilen der Asterien unterscheiden, und zu.allei-
nigen Bewegungsorganen werden. Diese Tlieile nun einzeln, betrachtet,
zeigen noch weitere Gliederungen. 1) Der m ittle re
U rw irb e l zerfällt ganz, wie der der Echiniden, in 5 Zonen, 1. 2.
3. 4. 5., jede durch zwei einfache Platten a. 6., wie die, welche
bei Echinus die Fühlergänge begränzen, bezeichnet. An seiner einzigen
Oeffnung (Mundöflhung) c, schlägt sich das Hautskelet gleichsam,
wie bei .Echinus Fig. IX b, einwärts, und vertritt dadurch
einiger Massen die Stelle des hier fehlenden Eingeweidskelets. Auf
Mur ex tribulus wegen seiner merkwürdigen Ausstrahlungen. Hier ver-
| grössert sich die primitive obere Halbkugel a auch durch Ablagerung
S am Rande, allein die dadurch entstehende trichterförmige Röhre,
' windet sich spiralförmig (nach dem Schema 15), und zwar in der
1 Rechtswindung. Das Ende dieser Windungen zieht sich' liier zu
\ einem lang ausgezogenen, die Afhemröhrc des Mantels umschliessen-
} den Kanäle, an welchem; diö schon auf den, Windungen an-
" ’ " igkeit, als einfach
kegelige Tertiarwirbel (gleichsam als mit 3er Schale verwachsene
Echinidenstaclieln,) sich fortsetzen. Die merkwürdige Anordnung dieser
Fortsätze, welche als radiare Tertiarwiibel in Füllern Thierklassen
an den Secundaruirbelh des Rückgraths sich ln ähnlicher, wenn
anch der Z.,hl nach abgeänderter Anordnung wiederholen, deulicher
dartzustellen dient:
Fig. XVI,
ein :bei‘* Fig. XV gemachter Durchschnitt des die Athcm-
rülire umschliessenden Kanales. Man sieht, dass hier 1) die Ans-
strahlungen nach- d e r Sechszahl sich richten, jedoch in abwechselnder
Stärke, so dass sie als 2 X 3 emdteinen. 2) Di« Star
■ cheln selbst können in ihrer Ausstrahlung dem Einflüsse der hier