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Antlierenrippe (Stipitulus Rieh.) bildenden Staubfaden (Filaroentum), dessen Gefässbündel
noch in die Rippe seiner oberen terminalen, als sehuppenförmiges Connectivum bekannten
Ausbreitung übergeht., Diese terminale Schuppe, und ferner die an den beiden, Seiten
der Antherenbeutel herablaufenden Kanten beweiseu die Tendenz; des Coniferen-Fila-
in ent ums sich häutig auszubreiten, und bei den jeztlebenden Coniferen sehen wir diese
Neigung als terminale Antheren-Scbuppe, oder als Schild (bei Taxus) auftreten, und bei
ersterer Form sind die Staubbeutelfächer ihrer ganzen Länge nach mit dem Filamentum
als Connectivum verschmolzen, oder vielmehr ihm eingesenkt, während bei Lepido-
strobus nach Brougniarts trefflichen Aualysen (Hißt, II. Taf. 2 4 . fig. 1-^-3.) das Fila-
meutum die grade entgegengesezte Tendenz zeigte, unterhalb der Staubbeutelfächer sich
häutig auszubreiten, und breite am Grunde verschmälerte Flügel zu bilden, um nach
obeu als Connectivum sich zum schuppenförmigen Staubbeutel zu erweitern, und gleichsam
sackförmige rhombische Antherenfächer zu bilden.
Die Flügel des Staubfadens der Lepidostrobi mahnen noch an die bei den Coniferen
der Gegenwart an der äusseren seitlichen Fläche des Staubbeutels vörkommenden
Kanten, während in der rhombischen Form des Connectivum die Schildform desselben
bei den Taxinéeu bezeichnet ist , nur sind bei Taxus die Antherenfächer dem schildförmigen
Connectivum unterhalb angefügt, während sie bei Lepidostrobus aus dem Hohlraume
des Connectivum selbst gebildet worden sind. Im Connectivum der Lepidostrobi
ist als Kante auch die Rippenbildung in der Schuppe der jeztweltlichen Coniferen - Anthère
deutlich ausgesprochen, und völlig analog sähen wir diese Schuppen und ihre
Rippen an den trefflich erhaltenen Querbruche des von Hrn. Brongniart Taf. 23. fig. 6.
so schön abgebildeten Lepidostrobus gebaut.
Nach Herrn Brougniarts Zeichnung (Taf. 23. fig. 2. b.) hat sich der Staubbeutel
der Lepidostrobi nach oben geöffnet, ähnlich jenen der Ephedra; aber die männlichen
Bliithenkätzchen der jeztweltlichen Coniferen stehen alle aufrecht oder sind aufstrebend,
wodurch sowohl bei den schildförmigen als auch schuppenförmigen Antheren die Oeffnung
der Fächer derselben stets nach abwärts gerichtet ist. Es lässt sich aus mancherlei
Ursachen vermuthen, dass die so grossen vor weit liehen männlichen Blüthenzapfen, die
wir Lepidostrobus nennen, hängend waren, und dann haben sich deren Staubbeutel ebenfalls
nach abwärts geöffnet.
Lepidostrobus, nach unserer Umschreibung, und Araucarites Göppertii Sternb. sind
als männliche Blüthenzapfen, Pinites und Dammarites aber als weibliche oder Fruchtzapfen
einer den Coniferen ähnlichen oder gleichen Pflanzengruppe der Vorwelt
zu betrachten.
Die Ovarien der Lycopodiacéen, welche Bischoff Sporocarpia tetrasporaea nennt,
können wir völlig übergehen, da unseres Wissens noch keine Analoga aus der Vörwelt
bekannt sind ; so auch die Untersuchung und Vergleichung des Pollen und des Samens
der Lycopodiacéen und Coniferen.
Wir versuchten den Bau der Lepidodendra zu erklären, wie auch die Bedeutung
der Lepidostrobi zu erörtern, und fanden, dass erstere im Habitus und äusserem orga-
nographischem, so wie innerem anatomisch-histologischem Baue den Crassulaceen der
Jeztwelt weit mehr als anderen Familien verwandt sind, und sich innerlich und
äusserlich strenge von den Lycopodiaceen sondern. Ferner haben wir die Lepi-
dostrobi gesichtet, und ihren analogen Bau mit den männlichen Blüthen der Coniferen
nachgewiesen, früher aber schon gezeigt, dass es für kritische Naturforschung bis
heule unerwiesen ist, dass die Lepidostrobi die Früchte der als Lepidodendra bezeich-
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neten vorweltlichen Bäume sind, und durch die Nachweisung des dicotglen Baues der
Lepidodendra, und durch die hier gegebene Deutung der Lepidostrobi dargethan,
dass in der Schwarzkohlen-Formation ausser den Cycadeen und Coniferen auch
noch andere dicotyle Pflanzenreste Vorkommen. Wir wissen wohl, dass viele Leser
unserer etwas mühsam zu folgenden Darstellung abhold sein werden, um nicht die Idee
einer regelmässig aufsteigenden Entwicklung des Pflanzenlebens in der Vorwelt aufgeben
zu müssen; aber die Thatsacheu sind einmal gegeben, und nicht die Wahrheit
der lezteren, sondern nur ihre individuelle Deutung kann negirt oder abgeändert werden.
Leider konnten wir nicht alle gegebenen Thatsachen für unsere Zwecke abbilden, und
mussten uns mit ermüdenden Verweisen auf fremde, zu anderem Gebrauche gefertigte
Zeichnungen begnügen, wodurch manches dunkel geworden ist, und vieles andere nur
angedeutet werden konnte. Aber der wahre Naturforscher unserer Zeit wird die Mängel
und Lücken der Darstellung und des Raumes sich selbst ergänzen können, und diese
Skizzen wie auch diesen Nachtrag mit Liebe zur Wahrheit und Forschung beurtheilen.