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7. C h e m i s c h e B e s t a n d t h e i l e .
Der Stock (ler meisten Equiscteen ist besonders reich an Stärkmehl und Kleber. Sie
enthalten ausserdem noch braunen, süssen Syrup (unkrystallisirbaren Zucker) und die verbrannte
Asche des Stengels enthält über die Hälfte Kieselerde (bei E. palustre unter 80
Gewichtstheilen 43 Theile; bei E. hyemale unter 62 Gewichtstheilcn 39 Theile). Ausserdem
findet sich in der Asche noch schwefelsaurer Kalk, kohlensaures, salzsaures und phosphorsaures
Kali, salzsaurcs und phosphorsaures Nalrum, phosphorsaurer Kalk, phosphor-
saures Eisen und Mangan, reine Kalkerde und höchstens ’/la Kohle.
8. Nutzen und Gehrauch.
Nur Svcnige Arien der Equiseteen leisten dem Menschen Nutzen, da sie weit häufiger
als verderbliche Unkräuter den Boden aussaugen und dem Ackerbau nachllieilig sind. Dieses
gilt besonders von E. arvense, Avelches jedoch auch in manchen Gegenden zur Streue
und zum Scheuern der Küchengefässc benutzt wird. Am häufigsten aber wird E. hyemale
von Tischlern und Drechslern zum Poliren des Holzes und Horns angeweiidel, wozu der
bedeutende Gehalt an Kieselerde diese Art besonders tauglich macht. Da die Kieselerde
hauptsächlich ln jenen Karlen zahnartigen Ilöckerchen enthalten isl, womit die Längsslreifcn
des Stengels besetzt sind, so erlangt dieser dadurch die Eigenschaft, gleich einer zarten
Felle die Oberfläche des Holzes anzugreifen und zu glätten. Nach SmelOWSKY, welcher
(Meni. de l’acad. de Petersbourg. Toi. I. 1 8 0 3— 1806.) zuerst der Knollen an dem Stocke
von E. arvense erwähnt, sollen dieselben zur Mästung der Schweine benutzt werden können,
da diese sie selbst als Leckerbissen gierig aufsuchen. Die Schwierigkeit, diese Knollen
wegen ihres meist sehr tiefen Vorkommens unter der Erde in hinreichender Menge zu
erhalten, ist jedoch zu gross, als dass ihre Benutzung ln dieser Hinsicht von einiger Erheblichkeit
seyn könnte.
In einigen nördlichen Gegenden sollen die Stengel einiger Arten als Pferdefutter benutzt
werden, besonders von E. sylvaticum, auch E. palustre soll von den Pferden ohne
Nachthell gefressen werden; dagegen E. arvense denselben, wie auch dem Rindvieh und
den Schaafen sehr schädlich seyn. Ueber die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit der Equl-
seteen als Nahrungsmittel fiir das Vieh herrschen Jedoch noch sehr verschiedene Meinungen.
Schon den ällern Botanikeim waren die harntreibenden Kräfte der Equiscteen bekannt,
und wir finden sie in ihren Schriften unter den diurelischcn Mitteln aufgeführt. Auch ¡n
der neuem Zeit wurden sic wieder zu demselben Zwecke empfohlen. Nach LenhOSSEK •)
* ) In den „Beobachtungen und Abhandlungen aus dein Gebiete der gesauinUcn praktischen Heilkunde von östcrr. Acrz-
tcn. Heraiisgegebcn von den Direktoren und Prof« issorcn des Studiums der Heilkunde an der Universität zu Wien.
Bd. 5. 1826. S . 39 2 — 4 0 8 ..
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besitzen alle Arten diuretische Kräfte; aber E. hyemale soll eine stärkere Wirkung äussern
als E. arvense, so dass es im frischen Zustande nur mit Y'orsicht angewendet werden
darf, weil es leicht BliUharncn erzeugt.
9. Fossile Ueberreste.
Unter den IJeberrcslcn der urwelllichen Flora finden sich Bruchstücke von Pflanzen,
welche in ihrem äussern Baue eine grosse Aehnlichkeit mit unsern Equiseteen besitzen und
die, wenn sie nicht zu den letztem selbst gehörten, denselben doch wahrscheinlich sehr
nahe verwandt waren. Diese sind die sogenannten Kalamiten N/crnZ*. NcA/oiA
Tab. VL Fig. 5. 6. 11.). Sic haben gegliederte Stämme, welche regelmässig gestreift und
zuweilen ringsum jedes Gelenke mit hervorstehenden Punkten versehen sind, die dem Ende
eines jeden Streifen entsprechen (Fig. 11.). Die Streifen des obern Gliedes wechseln mit
denen des untern ab, wie wir dieses bei den Stengeln der Equiseteen wahrnehmen, nachdem
die Scheiden um die Gelenke abgenommen worden sind. Die meisten Kalamiten haben
zwar eine glatte Oberfläche; es giebt aber auch Formen darunter, deren Streifen, wie
bei den meisten Equiscteen, mit rauhen Ilöckerchen bedeckt sind.
Der Hauptunlerschied der Kalamiten vou unsern lebenden Equiseteen besteht in ihrer
beträvhtlicheren Grosse; denn alle Bruchstücke deuten darauf hin, dass sie von baumartigen
Gewächsen lierrühren. Sie können aber demungeachtet zu dieser Familie gehört haben,
da noch jetzt in den Tropenläiidern einzelne Schaffhalmarten Vorkommen, welche eine
sehr bedeutende Grösse erreichen, und wenn wir erwägen, dass in den gemässigten Kli-
maten auch Ueherreste von baumartigen Farnen gefunden Averden, während m unsern Ta.-
gen die lebenden Farne von baumartiger Höhe nur noch in den Tropenländem Vorkommen,
so können wir aunehmcn, dass es ehedem auch in unsrer Zone baumartige Equise-
leen gegeben habe, welche durch jene Erdrevolution verschwunden sind, nach welcher die
Steinkohlenlager sich bildeten; denn nur in den letztem sind die Kalamiten anzutreffen.
Ein anderer Einwurf gegen die Annahme, dass die Kalamiten von schafthalmartigen
Gewächsen herrühren, könnte von dem Mangel der Scheiden und von dem Daseyn der
erhabenen Punkte um die Gelenke mancher Arten hergenonimen Averden. Da aber die Ka.-
lamiten baumartig Avaren und mithin einen mehrere Jahre dauernden Stamm haben mussten,
so konnten bei zunehmendem Alter die häutigen Scheiden an dem Stamme allmälig
verwittern, so dass die nackten Gelenke zum Vorschein kamen, und die erhabenen Punkte
können als die zurückgebliebenen Spuren der Gefässbüudel angesehen werden, weiche von
dem Stamme aus in die Scheiden übergiengen *). Es ist ferner auffallend, dass die Glicmit
* ) B rongniart (a . a, 0 . p. 1 9 .) g icbt eine Vcrgleicliimg des abgcbildeten Kalamitcnstai dem ,S te^n ^g e l rv-on
E q u is e lu m Um o sum , dessen eine Sclicide hinweggenommen worden tim die Narben der Gefassbitndel auf den En-
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