Das Tätowiren in Mikronesien speciell auf den Carolinen.
J. S. KUBARY.
I.
Beinahe sämmtliche Mikronesier tätowiren sich noch heute. Mit Ausnahme der
Insel Y a p und der M a r s c h a ll-In se ln sind überall die Frauen stärker verziert als die
Männer, und die Einwohner der C o r a l le n - Inseln (mit Ausnahme der N u k u o ro -In se ln )
weisen diesen Schmuck in grösserem Massstabe auf, als die der h o h e n Inseln P e l a u ,
Y a p und P o n a p e . Interessant und nicht ohne Bedeutung mag der Umstand sein, dass
die Tätowirung der drei letztgenannten Inseln, trotz der speciellen Verschiedenheit der
Details, einen einheitlichen Grundbegriff — das Bedecken mit der Zeichnung n u r d e r
E x t r em i t ä t e n —^ aufweist, wogegen bei den übrigen Völkerschaften es hauptsächlich
der Körper ist, dem dieser Schmuck zukommt.
AuKden Pelau-Inseln heisst das Tätowiren „melingot“ , die Tätowirung selbst
„tngot“ , und sie ist, wie überall auf den Carolinen, aus verschiedenen, besonders benannten
und streng beibehaltenen Mustern zusammengesetzt.
Das Tätowiren wird bei beiden Geschlechtern ungefähr um das i& | Lebensjahr
angefangen, und zwar beginnt man bei den Händen.
Bei den Knaben wird der Rücken der Handwurzel durch ein ca. io cm breites,
„oulgöu.“ genanntes Band bedeckt, welches aus nebeneinander gereihten „gr^el“ -, „bläsak“ -
und „tibeku-Streifen zusammengesetzt ist. Da auf dieser Stelle das noch heute sehr g e schätzte
-pelausche Armband getragen wird, so ist das „oulgou“ -Band das Allererste bei
der männlichen Tätowirung und findet sich bei allen Knaben wenigstens zum grössten
Theil ausgeflihrt, wenn nämlich die Furcht vor dem Schmerz die Ausführung des g an z en
Bandes verhindert. Nach einiger Zeit wird dann der Rücken der beiden Hände mit der
Zeichnung bedeckt, so, dass die „gr6el“ -Striche dem Handrücken und den Fingern entlang
bis zum Nagelansatze verlaufen, ohne die Fläche ganz auszufullen. Die ursprüngliche
Sitte war, die ganze Hand gleichmässig mit der Zeichnung zu bedecken, was „klemfngl“
heisst, wobei die Hand aussieht, als wenn sie mit einem schwarzen Handschuh bedeckt
wäre. Auf solche Weise findet man beide Hände, oder wenigstens eine derselben, bei
allen älteren Erwachsenen tätowirt. Indessen hat die Schmerzhaftigkeit, besonders
bedingt durch die ungeschickte Ausführungsweise,' die jüngere Generation so sehr eingeschüchtert,
dass man jetzt sehr gern einen Theil des Handrückens fre i. lässt.
Sobald das Mädchen Umgang mit Männern pflegt, trachtet sie, die unentbehrliche
„telengekel“ -Tätowirung zu erwerben, weif ohne diese kein Mann sie ansehen würde.
Diese besteht aus einem den mons veneris ausfallenden Dreiecke, dessen äusserer Umriss
aus der einfachen „gr£elu-Linie besteht. Der innere Raum wird dann „ogüttum“ ,
d. i. gleichmässig schwarz ausgefullt und die nach oben gerichtete Basis des Dreiecks
erhält eine „bläsak“ -Umsäumung.
Ungefahr zu derselben Zeit muss die Frau die „alakaikr“ -Tätöwirung erlangen,
a, Gröel
b. Bläsak
Tibek
d. Kibelgüyus
e. Kliok
f. Bedok.
. g. Deioökel
h. Pilsfsk
i. Klerüökum
k. Ngiäes
l. Kliköy
m. Semolük
n. Bombätel
o. Tangatäng
:p. Urödok
r. Patäok
s. Bütangteldu
t. But. klewfdel
u. Goälek
v. Kalebükub
w. Deliäes
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von den Pelau-Inseln.
für welche entweder der Vater oder gewöhnlich der Mann einen „madala adolobok“
($ 7.50 bis $ 10) zu bezahlen hat. Diese Tätowirung erstreckt sich auf den Vorderarm
und den unteren Theil des Oberarmes und besteht aus verschieden benannten
Feldern, deren allgemeine Anordnung eine unveränderliche ist, obwohl die Details in
der Ausführung zum Theil dem Willen der ausfuhrenden Person überlassen bleiben.
Auf der vorderen Seite des . Armes erstreckt sich über die Ellenbogenbeuge ein
viereckig längliches Feld „medeu“ genannt, welches seitlich bis zur Hälfte des Arm