Erst in der dritten Flora erhalten wir wieder die Uiberzeugung von einer in
einer längeren Zeitperiode ansgebreiteten Vegetation, die aus eigentümlichen Landpflanzen
bestand, welche hinreichenden Kohlenstoff darbieten konnten und sich als
Nadel- und Laubhölzer verschiedener Arten darbieten, von denen man manchesmal ganze
Stämme mit wohlerhaltener Holztextur antrifft.
Die Erklärung der Entstehung der Braunkohle aus versumpften, in Moor übergegangenen
Wäldern, welche durch Orkane niedergestürzt worden und sammt der Moor-
erde in Kohle übergegangen sind, wird ziemlich allgemein angenommen. Solche Geflechte
von Wurzeln, von kleineren Pflanzen und von Moosen (Sphagnum), wie sie in
den Mooren der Jeztwelt Vorkommen, werden in der Braunkohle nicht angetroffen, obgleich
Exemplare Vorkommen, die an dem einen Ende noch vollkommene Holzstruktur
zeigen, indem sie an dem andern Ende in erdige Braunkohle zerfallen. In der erdigen
Braunkohle hat Prof. Dr. Göppert ganze unversehrte Holzstücke, Aeste von der Erle mit
Blüthenkätzchen und erkennbaren Staubfäden, Samen von Ulmus und viele andere Beste
von Pflanzentheilen nacbgewiesen, welche mehr oder minder deutlich zu bestimmen
sind. Dass eine sehr grosse chemische Verwandtschaft zwischen den Bestandteilen des
Torfes und der unsere jetzigen Moore bildenden Pflanzenarten, vorzüglich des Erio-
phorum vaginatum, der Carex caespitosa, des Sphagnum palustre und der Erica vulgaris
statt finde, hat Herr Prof. Wiegmann sen. zu Braunschweig:,:) nachgewiesen; eben so,;
dass zwischen den Bestandtheilen des Torfes und jenen einiger bituminösen Hölzer und
Braunkohlen eine grosse chemische Bildungsähnlichkeit in Rücksicht des Gehaltes und
der Arten der Säuren, der Harze und Erdharze und der Kohle selbst darbiete, welche
wir als Winke für künftige Untersuchung auch anderer Kohlenarten den Herren Chemikern
dringend empfehlen.
Bisher hat uns die Chemie über den Uibergang aus der erdigen Braunkohle bis
in die Pechkohle noch keine Aufklärung verschafft, so wie überhaupt über die Formation
der Pechkohle in dem Kalkgebirge in Tyrol, Steyermark und in Ungarn im grauer-
Comitat zu Bagna Saärsasz selbst die geognostischen Verhältnisse nicht hinreichend
ausgemittelt sind. Die Braunkohlen sind unter sich sehr verschieden, daher man noth-t
wendiger Weise schliessen muss, dass sie nicht gleichzeitig und aus sehr gemischten
Pflanzen gebildet sind. Die organischen Merkmale des Holzes sind darin oft ganz) verwischt.
Sie sind gleich der Steinkohle sehr weit verbreitet und mächtig; dieses deutet
auf eine grosse und andauernde Begebenheit, welche aber eben so wenig als der Untergang
der ersten Vegetation die Lebenskraft der Natur gehemmt hat, denn .es gehen dieselben
oder ähnliche Pflanzen herauf in den Grobkalk, wechseln auch da mit Tangen
ab und setzen sich fort bis in die lezten Aufschwemmungen von Lehm und Sand. Die
Möglichkeit, die allmählige Entwicklungsgeschichte des Pflanzenlebens auf der Erdoberfläche
zu verfolgen und darzustellen, ist also gegeben; die Mittel sie durchzuführen
müssen wir uns aber erst schaffen und zum Theil von der Zeit erwarten.
Die Erkenntniss der Vorwelt kann nur aus der genauen und sorgfältigen Erforschung
der Jeztwelt hervorgehen, so sehr auch immer die Verhältnisse der wirkenden
Kräfte und der daraus hervorgegangenen Resultate verschieden gewesen seyn mögen.
Der Hauptunterschied liegt im Maasstabe. Damals umfassten sie den ganzen Erdball
im allgemeinen oder wenigstens einen grossen Theil desselben, während jetzt sich nur
individuelle Analogien darbieten; es lassen sich aber auch schon daraus sehr wahrscheinliche
Rückschlüsse ableiten, z. B. aus den Wirkungen eines einzigen Vulkanes
oder eines bedeutenden Erdbebens. Die Erhebung des Monte nuovo bei Neapel, der
Insel Sabrino unter den Azoren, der Insel Julia, auch Ferdinandea genannt, zwischen
^) Viber die Entstehung, Bildung und das Wesen des Torfes. Eine von der le. pr.
Academie gekrönte Preisschrift von Dr. A. J. Wiegmann sen., Professor zu
Braunschweig. 1837.
der Westküste Siciliens und der Insel Pantelaria, die erst im Jahre 1835 erfolgte Erhebung
der Insel Santa Maria in der Conceptions-Bay, welche nach genauen Beobach-;
tuogen des Capitän F itz-R o y in Folge des Erdbebens vom 2 0 Februar 1 8 3 5 um acht
Fuss über den Meeresspiegel höher hervortrat; in einem noch viel grösseren Verhältnisse
die Erhebung des von Alexander von Humboldt ausführlich beschriebenen Jorullo
in Mexico sind Begebenheiten, welche wohl dazu dienen können, ähnliche, wenn auch
weit grössere, deren Spuren unsere Erdoberfläche darbietet, zu entziffern.
Die Veränderungen der Erdkruste, welche besonders unter dem heissen Erdgürtel
durch gewaltige Erdbeben hervorgebracht werden, das Zurückweichen des Meeres an
einer und dessen Vordringen an einer anderen Küste, das Versanden der Buchten, zumal
an den Einmündungen dqr Flüsse, und das Vermengen der Gebilde des Süsswassers
mit denen des Meerwassers oder von Landpflanzen mit Tangen und Schalthieren sind
ebenfalls analog mit den Begebnissen , die wahrscheinlich einstens das pariser Becken
betroffen haben. Wie viele ähnliche und gewiss die Wissenschaft fördernde Bemerkungen
könnten noch gemacht werden, wenn auch nur unser Europa genauer erforscht
wäre. Was wisseu wir denn wohl Bestimmtes über die Pflanzen der Vorwelt aus der
pyrenaeischen Halbinsel? Wie äusserst wenig wissen wir über das unermessliche russische
Reich, wo häufig Kohlenlager Vorkommen und auch wohl benüzt werden?
Soll dieser Zweig des Wissens mit anderen naturwissenschaftlichen Abtheilüngen
gleichen Schritt, halten, so ist unbedingt' nothwendig, dass die Vorsteher der Bergwerks-
Departemente und die Academiën in das Mittel treten, wie es im Königreiche Préussen
bereits eingeleitet ist. Alle bei Kohlenwerken angestellte Beamte haben den Auftrag:
erhalten, von den Vorkommnissen bei und mit der Kohle eine Sammlung bei dem betref-,
fendeu Bergamte anzulegen, welche jenen Mitgliedern der Academie oder einer Universität,
die sich mit diesem wissenschaftlichen Zweige beschäftigen, zur Einsicht und
Bestimmung mitgetheilt werden. Hiedurch wird ein reichhaltiges Material gesammelt,
welches die Grundlage des Studiums der Flora der Vorwell ist. Die Academiën hingegen
müssen, wie wir schon im ersten Hefte dringend gebeten haben und diese Bitte
hier wiederholen, die Flora der Vorwelt mit in ihre naturwissenschaftlichen Instruktionen
für die naturforschenden Reisenden aufnehmen, welche entweder Weltumseglungen
oder Reisen in das Innere anderer Welttheile unternehmen.
Die sich immer weiter verbreitende Dampfschiffart wird zu Entblössungen von
Kohlenlagern an verschiedenen Küsten führen. Wo Kohlen bearbeitet werden, ■ sind
auch Pflanzenabdrücke vorhanden, eine Zeichnung von einem Abdrucke ist schnell entworfen
und ein geringer Ballast für den Reisenden, und geognostische Bemerkungen sind
ohnehin schon vorgeschrieben; damit wäre das Wichtigste behoben, was dermal unser
Vorschreiten hemmet, und in wenig Jahren würde dieser Wissenschaftszweig eine Bedeutsamkeit
erhalten, die, auf dem engen Raume, auf welchem man dermal eingeschlossen
ist, nicht erworben werden kann.
Was wir in der Zukunft zu erwarten haben, wenn ein hinreichendes Material
herbeigeschaft sein wird, verbürgen uns die Leistungen ausgezeichneter Botanikër, die
sich in der neuesten Zeit mit diesem Studium befasst und ein neues Feld der Vergleichung
durch Beobachtung der Organisation, sowohl an versteinerten, als auch an den
in mechanischen Niederschlägen vorkommenden Pflanzen eröffnet haben, denn selbst die
negative Bestimmung, was sie nicht sind und nicht seyn können, dient uns vielleicht
als Fingerzeig, die Lücken, die wir in den Familienreihen der Pflanzen der Jeztwelt
erkannt haben, mit diesen verloren gegangenen auszufüllen.
Die Bestimmung der fossilen Farren war bisher, wenn sie der Fructificationen ermangeln,
wie es meistens der Fall ist, sehr schwer, indem das einzige wesentliche Unterscheidungsmerkmal
sich auf den Verlauf der Venen in den Wedeln beschränkte, welcher bei Bestimmung
der jeztweltlichen Farren nicht in Betrachtung gezogen, daher auch selten angeführt
worden ist. A. Brongniart hatte daher auch den Wunsch ausgesprochen, die lebenden Farren
nach dieser Venenvertheilung zu bestimmen und zu ordnen, wodurch die Bestimmung der
vorweltlichen Farren um vieles erleichtert werden würde. Einer solchen Arbeit hat sich
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