Völkern aller Erdtheile, trotzdem die S it t * im Grunde eine recht einfältige ist, da eben
so gut wie: der Eine sein Gesicht roth oder gelb bepinselt, um dem Gegner schon von
Wettern Angst einzujagen, auch der Andere sich dieses ihm in derselben Weise zu Gebote
stehenden Mittels bedienen kann, wodurch der vermeintliche Vortheil wieder ausgeglichen
■ st. Im Allgemeinen !:|ind es denn auch die Völker, die am wenigsten Muth haben
oder deren Schlachten _ wie z. B. in der Südsee _ oft schon durch den Tod eines'
einzigen Kriegers-entschieden werden, die sich am tollsten für den Kriegsfall zurüsten.
Wenn sich die alten Mexicaner auf den nackten Oberkörper eine . Rüstung maltenV so
kann dies nur als Spielerei betrachtet werden, da diese Malerei weder dem Feinde
Furcht, noch dem Betreffenden selbst ein Gefühl der Sicherheit einflössen konnte aber
die grimmen Schnauzbärte, mit denen früher die Kriegsmasken der-Japaner gesch’mückf
waren, erfüllten gewiss in. so fern ihren Zweck, als sie das schreckensbleiche Antlitz
des Betreffenden verhüllten und es so dem Gegner unmöglich machten zu entscheiden,
wer von den Beiden am wenigsten Courage hatte.
Die wahrscheinliche Entwicklung bezw. Entstehung der Masken aus der Gesichtsbemalung
hier weiter zu besprechen, liegt ausserhalb des Rahmens vorliegender Arbeit
Rothe Körperbemalung für den Kriegsfall kann auch durch den Wunsch erklärt
werden,, den Anblick des frisch fliessenden Blutes dem Verwundeten selbst sowohl wie.
seinen Genossen mbglichst zu entziehen und würde dieselbe also den rothen Kriegs-
gewandern der Spartaner, Römer, Iberer, Karthager u. s. w. entsprechen
Iiidess nicht nur zum Schutz und Trutz bemalten sich die „W ild en- ein anderer
Beweggrund wird ,n weitaus den meisten Fällenjielbst bei der allerpri.mitivsten Körpermalere.
mitgewirkt haben: der Wunsch des betreffenden Individuums, dem andern
Geschlecht besser-zu gefallen, sich zu v e r s c h ö n e r n . Eitelkeit ist. die Mutter der
orperbemalung, ihr Zweck war und ist ein kosmetischer, sie ist ein A c t der geschlecht-
liehen Zuchtwahl.
Die Farbe zum Schminken oder Anstreichen und zwar gerade d ie Farbe
.e heute noch, wie oben nachgewiesen, in der ganzen Welt bei allen Völkern
die behebteste ist f t Roth ■ wurde dem Menschen bei seinem ersten Schritt in den
Kampf ums Dasein von der Natur selbst geboten. B lu t bespritzte den Jäger, der die
d6S erle?te’ blUtr° th War diC KeuIe S efärbt’ m!t der Kain den Bruder
erschlug, und die Annahme ist doch sehr einfach, dass sich'so ein Urmensch einmal
beim Zerlegen oder Zerreissen der Jagdbeute mit den blutbefleckten Fingern z. B. an
die Nase griff und dadurch seine Reize plötzlich in den Augen seiner Genossinnen er-
ohte, gerade so wie jener oben geschilderte Fidschi-Insulaner mit der Zinnober-Naseoder
wie Betschuanen-Mädchen, die Ver f mit Ihren blutroth angemalten Nasen kokettiren
1 Bancroft. p. 407.
9 p. 13 unten.
sah.1 Die Aino auf Yesso, die bei ihren Bäronfesten das Blut des frisch geschlachteten
Bären mit Bechern auffingen und gierig verschlangen, machten auf den Beobachter mit
ihren über und über mit Blut besudelten Gesichtern einen ekelerregenden Eindruck, in
ihren eignen Augen war der Effect aber ein ganz entgegengesetzter, denn sehr bald
begannen sie sich recht deutliche Beweise des gegenseitigen Wohlgefallens zu geben2.
„Die Hualpais des westlichen Arizona waschen sich, so oft sie ein Reh oder eine Antilope
tödten, Gesicht und Brust mit dem Blute der Thiere und fahren dann mit den
gespreizten Fingern darüber hin, so dass sie wie gestreift aussehen . . . da sie sich
selten waschen, so bleibt das Blut als harte Kruste sitzen.3“
Im Allgemeinen darf wohl die Behauptung aufgestellt werden, dass d e r
M e n s c h s i c h e h e r g e s c h m in k t w ie g e w a s c h e n h at.
Der erste Gesichtsmaler wird rasch Nachahmer gefunden haben und es heisst
den Geisteskräften Eines oder mehrerer der letzteren nicht zu viel zumuthen, wenn man
annimmt, dass sie sich statt des Bluts, das vielleicht nicht gerade immer zur Hand war,
ein Stück zufällig gefundener Ockererde auf die Haut rieben und dadurch die Erfinder
einer Jahrtausende dauernden Weltmode wurden. Neben Roth fand dann auch Asche
(Russ) oder Kreide (Kalk) Aufnahme und so sehen wir denn Wilde, wie z. B. die
Massai am Fusse des Kilimandscharo oder die Neu-Irländer, sich selbst, ihre Waffen,
Geräthe u. s. w. mit schwarz-weiss-rother Farbe bemalen.
JDer Wunsch, sich zu verschönern, veranlasst dann auch die eben besprochenen
Naturvölker, dem Fett oder Thon, mit dem sie sich zum Schutz gegen Insecten oder
die Sonne einreiben} stets irgend eine Farbe zuzusetzen.
Sollte nun der Einwurf gemacht werden: „aber das Beschmieren und Bepinseln
verschönert die Leute doch nicht“ , so dürfte dem zu erwidern sein: Wenn man heute im
19. Jahrhundert europäische Damen ihr Gesicht oder die rilbrigen Körpertheile, die sie
entblösst zeigen, mit rothem Fett, weissem Mehl und schwarzer Kohle beschmieren sieht,
nur in der Absicht sich zu verschönern, dann kann man auch ruhig annehmen, dass
ebenso der wilde Naturmensch sich mit seiner Malerei wirklich zu verschönern glaubt.
Sollte man nicht wähnen, die Beschreibung eines Tanzes australischer Wilder
oder die eines „hula“ polynesischer Menschenfresser vor sich zu haben, wenn man
folgendes liest: „E s wird im Freien von Jung und Alt getanzt. Der Spielmann steht
in der Mitte und um ihn drehen sich in einem grossen Kreise, Hand an Hand gefasst,
die Tanzenden. Die Jünglinge und Mädchen tragen Kränze und Blumensträusse auf den
Köpfen. Alles singt die einfache Melodie mit und schaut dabei achtsam auf die Bewegung
der Füsse hernieder. Die Mädchen sind weiss und roth geschminkt oder ge-
1 Um Africa p. 130. der Aino.“ . Verh. d. deutschen ostasiat. Ges. Yokohama
1880.
. 9 Scheube. „Der Bärencultus und die Bärenfeste 3 W. J. Hoffmann. Ausland 1886, p. 12.