Körper tätowirt.1 Ein längeres Capitel über die Sitte bei den Birmanen findet sich
in dem Werke: „The Burman, His life and notions“ des Birmanen S hw a y Y o e ,
London 1882. I. p. 46—56.
In Tonkin, dessen alte Bewohner von den Chinesen als „Picti“ beschrieben
wurden, ist der Brauch vergessen.*
In Vorderindien sind es zumal die Hindumädchen, welche blaue Einpunctirungen
an Händen und Unterarm (ähnlich vielknöpfigen Handschuhen)] auch auf der Stirn lieben,
dann treffen wir die Sitte bei den Hügelstämmen der Nilgherries,1 2 3 auch bei den Nagas
im Q'uellgebiet der indischen Riesenströme; letztere tätowiren Gesichter, Arme und Beine.4 *
Weiter westlich finden wir Tätowirung in Persien,3 dann in Mesopotamien, Kleinasien,
Syrien6 und zumal in Arabien,7 theils bei dem männlichen, theils bei dem andern
Geschlecht vielfach verbreitet.
Europa wird weiter unten behandelt.
Unter den schwarzen Söhnen Africa’s konnte sich die Sitte, wie erwähnt, nicht
in demselben Maasse wie bei den helleren Oceaniern oder Asiaten entwickeln; abgesehen
von den Negern der Westküste, z. B. der Loango-Küste,8 in Liberia,9 und Senet
gambien,10 oder bei den schon angeführten Bantuvölkern ist sie nur im Schwange bei
den helleren Rassen auf Madagascar,11 in Südafrica, dann selbstverständlich bei den Be wohnern
der Nordküste, den Arabern, Berbern, Kabylen," in Algier sowohl wie in Tunis
und Marocco, bei allen Fellachen Egyptens, sowie bei den h e l le n Bewohnern Abes-
syniens, wo „the men seldom tattoo more than one Ornament . . . while the women
cover nearly th e w h o le o f t h e i r b o d ie s with stars, lines and crosses often rather
tastefully arranged.“ 13 Aber auch in Africa hat die jüngere Generation begonnen, diesem
Brauch ihrer Väter untreu zu werden.
1 Bastian. 1. c. p. 112.
2 Bastian. 1. c. p. 112. F letcher. 1. c. p. 43 erwähnt
auch noch die tätowirenden Wen-mien-Po, „a bar-
barous people of the Southwest o f China".
3 J agor in Verh. d. B. A. G. 1876. p. 196 u. 200.
4 Macgregor. Exped. from Upper Assam to the
Irawadi etc. Proc. R. G. S. 1887. I. p. 25.
s Polak in Verh. der Wien. A. G. XV. I. p. 38.
6 von Luschan. ebenda, p. 38. t 7 Auch die Beduinen tätowiren.
8 Verh. d. B. A. G. 1877. p. 185; Büchner, M.
„Kunstgewerbe bei den Negern“ in Westermann’s
Monats-Heften, Januar 1887. p. 522 (mit Abbildungen).
9 Deutsche Colonial-Zeitung 1887. 3. p. 82.
10 Globus 50. p. 260.
11 Sibree. 1. c. p. 209.
12 D’Hercourt. Mem. de la Soc. d’Anthropol.
Paris III.
13 Wood. 1. c. p. 721 (nach Parkyns).
„Eine Spielerei“ wurde die Tätowirung genannt, eine Spielerei, die sich bei den
Menschen, trotzdem häufig recht bedeutende Schmerzen mit ihr verbunden sind, grosser
Beliebtheit erfreut, weil sie dieselben v e r s c h ö n e r t . Jeder Europäer, der eine Zeitlang
unter tätowirten Eingeborenen gelebt hat, wird-lli sofern er eben nicht Alles, was nicht
gerade europäisch oder christlich ist, als Verunstaltung betrachtet — zugeben, dass er
in kurzer Zeit eine gute von einer schlechten, eine hübsche von einer weniger hübschen
Tätowirung unterscheiden lernte und dass man diese merkwürdige Hautzurichtung —
die im Grunde ja nicht barbarischer ist, wie unsere Sitte des Durchbohrens der Ohrlappen
— rasch als eine wirkliche Zier betrachtet.
Dass Tätowirung von Leuten, welche dieselbe an Ort und Stelle kennen lernten,
beinahe durchgängig in r i c h t i g e r Weise erkannt wurde, und dass auch hier wieder
erst von der Studirstube aus unternommen wurde, allerhand mystisch-symbolischen Sinn
(oder Unsinn) in dieselbe hinein zu interpretiren, mag, abgesehen von den in vorliegendem
Buch abgedruckten Ansichten der beiden besten Kenner der Südsee, — um
deren Bewohner es sich hierbei hauptsächlich handelt — durch die Aussprüche einiger
weiteren Sachverständigen erhärtet werden: