bei Anwesenheit von Oel nicht geschehen würde, auch kann Asche keine Schwärze
liefern.
Der Schmerz wird durch die Schärfe des Kammes, die Raschheit der Operation
und öfteres Abwischen der Wunde mit nassen Schwämmen bedeutend gelindert, was
zwar die nachfolgende Entzündung, verbunden mit
der Anschwellung der Lymphdrüsen nicht gänzlich
beseitigt aber denn doch in bedeutendem Grade
begrenzt und zu rascher und gesunder Heilung der
Zeichnung beiträgt. Um dem Zusammenziehen der
Haut bei der Heilung zu steuern, wird nach der
Operation die eingeritzte Oberfläche mit dem Safte
der Blätter der „tel6urak“ -Pflanze eingerieben. Nach
dem Abfallen des Schorfes wird die Oberfläche beim
Baden mit fetter Cocosmilch abgerieben, was den,
häufig auf einander neidischen und eifersüchtigen
Frauen Gelegenheit giebt, die hierzu benutzte und
im Hause sorgfältig im Handkorbe aufbewährte
Cocosnuss zu vergiften, um die Tätowirung der
Besitzerin zu schädigen.
Bei dem ausserordentlichen Zusammenschmelzen
der Bevölkerung und zumal bei dem unerbittlich strengen Regiment der Missionare
wird die Sitte bei der kommenden Generation wohl in Verfall gerathen; schon bei
meinem, zwar nur kurzen letzten Besuche der Insel, bemerkte ich, selbst bei noch
nackt gehenden Knaben und Mädchen, kaum noch Reste dieses so eigenartigen und
effectvollen Körperschmucks.
II.
Die Tätowirung auf den sämmtlichen Inseln der
Carolinen bildet ein sehr charakteristisches nationales
Merkmal. Als ein Standes-Abzeichen kann sie nur
insofern betrachtet werden, als die wohlhabenderen
Familien den Schmuck leichter erwerben, wie die
weniger bemittelten. Indessen kommt niemals ein
Fall vor, dass ein Insulaner seiner- Armuth wegen
nicht tätowirt ist. Auch der Aermste gehört einem
Stamme zu oder ist einem Hause verwandt, welcher
Umstand ihm diesen Schmuck, sofern er auf dessen
Erlangung Werth legt, sichert. Im Allgemeinen ist
dies der F a ll, denn das Abweichen von der Sitte
wird als Beweis der Furcht bei den Männern betrachtet.
Kann die Person die Schmerzen nicht ausstehen,
so bleibt die Tätowirung unvollendet und so
> Obwohl auf Ponape das pelauische, durch den „Blals“
(Geldstrafe) besonders stark zusammenhaltende, Vereinswesen
nicht besteht, beweisen die Einwohner in Hinsicht auf gemeinschaftliche
Nachahmung mancher Sitten nicht weniger Eifer und
jedenfalls mehr Energie und Ausdauer als die Pelauer. Dieses
giebt sich kund nicht nur in der allgemeinen Vornahme der
Tätowirung, bei welcher Scham vor dem anderen Geschlechte
und auch Rücksichten auf die öffentliche Meinung, die bei
der Frau den Mangel derselben für einen Beweis der äussersten
Armuth, bei dem Manne für Feigheit halten würde, als auch
in der „lokalok“ genannten Sitte, die in zweien, weiter im
Westen nicht vorkommenden Formen geübt wird.
Die eine besteht darin, dass die beiden Geschlechter sich
mit einem scharfen Instrumente klaffende Schnitte auf der Achsel
und der äusseren Seite des Oberarmes anbringen, deren möglichst
grosse Narben dann als Schmuck, „kopac“ gelten. Es besteht
zwar auch der Gebrauch, bei inneren Schmerzen und Geschwülsten
des Oberarmes die leidende Stelle einzuschneiden, aber unabhängig
von diesem einzeln und aus Noth betriebenen Einschneiden
der Haut thun es die Eingeborenen ohne besondere Veranlassung
und zwar auf eine Weise, die an das pelauische „klauses“ erinnert.
Die Männer eines Hauses oder einiger Häuser einer
ganzen Umgegend verabreden sich, das „lokalok“ auszuführen
und bewegen einen „Jouenlok“ (der das Schneiden betreibt), die
Operation auf ihnen auszuführen. Derselbe vollführt dieselbe
mittelst eines scharf geschliffenen Messers, welches er in der
Hand versteckt hält, und führt er den Schnitt rasch und bei
Furchtsamen unvermerkt aus. Die Wunde ist bis 15 cm lang,
klafft ca. 2 cm weit und wird ohne besondere Vorsorge gegen
Fliegen und die Einwirkung der Luft offen gelassen; nur bei
dem Aufschneiden selbst fangt der Operirende das Blut mit
seinem Munde auf. Die entstehenden Narben gelten als Beweis
von Muth und die Männer der Nachbarschaft, dadurch gereizt,
erwidern mit einem ähnlichen Beweise der Bravheit. Manchmal
trinken sich die Leute Muth an, indessen am öftesten entsteht
findet man sie sehr oft auf den P e la u s und Y a p .
Das auf diesen Inseln sehr stark entwickelte Vereinswesen
macht oft das Tätowiren obligatorisch. Auch
das letzte Individuum gehört einem Vereine an und
beschliesst dieser, dass die noch nicht tätowirten Mitglieder
sich tätowiren sollen, so würde das sich aus-
schliessen wollende Mitglied an seine Freunde Strafe
zahlen müssen. Ich glaube nicht, dass auf der
ganzen Insel P o n a p e ein einziges Individuum dieses
Schmuckes, von dessen Erwerben überdies auch die
Möglichkeit der Verehelichung abhängt, entbehrt.1
Ethnographisch interessant ist der Umstand, dass
das zum Tätowiren benutzte Instrument auf Ponape
und Yap denselben Namen hat (kalij-kalis), was auf
ein Einführen der Sitte von einer dieser Inseln auf
der Entschluss zu der Bravour bei einem Trinkgelage und sind
die wenigen Bewohner der zu jokoits gehörenden und wegen der
Trunksucht berühmten P a k in - In s e ln sämmtlich, ohne Ausschluss
der Weiber, mit starken Narben bedeckt. Diese Vorliebe für Narben
und Orts-Ansehen derselben als Beweise der Tapferkeit erinnert an
die raufboldigen Kingsmill-Insulaner, wie überhaupt die Pona-
peer mit denselben und mit den Einwohnern der Pleasant-
Inseln auch die Neigung zum Genuss starker Getränke und zu
Raufereien theilen.
Die zweite Form des „lokalok“ ist die freiwillige Verstümmelung,
die auf Ponape in unglaublichem Umfange geübt wird.
Als Hauptveranlassung zu dieser Sitte wird die besonders in
Polynesien häufige Elephantiasis der Testikel angeführt und
haben die Ponapeer eine solche Abscheu vor dieser Krankheit,
dass eine geringe Anschwellung des einen Testikels schon
genügt, um dessen Besitzer zu der Operation zu veranlassen.
Als Abhülfe gegen die Folgen der Elephantiasis ist das Verschneiden
in einzelnen Fällen auch in Polynesien bekannt,
namentlich in S amo a, wo es „pua“ heisst, indessen auf Ponape
wird diese Operation zur eigentlichen Volkssitte, zur sy s tem atisch
b e triebenen S e lb s tve rs tüm m e lun g , die ähnlich wie
bei dem Narben schneiden „kopac - machen“ heisst (kopac-=
Schmuck im allgemeinen Sinne) und unter Nachahmung von Platz
zu Platz ohne besondere Veranlassung ausgeführt wird. In beiden
Fällen schmücken sich die Operiiten einige Zeit nach der
Operation mit gelb (mit Curcuma) gefärbten Schurzen, und die
nicht Operirten werden als nicht volle Männer, als Feiglinge
betrachtet; aus diesem Grunde dürfte es wenig Männer geben,
die sich der Operation entzogen haben, und giebt es manche,
die in einer nachträglichen auch den zweiten Testikel aufgaben.
Die Operation ist an keine bestimmte Zeit des Lebens gebunden,
ich fand Knaben von ca. 14 Jahren dieselbe unternehmend und
gleichzeitig alte Männer, die früher den Muth nicht hatten, diese
Vernachlässigung nachholend. Die ziemlich ernstliche Operation
wird ohne Umständlichkeiten oft durch die Person selbst-aus