dürfte, könnte man annehmen, dass joko-Trinker nach
Pelau gelangten und, den Piper methysticum nicht
anfindend, ihr National-Getränk durch Palmsyrup ersetzten.
Leider fehlen mir irgend welche Belege für
das Ava-Trinken' im Westen der Pelau-Inseln, und
wenn es sich heraussteilen sollte, dass diese speciell
Polynesische Sitte nicht früher vom Westen kommend
den Ersatz durch Syrup hervorbrachte, so würde das
Kar-Trinken einen Beleg für das Anlangen einer
ponapschen Sitte nach den Pelau-Inseln bilden.
Wenn weiter die Fahrzeuge der beiden Inseln sich
nicht als eine auf beiden Inseln unabhängige Anpassung
an die Bedürfnisse des Platzes eines und
desselben Modelles, nämlich des carolinischen Segel-
canoes erweisen, so ist die ponapsche Form die ursprünglichere.
Sie ist plumper wie die pelausche, so
sind z. B. die beiden ponapschen „tokowar“ , die den
Ausleger mit den Bugen verbinden, aus ziemlich
plumpen viereckigen Hölzern gebildet, während auf
den Pelau-Inseln diese für den Bau des Canoes sehr
bezeichnenden Theile durch sorgfältig gedrehte ^u-
• dap - Taue ersetzt sind. Dies bedeutet einen Fortschritt,
eine Verbesserung der früheren Einrichtung,
folglich konnte die letztere vom Osten her aus Ponape
kommen,. Unmöglich ist diese Zulassung nicht, denn
die pelauSche Tradition bemerkt deutlich, dass die
Kenntniss und Benutzung des -S.egels von Aussen kam
und zwar zuerst nach Arekolon im Norden von
Baobel^aob. Aus demselben Arekolon verbreiteten
die Augel’s oder die Aruhel’s über die ganze Gruppe
eine neue Cultur, ■ indem sie die heute bestehende
politische Einrichtung einführten, und bemerkenswerth
ist, dass der Hauptsitz der Augel’s, das alte Kolekl,
der Ursitz einer echt carolinischen Industrie, nämlich
des Schleifens der Khau-Scheibchen, ist. Diese Scheibchen
auf den Pelau-Inseln, einen schon eingegangenen
theuren Schmuck bildend, behaupten noch ihren hohen
Werth auf den Carolinen, und wie aus den Befunden
meiner Nachgrabungen in den Ruinen von
Nantauac auf Ponape bekannt, war die Bereitung
solcher Scheibchen auf dieser Insel sehr hoch entwickelt.
In Wirklichkeit übertreffen die alten ponapschen
Scheibchen die sämmtlichen heutigen Asson’s
der Caroliner in ihrer Ausführung, indem sich zwischen
ihnen die grösste und die kleinste Form auf den Carolinen
findet und beide mit der höchsten Vollendung
ausgeführt sind. Aus diesen Umständen dürfte man
den Schluss ziehen, dass d ie a lt e n P e la u e r e inen
T h e i l ih re r C ultur : d ie S e e fah r t , e in e A n z ah l
G o tth e it e n , d ie R e g ie ru n g , d ie B e re i tu n g
d e r K h a u ’ s, v o n Os ten h e r e rh a lten hab en.
Warum n ich t au s P o n a p e h ie rm it z u g le ic h
d ie T ä tow iru n g ? Der Uebergang konnte zu .
Zeiten stattgefunden haben, wo die zwischen Ponape
und Yap zerstreuten Völkerschaften durch eine lange
Isolirung nicht umgeändert wurden, wo sie noch
lebende Glieder einer Uebergangskette waren, die
eine östliche Cultur nach dem Westen vermitteln
konnten. Dieses konnte zur Zeit sein, wo das Czaluk-
R iff (Riff auf der Mitte), zwischen Ponape und Ruk
gelegen, noch eine Anhalte-Station der carolinischen
Seefahrer war, und wo die Sterne des Himmels, die
Wegweiser auf der See, auf Ponape und Yap, vielleicht
auch auf Pelau, im Bewusstsein des Volkes
lebten. Zwar könnte man einwenden, dass die zwischenliegenden
Inseln ebenso gut den Einfluss von Pelau
nach Ponape, wie auch umgekehrt vermitteln konnten,
indessen scheinen dagegen ausser der pelauschen Tradition,
welche die Ankunft der Augel’s vom Osten andeutet,
auch noch andere Umstände zu sprechen.
Zuerst, was die Leichtigkeit des Ueberganges anbetrifft,
so ist der Vörtheil der besseren Gelegenheit
auf der Seite -des Kommens vom Osten. Der östliche
Insulaner kann beinahe neun Monate im Jahre den
sicheren N.-O.-Passat benutzen, dagegen zur Rückfahrt
hat er nur drei Monate der Calmen und der
unsicheren westlichen Winde. Dieses mag die ver-
hältnissmässig oft von mir notirten Vertreibungen nach
dem Westen in der Neuzeit erklären, wie auch ferner
die Isolirung der westlicheren Inseln von den östlicheren.'
Andererseits, wenn das Tätowiren von Pelau nach
dem Osten gelangte, woher konnte es nach den Pelau-
Inseln gekommen sein? Wenn im Westen der Pelau-
Inseln sich weite Gebiete erstreckten, deren Völker
die Tätowirung kannten und zwischen demselben und
der pelauschen Tätowirung sich eine Annäherung,
ein Uebergang denken liesse, dann wären die scheinbaren
Möglichkeiten auf beiden Seiten gleich. Leider
fehlen eingehende Aufschlüsse über die Details der
Tätowirung im Westen, im Osten dagegen finden wir
noch zahlreiche Inselgruppen, die eine Tätowirung
aufweisen, und von welchen dieselbe nach Ponape
gelangen konnte. Die beiden heutigen Völker der
betreffenden beiden Inseln scheinen Mischvölker zu
sein und anthropologische wie ethnographische Ergebnisse
lasSen in beiden eine langschädelige Urbevölkerung
vermuthen. Ist dann die Tätowirung ein
Merkmal der helleren, polynesischen kurzschädeligen
Rasse, so musste dieselbe den langschädeligen Urbewohnern
durch die erstere zugebracht worden sein,
und in Hinsicht auf Ponape unterliegt es keinem
Zweifel, dass sich ein sehr starker polynesischer Einfluss
in der Vorzeit auf deren Cultur geltend machte.
Dieser Einfluss hinterliess auch seine Spuren auf den
umgebenden Inseln Kusaye und Ruk mit Mortlock,
wohin er vielleicht eben von Ponape gelangte. Vergleicht
man nämlich die Sprachen von Ponape, Mortlock
und Ruk, so wird man sich der Ueberzeugung
nicht verschliessen können, dass die Völker derselben
verwandt sind und einst in intimer Berührung mit
einander standen. Andererseits genügt eine oberpolynesischen
Einflusses sehr ausgesprochen dolicho-
cephal ist, kann man nur dem Umstande zuschreiben,
dass die Polynesier hier numerisch schwach auftraten
und nur mit der Macht ihrer höheren Cultur einwirkten,
wie es ja auch auf den Viti-Inseln der Fall
gewesen. Die Tätowirung kam dann nach Ponape
mit diesem polynesischen Einflüsse und verbreitete
sich von hier westlich bis nach den Pelau’s und öst-
Tätowirung der Männer auf den Marsehall-Inseln.
Sächliche Bekanntschaft mit den Verhältnissen des
polynesischen Lebens, um zu der Einsicht zu gelangen,
-dass die Cultur auf Ponape unter polynesischer
Führung zu Stande kam. Dafür sprechen unter andern
Umständen das so bezeichnende Ava-Trinken, das
Vorkommen einer besonderen Häuptlingssprache neben
der Volkssprache, beide mit zahlreichen polynesischen
Beimischungen u. m. A. Dass die heutige Bevölkerung
von Ponape trotz dieser so starken Spuren
lieh nach Kusaye, denn so viel mir bekannt, erstreckte
sich die kusaysche Tätowirung auch auf die Beine
der Insulaner und die Sprache der beiden Inseln ver-
räth eine frühere Berührung der Bewohner, wie auch
der Name für das Tätowiren auf beiden Inseln der
nämliche ist. Er lautet auf Ponape: „incin“, aufKusaye:
„sisim“ . Ich möchte deshalb die charakteristische, über
dem Trochanter abgeschnittene „dalabasakl“-Täto-
wirung, die auf den vier hohen Inseln der Carolinen