versucht, alle diese, mit ausgespreizten Fingern abgeklatsch’ten Hände, nachdem er aus-
drücklich betont, dass er in der Zahl Fünf nicht gerade etwas Ominöses sieht, als
Symbole der aufgehenden Sonne (zumal wegen der rothen Farbefiund als .solche als
eine Abwehr gegen den bösen Blick zu deuten!
E s ist: bekannt, dass die ausgespreizte Hand oder ein Bild, resp. Sinnbild derselben
in einigen Theilen der Welt, i^ e in Palästina, Egypten und Marocco,- auch in
Spanien und Süditalien als Mittel gegen den bösen Blick betrachtet wird, auch dass man
der Zahl 5 ,' vielleicht auch der rothen Farbe* oft irgend eine symbolische Bedeutung
beilegen kann, aber darum braucht doch notlfclange nicht bei j e d e r abgemalten oder
abgeklatschten Hand gleich an das Mittel gegen, déni bösen Blick gedacht zu Werden,
ebenso wenig wie man etwa bei dem | | | | f e s i c h findenden Kreuz gleich das. christliche
Symbol oder christlichen Einfluss zu v e rm u th S hat.‘ - i ^ M
Doch wir wollen zu den Prähistoriern zurückkehren.
Wenn man heute in G r ^ r n derselben roth' bemalte Schädel, K nÄ en s tück e und
Knochengeräthe findet, wie z. B. in Italien|||in solcher Schädel befindet sich im Museo
prehistoricö in Rom) oder in Belgien in der Höhle von la Bêche aux roches oder in
russischen Kurganen bei. Smjela im Gouvernement Kiew, wo die ausgegrabenen Schädel
durchweg mit einer rothen Mineralfarbe angestr&Ben waren, von welcher Stücke neben
den Skeletten lagen* u. Sy, w., wenn ferner kein Zweifel darüber besteht, dass die Alten
ihre Geräthe, z. B. ihre Urnen bemalten und wenn zum S c h lu ß wie-schon bemerkt,
mehrfach rother (einmal auch gelber) Farbstoff in Höhlen oder Gräbern gefunden worden
ist,6 so dürfte die Behauptung, dass auch w n s fe r eW o r fa h r e n ih r e K ö r p e r b em a l t e n ,
gerade so wie .es die heutigen Wilden noch thun, wohl kaum auf Widerspruch 'stössen.
1 Ploss. Das Kind u. s. w. I. p. 136.
* vgl. „Die Zahlen im mohammedanischen Volksglauben."
.Ausland 1884 p. 328.
3 Schwartz. Der rothe Sonnenphallos der Urzeit.
Z. f. Ethnologie VI. p. 170. 179.
4 So bespricht z. B. Wilken 1. c. p. 9 auch den bei
den verschiedensten Völkern sich findenden Gebrauch,
einander durch Entblössen der Genitalien oder der
Rückseite zu beleidigen und auch hier kommt er zu
dem Resultat: „Die ursprüngliche Bedeutung dieses
obscönen Gebrauchs liegt , auf der Hand. Mit dem
Vorzeigen des Phallus oder eines Sinnbilds desselben
muss man auch hier nur das Ziel im Auge gehabt
haben, die nachtheilige Wirkung des (bösen) Blicks,
durch den Einen dem Anderen während des Zwists
zugeworfen, abzuwehren.“
.Verf. bedauert, sich dieser Ansicht durchaus nicht
anschliessen zu können. Verf. sieht, ohne eine in
ganz Europa geläufige beleidigende Redensart erwähnen
zu wollen, in dem ostentativen Entblössen
. nur die Absicht, den Gegner durch Verletzung des
Schamgefühls zu ärgern. Bei nacktgehenden Völkern
wird der Gebrauch sich nicht finden; wohl aber beleidigt
man sich bei diesen, sofern dort -nicht Beschneidung
herrscht, durch Entblössen der
s Nach dem Corr. Blatt der d. Anthrop, Ges.
1886. 8.
6 Sämmtliche obigen Mittheilungen verdankt Verf.
Herrn Prof. Schaafhausen in Bonn, vgl. auch Archiv
f. Anthropologie III. 1868. p. 336, „über rothen Ocker in
der Martinshöhle bei Lethmathe" ders. in Ber. d. Anthr.
Vers, in München 1875. P- 66. Dr. Vpss-Berlin fand
in einem der Steinzeit angehörigen Grabe bei Braunshain,
Kr. Zeitz, ein Stück Röthel; vgl. auch d. Corr.-
Blatt d. d. Anthr. Ges. 1886. II. p. 152.
In Vorhergehendem wurde nachgewiesen, dass die Naturvölker sich aus verschiedenen,
hauptsächlich aber aus kosmetischen Gründen der Körpermalerei befleissigten,
bezw. es heute noch thun, und es wurde dabei bemerkt, dass diese sowohl wie auch
die vorgeschichtlichen Menschen sich eher schminkten wie wuschen. Nachdem man nun
mit der sich allmählich entwickelnden Cultur anfing sich zu waschen, wodurch man sich
gezwungen sah, die Körpermalerei in entsprechendem Masse zu erneuern, ein Vorgang,
der bald lästig werden musste, oder als vielleicht in einzelnen Individuen der Wunsch
rege wurde, die Zeichnungen oder gewisse Motive derselben ungefähr wie ein „Wappen“
öder „Monogramm“ auf sich (oder auch auf Anderen) zu verewigen, oder aber als
unter einer Gruppe von Individuen das Bestreben entstand, durch übereinstimmende Merkmale
sich selbst und Andern gegenüber ihre Zusammengehörigkeit zu beweisen und
darum aus der vergänglichen Malerei, die ja, wenn der Betreffende etwa in Gefangen-:
schaft gerieth, leicht durch eine andere, fremde ersetzt werden konnte,1 eine Art von
unvergänglichem „Stammeszeichen“ zu machen, aus diesen und noch manchen anderen
Gründen musste bei unzähligen Individuen die Sucht wach werden, diese Zeichnungen oder
Malereien in weniger leicht verwischbarer Weise vjie bisher auf, bezw. in die Haut
anzubringen.
Und auch hierzu wies die grosse Lehrmeisterin, Natur, den Weg selbst ihrem
blödesten Sohne.
Gerade aus den Instrumenten und aus dem Material, die sich als stets dieselben
über die ganze Erde verbreitet und zumal bei den. Völkern im Gebrauch finden, welche
die Kunst des Tätowirens am meisten ausgebildet haben, aus dem D o rn und dem
R u s s , gerade aus ihnen ersieht man, dass auch zur Erfindung der Technik des Tätowirens
an die Geisteskräfte des betreffenden Naturmenschen durchaus keine grossen Anforderungen
gestellt wurden. Je nach den geographischen Verhältnissen wurden und werden
in holzarmen Gegenden auch Knochensplitter verwendet oder (auf Inseln) Haifischzähne
oder Muschelstücke u. d g l.; durchgängig bleibt aber der Dopi mit seinen civilisirteren
Nachfolgern aus Eisen oder Stahl das Lieblingswerkzeug, geradeso wie zum Hervorbringen
der blauen Farbe auf der Haut kaum etwas anderes wie gewöhnliche Kohle
benutzt wird. Die rothe Farbe und einige Schattirungen liefert Zinnober.
Auch hier möchte wieder der Zufall als der Vater dieser welterobernden Sitte
1 The Californian tattoo, so that they may be recognised if stolen by Modocs. Bancroft, p. 332.