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In den Zellen des Keimes ist die grüne körnige Masse nielit gleicliförmig verthelll,
sondern ijald nach dem Rande, hald nach der Mitte derselben mehr angehäuft, wodurch
das ganze Keimgchilde eine verschiedene grüne Färbung erhält. Gcwölmlich haben die
äusscrslen Zellchen an der Spitze oder auf der Seite eine dunklere Farbe als die übrigen.
Obgleich die Keime seit der ersten Beobachtung bedeutend an Masse zugenommen haben,
so sind dieselben doch in diesem Augenblicke (vier Monate nach ihrer Aussaat) noch
so klein, dass sie sich nur mit Mühe durch das unbewaffnete Ange erkennen lassen. Aller
angewandten Sorgfalt nngcachtct, gicngen die meisten derselben schon nach mehreren W o chen
zu Grunde und nur wenige haben sich bis jetzt erhalten. Die nämliche Bemerkung
machte A g a r d i i , dem es eben so wenig gelingen wollte, die Keime längere Zeit zn erhalten,
indem sic schon nach einigen Wochen verschwunden waren. Ausser den Versuchen
mit E. palustre stellte er noch dergleichen mit E. arvense und E. Umosum an und fand
bei dem Keimen von allen ähnliche Erschcinimgen.
Glücklicher war A a U C I IE R , welcher nach fünfjährigen vergeblich wloderliohlten Versu-
cben endlich das cigeiilliche Keimpflänzcben von Equis. flu n a tile Lin. ans dem zackigen
Zclicngcbilde sich erheben sali. Nachdem das letztere zwei Monate hindurch, ohne bedeutende
Veränderung an Grösse und Gestalt zn erleiden, in dem bereits beschriebenen Zustande
geblieben war, erhob sich am Grunde desselben ein grünes Pünktchen, welches sich
allmälig vergrösserte und endlich zu einem sehr verkürzten Gliede mit einem vicrtheiiigen
Scheidchen wurde (Fig. 62.), woraus alsdann ein zweites und später ein drittes Glied u. s. w.
hcrvorlraf, die nun nach oben sich verlängernd und stets neue Glieder treibend, die junge
Schaftlialmpllanze darstcllten, während nach unten gleichzeitig eine Wurzcizascr sich entwickelte
und senkrecht in die Erde hinabslieg. Bald nach diesem Zclfpimkle fieng das zcl-
hgc Kciiiigcbilde an, samt seinen zarten .Wurzelzäserchen abznsterben.
Dicrnach wäre uns also über die vollständige Eiitwicklungsweise der Schafthalmpflanze
aus der Spore kein Zweifel mehr übrig. Nur ist zu bemerken, dass A g a r d i i die ersten
aus dCT Spore hervortretenden Kcimzellchen zu regelmässig abgehildet hat, wodurch dieselben
em kotyledonartigcs Ansehen erhallen.
Auch \A U C U F ,R glaubt, die Theilung der keimenden Spore in mehrere Lappen annehmen
zu müssen und nnr ans dieser vorgefassten Meinung können die Abbildungen entsprungen
seyn, wielche er (a. a. 0 . Tab. 27. Fig. 1. ii. 2 .) davon gegeben hat, ohne ihre
Zusammensetzung ans einzelnen Zellchen anzndeuten, wie dieses doch wirklich der Fall ist
Aber gerade diese allmälige Entwicklung nnd Anlagerung der Keimzcllchen zuerst ans der
Spore nnd dann immer aus den früher hervbrgetretenen Zellchen dringt nns die Ueberzen-
gnng auf, dass eme Vergleichung mit Samenlappen hier keineswegs statt finden kann Auch
spricht gegen jene Ansicht die Beobachtung, dass dieses zellige Keimgchilde erst allmälig
seine Wurzelzäserclien treibt, die sich in demselben Veiliältiiisse vermehren, wie die Zcl-
loumasse sich vergrössert, eine Erscheinung, die bei den wahren Kotyledonen nie vor'
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kommt, welche vielmehr von dem Zeitpunkte an, wo sie sich aus dem keimenden Samen
erhoben, durch den Verlust der dem Keinipflänzchcn aus ihnen zuströmenden Nahrungsflüssigkeit
allmälig an Grosse abiiehnien und zusannnenschwinden.
Demnach kann von einem vorgebildelen Embryo in den Sporen keine Rede seyn, da
dieser in allen Fällen, wo er vorhanden ist, unmittelbar in die künftige Pflanze auswächst.
Es ergiebt sich vielmehr sowohl aus den von AgäRDH und V a u c h e r , als auch von mir
angestellten Beobachtungen, dass die Schaflhalme, gleich den meisten der übrigen krypto-
gannschcn Gewächse, bei dem Keimen zuerst durch den Zwischenzustand eines unvollkomm-
neren Keimgebildes — eines Y'orkelmes {Proernhryo) — in den Zustand des wahren
Keirnpflänzchens übergehen. Dieser aus bloser Zelleuniasse bestehende Vorkeim giebt gleichsam
nur den Boden ab, aus welchem sich die eigentliche K e im p fla n z e (Plántula) entwickeln
soll, gerade so, wie dieses bei dem herzföi-migen, rein zelligen Vorkcimc der Farne
der Fall ist, bei welchem auf ähnliche Weise erst später das mit Gefässen versehene Keimpflänzchen
hen'ortrilt. YVlr sehen aber auch bei den Schafthalmen, Avie bei den keimenden
Farnen, dass die keimende Spore nur unter günstigen Umständen zur wahren Schafthalmpflanze
sich entAvickelt, Avonn aber die zur Aveitern EntAvicklung erforderlichen Bedingungen
fehlen, auf jener niedrigen Stufe längei-e Zeit beharren kann oder auch schon auf dersel-
ihr Leben bcschJiesst.
Wiewohl der Yoi’keim seiner Entstehung nach nicht mit den Samenlappen der höheren
Pflanzen A'crglichen werden kann, so ist doch seine jenen analoge Funktion, nämlich
die erste Ernährung des Keimpflänzclieiis nicht zu verkennen. Dabei spielt er aber noch
eine bedeutendere Rolle in der EntAvicklungsperiode der keimenden Spore und stellt an sich
ein noch wichtigeres Glied bei dem Keimungsakte der kryptogamisciien Pflanzen dar, als
die Kotyledonen des Samens, Aveil er zuerst dem eigentlichen Keime das Daseyn geben
muss, bevor er die geAvöhnliche Verrichluiig der Samenlappen ausüben kann, die sich blos
auf die Ernährung des gleichzeitig mit ihnen im Samen v'orgehildeten Embryos zu beschränken
scheint. Es lässt sich demnach das Keimgchilde der kryptogamischen GeAväcbse
erst dann mit dem im Samen cingescldossenen Embryo in Parallele stellen, nachdem sich
das Keimpilänzchcn aus dem Y'orkeime (Fig. 62.) zu entAvickeln begonnen hat.
Merkwürdig und dem Kcimungsacte der Schafthalme und übrigen höheren Kryptogamen
eigeiuhümlich ist die Bildung von zweierlei Wurzelzasern, nämlich der des Vorkei-
raes und der des Keirnpflänzchens. Die letztem sind jedesmal stärker und fester als die
erstem; aber auch darin liegt ein Avesentliches Unterscheidungsmerkmal dieser Wurzelzaser
von dem Würzclchcn des Keimes saraenlappiger Pflanzen, dass dieselbe nicht zur senkrecht
absteigenden HauplAvurzcl Avird, sondern dass sich, Avie aus dem Keimen der Farnspore
noch deutlicher erhelli, mehrere solcher Wurzelzasern in dem Verhältnisse, wie sich die
Stengel oder Wedel des Kelmpflanzchens vemiehren, seitlich ansetzen, der unterirdische
Stock aber gleich von Anfang nach oben Avächst oder vielmehr erst durch das AbAverfen
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