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Von d e r S k e l e tb i ld u n g im A llg em e in e n
u n d insbesondre von der nothwendigen Unterscheidung eines Ilautskelets, Einge-
weideskelets u nd eines eigentlichen oder Nervenskelets.
3pS8 Element aller organischen Bildung und so -auch der tlnerisehen ist I F lü s s ig k e it . 1 Je mehr die
Organische Bildung sich entwickelt, desto mehr treten festere Gestalten hervor, welche jedoch noch von
Flüssigem durchdrungen sind, und das eigentümliche Substrat, an welchem alles entwickelte organische Leben
haftet, ist das "Weiche. — Wenn hingegen das elementare Fluidum mehr und mehr verschwindet,
das Feste immer mehr vorherrschend wird: so erstarrt oder vertrocknet die Bildung, das Leben erlischt, und
das gänzlich V e r tr o c k n e te (diess der ursprüngliche Begriff des Wortes Skeleton) oder S ta r r e /ist nur ein
Caput niortuum des vorhanden gewesenen Lebens.
Dieser Lebensgang, welcher mit unendlichen Modilicationen der allgemeine für jede sich vollkommener
entfaltende Organisation ist, zeigt sich auf den niedrigsten Stufen des Thierreichs zuweilen schon mit
bewundernswürdiger Einfachheit, jedoch nirgends. deutlicher als in den Polypen, welche aus Flüssigkeit zu
einer weichen Gallert gerinnen und sodann in Kurzem wieder zu wirklichem Stein erhärten, wie Nulliporai
— Eben hierin aber liegt es, dass das Studium der erhärteten, erstarrten Bildungen, mit Einem Worte, d e s
S k e le t s , zu einem der interessantesten wird, so weit das Gebiet der Anatomie und Physiologie nur reicht,
und zwar, weil in ihm die Zeichen aller vorgegangenen wichtigen Regungen des Bildungslebens eben so
niedergelegt sind,, wie etwa in den Schichten des Erdballs die Geschichten seiner erlittenen Revolutionen.
Eine naturgemässe, d. i. genetische Geschichte des Skelets, muss desshalb aiisgehen von Betrachtung der
Gegenden des Organismus, welche ursprünglich und zumeist zur Skeletbildung, d. i. zur Erstarrung organischer
Substanz sich hinneigen. * ||| Solche Gegenden sind aber namentlich die Gränzen organischer Substanz,
-wo diese die Aussenwelt berührt; denn nach diesen Gränzen hin wirkt die Bildungskraft von ihrem
Herde aus schwächer, die Einwirkung der Aussenwelt begünstigt überdies* dort das Ertödten des individuellen
Lebens und durch eine solche Abgränzung wird zugleich die Individualität des Organismus vervollständigt
, indem ein höherer Grad von Isolirung eintrilt.
(Daher erhärtet und erstirbt an der Pflanze schon die Oberfläche, die Rinde, am ersten; eben so erhärtet am Ei die Schale und
an den niedern Tliieren die äussere Kruste.)
Berücksichtigen wir nun, dass der Thierleib nicht bloss an seiner absolut äussern Oberfläche gegen
die Aussenwelt gekeimt ist, sondern dass auch eine relativ äussere Fläche an ihm gegen die eindringenden
Potenzen der Aussenwelt, Luft und Nahrung, gekeimt ist: so erhalten wir zwei Flächen, welche zuerst für
Skeletbildung geeignet sind, die Haut- und' Eingeweidefläche; und die Erstarrungen derselben geben das
H a u t sk e le t und E in g ew e id e sk e l e t , welche in höchst verschiedenen Formen sowohl bei niedern als
höhern Tliieren Vorkommen.
So wie sich nun im Innern des Thierleibes eine Mehrzahl besonderer Gebilde oder Organe entwickelt: so
müssen auch diese sich von einander absondern, sich isoliren, und dadurch gewisser Massen den Begriff des
Hautskelets zu wiederholen streben. Zu einer wirklich starren, skeletartigen Absonderung kann es jedoch
innerlich zwischen den Organen nur da kommen, wo der Gegensatz des Lebens dieser Organe am allerentschiedensten
hervortritt. Ein solcher höchster Gegensatz erscheint aber im Thier nur zwischen den
Gebilden, welche die Eigentümlichkeit des animalen Lebens am entschiedensten repräsehliren, dt> i. den
Centralgebilden des Nervensystems und den übrigen, insbesondere den vegetativen Gebilden. Sondert sich
daher der Nerv schon auf der niedrigsten Stufe seiner Entwickelung von den übrigen Organen durch die
Nervenscheide ab: so wird er dagegen bei höherer Entnickelung nerviger Centralmassen durch eine starre,
skeletartige Hülle von der übrigen organischen Substanz, wie, das Thier von der Aussenwelt, isolirt, und
so erhalten wir den Begriff des N e r v e n sk e le ts ,, d. i. dessen, was wir gemeinhin bei den höhern Tliieren
mit dem Namen des Skelets zu belegen, einzig gewohnt waren.
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