Comparative phytotomische Skizzen.
Iiycopodien, Farren, Schafthalme, alle mono - und alle dicotyledonaren Pflanzen
besitzen einen, obgleich sehr verschiedenartigen Holzkörper, welcher stets als Stütz-
orgau das Skelet dieser Pflanzen bildet. Der Holzkörper aller holzbildenden Pflanzen
erscheint in drei Hauptformen, welche durch unzählbare Abänderungen vielfach mit einander
verbunden sind, und durch diese stufenweisen Uibergänge die Identität und den
Zusammenhang der einzelnen dieser Formen beurkunden. Diese drei Hauptförmeu sind:
1. Der isolirte Gefässbündel, welcher aus Holzzellen und Gefässen bestehend,
einen einfachen, fast durchaus gleich starken Holzstrang bildet, und den wir in der
Axe der Lycopodien vereinzelt, in den Stämmen der monocotyledonaren Pflanzen z. B.
Pandanus, Yucca, gesellig, in den Rhizomen der krautartigen Farren und den Stengeln
dicotyledonarer Kräuter in Kreise geordnet erblicken.
2. Der bandförmige Gefäss- (besser Holz-) Bündel, welcher vorzüglich deutlich
entwickelt in den Stämmen der baumartigen Farrenkräuter, und in den Wurzelstöcken
der Pteris aquilina und der Struthiopteris germanica (jedoch weniger entwickelt,)
erscheint.
3. Der ringbildende Holzkörper, dessen einfache Ringe uns in Bambusa, Arundo,
Quada, jungen Cycadeen, und in den einjährigen Aesten aller unserer Baume (z. B.
Sambucus, Betula, Quercus), so wie auch in den Stengeln vieler ausdauernder oder
einjähriger Kräuter (Verbascum, Nicötiana, Onopordon etc.) sichtbar sind. Die vieljährigen
oder ausdauernden Stämme legen jedes Jahr, wie bekannt, solche neue ringbildende
Holzkörper, die dann Jahrringe genannt werden, über die früheren. Betrachtet
man aber alle diese engverbundenen Jahrringe als einen einzigen Holzkörper,
so bildet er ebenfalls einen Ring, welcher innen das Mark umschliesst, und ausserhalb
vom Rindenparenchym (der Rinde) umschlossen wird.
Der einfache und zentrale Holzbündel der Lycopodien ist gleichsam aus mehreren
verschmolzen, und diese Verschmelzung ist nur eine seitliche, mithin unvollkommene,
indem man in denselben keine eigentliche Axe findet, um welche die einzelnen
Gefässe und die dieselben durchziehenden Holzzellstreifen geordnet sind. Diese Unregelmässigkeit
unterscheidet Lycopodium von allen anderen uns bekannten Pflanzen,
und auch unter denen der Vorwelt finden wir für diese eigenartige Bildung des Holzkörpers
kein Analogon. Wenn Herr Witham den Stamm des Lycopodium clavatum
(s. The internal Structure of fossil Vegetables. Tab. XII. fig. 8.) mit den Stämmen des
Lepidodendron Harcourtii verglich, so dürfte die daselbst angenommene Analogie doch
wohl nur auf schwachen Vergrösserungen, Freiheit des Zeichners, und in nicht hinreichender
Würdigung der einzelnen, im Querschnitte erscheinenden und zu vergleichenden
Organe beruhen. Noch abgeschiedener erscheint die Bildung des Holzkörpers
bei Lycopodium (Selago, recurvum, complanatum, alpinum, clavatum etc.), wenn wir den
Mangel eines vom Holzkörper umschlossenen Markes erwägen. Zwar haben sehr viele
monocotyledonare Pflanzen auch kein Mark, aber dessen Stelle vertritt in diesem Falle
das durch den ganzen Stamm gleichartig verbreitete, saftige, markähnliche Parenchym
z. B. bei den Palmen, Yucca, Dracaena u. a. m., welches die einzelnen Holzbündel
trennt, und sie völlig umgibt. Noch auffallender ist die Zerstreuung der Gefässe in
der vom Baste umgebenen Holzzellmasse, welche wir abermals in der Art bei keiner
anderen Pflanzenfamilie finden, denn bei den Monocotyledonen, Gräsern und einjährigen
Krautern mit isolirten Holzbündeln, finden wir immer die Gefässe gegen die Mitte des
Stammes zuliegeud, und nach aussen durch einen gewöhnlich halbkreisförmigen Holzzellbündel
umgebèn. Nur bei den ausdauernden holzbildenden Pflanzen, den Laubbäumen
sehen wir die Gefässe im Jahrringe zwischen den Holzzellen eingestreut, wie
solches Kieser in seinem schönen Werke „Mémoire sur l’organisation des Plantes“
(Tab. XIV. fig. 67.) am Querschnitte des Holzes von Quercus Robur abbildet. Der zentrale
Holzkörper der Lycopodien ähnelt sehr dem zentralen Holzkörper der Wurzeln
einiger Monocotyledonen und Farren, welchen ebenfalls eine Markaxe fehlt, aber die Gefässe
derselben sind anders vertheilt.
Im trockenen Zustande erscheint der Lycopodien-Holzbündel sternförmig, und
könnte dann leicht zu einer Verglëichung mit dem sternförmigen Gefässbündel (s. u.
Taf. LXI. fig. 1 — 9. b. b. fig. 11. 12. f.) der Staarsteine verleiten, die um so unnatürlicher
wäre, als der Gefässbündel der Staarsteine gar keine, weder von ihm umschlossene,
noch ihn umschliessende Bast- oder Holzzellen zeigt, und sich daher enge
an die den Wurzeln der Farne eigene Holzbildung anschliesst. Da wir in der Petre-
faetenwelt bisher kein Analogon des Lycopodien - Stengels gefunden, so wollen wir für
jezt dessen fernere Betrachtung fallen lassen, und wir hätten ihn völlig übergangen,
wäre er nicht von Witham mit dem Baue der Lepidodendra verglichen und ähnlich befunden
worden.
In den parenchymatösen Stämmen der meisten Monocotyledonen, als den Palmen,
bei Musa, Pandanus, Yucca, Aletris, Dracaena, in den knolligen Stämmen von Isoëtes,
Cyclamen, von Typha und Amomum finden wir den einfachen, im grössten Theile seiner
Länge ! vereinzelten Holzbündel wieder, aber schon umgibt ihn der Bast nicht mehr
kreisförmig; und als geschlossener Kreis wie bei Lycopodium, sondern der Bast ist als
seitenständiger, stets nach der Periphärie des Stammes gerichteter Zellbündel unvollständig.
Bei denjenigen Formen dieses geselligen Holzbüudels, die dem von Lycopodium
am nächsten stehen, finden wir noch die Spuren des durch breite Markstreifen in mehrere
isolirte zerlegten Bastzellbündels (s. Mohl de Palm. Struct. Tab. F. fig. 8.), und man
kann oft bei den verschiedenen Holzbündeln einer Pflanze die Uibergänge vom noch vom
Baste ringförmig umschlossenen Holzbündel bis zur obenbeschriebenen Form deutlich
verfolgen, wie es der so verdiente Mohl in seinen trefflichen Untersuchungen über die
Palmen an Corypha frigida (Tab. F. — fig. 1 — 8.) gethan. In fig. 1 und 3. ist der
Gefässbündel völlig scheideuartig vom Baste umschlossen, jedoch liegt der Gefässbündel
nicht mehr im Zentrum, sondern der Bast zeigt schon durch seine excentrische Lage,
dass er zu einem geselligen Holzbündel gehöre. In fig.. 2. 4. 5. aber hat Mohl jene
Formen abgebildet, wo die Pflanze Holzbüudel besizt, welche nur an einer Seite mit
Bastzellen umgeben sind , während an der innern, der Mitte des Stammes zugekehrten
Fläche,1 den Holzbündeln die Bastzellen fehlen. In fig. 6. der oben angeführten trefflichen
Tafel zeigt Mohl schon das Erscheinen der nach innen stehenden, jedoch vereinzelten
Bastzellbündel (f. f.). ln fig. 7. haben sich schon zu dem ersteren Bastzell-
bündek(f.) noch vier kleinere seitliche (k. a. p. q.) zugesellt, welche in andern mehr
entwickelten Holzbündeln derselben Pflanze endlich eine halbmondförmige Gestalt anuehmen,
und um das Holz desselben einen durch grosse Markstreifen getrennten unvollständigen
Cylinder (fig. 8. a. o. p. k. q. f.) bilden. Jedocb ist noch immer die grösste Bastmasse
nach aussen, der Periphärie des Stammes zugewendet.
Alle Formen des markigen, aus isolirien Holzbündeln bestehenden Stammes, deren
Hauptformen die monocotyledonaren Pflanzenstämme, z. b. Yucca, Pandanus und die
gesammten, nicht rohrartigen Palmen repräsentiren, sind nach diesem Typus gebaut, und
in Querschnitten betrachtet findet man die Holzbündel in dem sie umgebenden Marke
ungleichartig vertheilt, so zwar: dass die meisten derselben am Rande dicht gedrängt
stehen, und oft nur durch sehr schmale, kaum deutliche Marklagen getrennt, während in
der Mitte desselben sie sehr vereinzelt - und durch grössere Markmassen getrennt erscheinen.
Nahe der Aussenfläche sehr alter Palmenstämme berühreu sie sich oft wechselseitig,
und verschmelzen endlich durch Verflechtung und Verwachsung in der äusser-
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