Tätowirung1 bestimmt, damit sie für ewige Zeiten gezeichnet seien. Der Eine von den
Dreien ist der Qual der Operation erlegen, der Zweite-lebt erblindet in Hongkong, er,
der Dritte hat sich bis zu einem Hafen des indischen Meeres gerettet, und entkam
endlich über Suez nach Griechenland u. s. w.“
Sollte die Haut dieses Menschen jemals auf den Markt kommen, so wird Verf.
dieselbe zu erwerben suchen, um sie ausstopfen zu lassen und der Anthropologischen
Gesellschaft in Berlin als Geschenk anzubieten. —
Vor beinahe 200 Jahren wurde ein Südseeinsulaner — wohl der erste — nach
England gebracht, der hier, da er wohl auch der erste Tätowirte war, den man von
dort zu sehen bekam, als „Prinz Jeoly“ ungeheures Aufsehen erregte.
Dampier lernte diesen, aus Meangis, einer kleinen Insel wenige Meilen südöstlich
von Mindanao, gebürtigen Prinzen im Jahre 1686 als Sclaven auf Mindanao kennen.-
Durch Zufall kam er im Jahre 1690 in Besitz desselben und zwar in Bencoelen auf,
Sumatra, wohin ihn ein Dampier befreundeter englischer Kaufmann mit der Absicht,
durch eine Freilassung desselben auf Meangis später auf vortheilhafte Weise Handelsverbindungen
anzuknüpfen, nachdem er 60 Reichsthaler für den Prinzen und dessen
Mutter gezahlt, gebracht hatte.
Dampier beschreibt ihn folgendermassen: „E r war bemalt über die ganze Brust,
hinten zwischen den Schultern, auf seinen Schenkeln, am meisten vorne und in Gestalt
verschiedener breiter Ringe oder Bänder um seine Arme und Beine. Ich kann die
Malerei mit keiner Figur, Thierzeichnung oder irgend etwas Aehnlichem vergleichen,
aber sie war sehr hübsch u;./s. w. Nach dem, was er mir darüber erzählte, verstand
ich, dass dies Malen auf die gleiche Weise geschieht, w ie man in J e r u s a l e m d en
L e u t e n d ie K r e u z e a u f d e n A rm m a c h t , nämlich indem man die Haut offen
sticht und gewisse Farben hineinreibt: aber anstatt wie in Jerusalem Schiesspulver zu
gebrauchen, benutzen sie auf Meangis ein fein gestossenes Harz eines ,Baumes, den die
Engländer ,dammer‘ nennen und der vielfach statt Pech gebraucht wird. E r sagte mir
auch, dass die meisten Menschen auf jener Insel ebenso ,geschildert4 wären, wie er
selbst.“ 1
Im Jahre 1691 brachte ihn Dampier nach England, wo der arme Prinz für .Geld
gezeigt wurde, aber bald darauf in Oxford an den Wasserpocken starb. Ueber denselben
scheint seiner Zeit ebensoviel gelogen worden zu sein, wie es der oben
erwähnte Grieche über sich selbst that. So schreibt wenigstens Dampier : „In der
Erzählung, die über ihn herausgegeben wurde, als man ihn in England sehen liess,
kam auch eine Geschichte von einer schönen Schwester von ihm vor, die ebenfalls
Sclavin auf Mindanao gewesen wäre und in die sich der Sultan verliebt hätte ; doch das
1 Reystogten rondom de weareldt. Amsterdam 1716. p. 264 u. 371.
war Alles Fabel. Aüch streute man aus, dass die Farbe seiner Tätowirung Kraft hätte,
Schlangen und giftige Thiere zu vertreiben; und darum glaube ich, dass auf einem
Kupferstich, der von ihm gemacht war, so viele Schlangen um ihn herum kriechend
abgebildet waren. Aber was Jeoly angeht, so habe ich gesehen, dass er ebenso bange
vor Schlangen, Scorpionen und Tausendfussen war wie ich selbst.“ 1
Beinahe ein Jahrhundert dauerte es dann wieder, bevor Cook2 einen tätowirten
Eingeborenen von den Gesellschafts-Inseln, den seiner Zeit vielgenannten O m a i, nach
Europa sandte, dessen Schicksale auch in weiteren Kreisen bekannt sind:3 er wurde von
Königen und Fürsten verhätschelt; er wurde getauft und civilisirt; reich beschenkt kehrte
er dann nach längerem Aufenthalt in England nach seiner Heimath zurück, wo er binnen
kaum einer Stunde aus freiem Willen wieder derselbe arme, nackte, heidnische, zufriedene
Wilde wurde wie vorher. —
Höchst eigentümlich ist es, dass wir in Europa zahlreiche Vertreter eines halb
asiatischen, halb europäischen, farbigen Volks unter uns zählen, die sich ebensowenig
tätowiren, wie bemalen, oder waschen -9 die Z i g e u n e r . Wie in so mancher andern
Beziehung, nehmen dieselben auch hier eine Ausnahmestellung ein, vielleicht haben sie
Tätowirung nie gekannt, vielleicht haben sie dieselbe auf ihren Jahrhunderte langen
Wanderzügen vergessen, jedenfalls besitzen sie jetzt kein Wort mehr dafür.
Wir haben in Deutschland leider keine Gelegenheit, wirklich originelle Exemplare
dieses geheimnissvollen Vagabundenvolks kennen zu lernen; die eigenen Beobachtungen
des Verf., zumal in Sibirien, waren allzu flüchtig, darum erlaubte . sich derselbe, sich an
die beste heutige Autorität in Zigeunersprachen und Sitten, an Seine Kaiserliche Hoheit
den Erzherzog Joseph von Oesterreich zu wenden. Seine Kaiserliche Hoheit hatten
die grosse Güte, Folgendes zu schreiben:
„F ü r Tätowiren finde ich in der Rom- (Zigeuner-) Sprache, obwohl ich sämmtliche
Dialecte dieser neu - indischen Sprache in Deutschland, Böhmen, Mähren, Ungarn und
den Balkanländern studirt habe, nebstbei auch in Italien viel mit diesem Volke umging,
und aus der polnischen, russischen, englischen und spanischen Literatur mir auch jene
Idiome nicht fremd sind, k e ir i W o r t . Im Rom giebt es für „tpalen“ auch nur den
Begriff „makhel“ d. h. „beschmieren“ ; „makhlo“ „beschmiert“ ; „makhip^ = „das Beschmieren“
. Ich hörte nie von tätowiren reden, und könnte man es dem Zigeuner nur
verständlich machen, wenn man Umschreibungen brauchte oder den Stamm „tatau“
romisiren würde. Unter den massenhaft in unsern Regimentern dienenden, sowie unter
den ansässigen und wandernden Zigeunern sah ich n ie einen Tätowirten. Auch hörte
1 P* 373* 3 Eini Stich dieses Omai von Bartolozzi 2 Bougainville brachte 1769 den Aotoru von aus dem Jahre 1774 befindet sich im Besitz
Tahiti nach Paris, doch hat Verf. über dessen Täto- des Verf.
wirung nichts erwähnt gefunden.