würdiges Fragment, welches wie Pisonia und Cissampelos zwischen seinen Jahrringen
eine ausgezeichnete Parenchymlage besizt, jedoch sind dessen Markstrahlen viel geringer
denn bei den oben genannten Pflanzen entwickelt.
Den mit geschlossenen einfachen ringförmigen Holzkreisen versehenen, oben beschriebenen
Monokotyledonen, stehen die Kräuter mit geschlossenem Holzcylinder nahe,
wie, um unser gemeinstes Beispiel beizubehalten — Verbascum, Onopordon, und ferner
die einjährigen Triebe verschiedener Sträucher und Bäume, oder deren Safttriebe, wie
bei Sambucus. Diese Form des dikotyledonaren Holzcylinders unterscheidet sich jedoch
auf den ersten Anblick von jenen der monokotyledonareu Kräuter durch die graden
durchlaufenden, oft in regelmässigen symetrischen Entfernungen gestellten Markstrahlen,
wie solche sehr schön Ilr. Kieser in seinem Memoire Taf. XVI. fig* 7 5—^76. au Rubus
fruticosus abgebildet hat. Uibrigeus ist ihr histologischer Bau genau derselbe, wie bei
den einzelnen Jahrringen unserer anderen dikotyledonaren später zu beschreibenden
Bäume. Er zeichnet sich jedoch von demselben durch die von ihm umschlossene grosse
und breite Markaxe aus, und bildet hierdurch die Mittelform, welche die Holzbildung
und den Stammbau der dikotyledonaren Bäume mit denen der Cycadeen verbindet. Aber
bei lezteren sind die histologischen Unterschiede so überwiegend abweichend, dass wohl
keine Verwechslung nach dem jetzigen Staude der Wissenschaft und ihren Entdeckungen
denkbar ist.
Der zusammenhängenden Darstellung willen haben wir diese bisher im Pflanzenreiche
unbeachtete Stammform beschrieben, und wollen nun ihre Wichtigkeit für die
Petrefaktenkunde dadurch darthun, dass wir die lebende Familie, worin selbe als normale
und höchst eigenartige Bildung auftritt, eines genaueren histologisch-anatomischen Studiums
würdigen, um feste und überzeugende Gründe für die Verwandtschaft derselben
mit einer grossen, höchst eigenartigen, üntergegangenen Pflanzengruppe darzulegen. Wir
werden hier nämlich strenge darzuthun suchen, dass die. Crassulaceeu der Jeztwelt in
Hinsicht anatomischen Baues mit den Lepidodendra und Lycopodiolithen der Vor weit
innigst verwandt, ja fast, völlig gleich gebaut-sind, wie Lukis ”*) und Prof. Gö'ppert
bereits bemerkt haben.
Wir wollen für unseren Zweck zuerst den rohen anatomischen Bau der einzelnen
Stammtheile des Sempervivum canariense (s. Taf. A. fig.. 1—7 .) mit denen des Stammes
von Lycopodiolithes dichotomus (Taf. A. fig. 1 6—17.) vergleichen. Leider standen uns
keine so grossen Exemplare des von Lukis untersuchten Sempervivum arboreura zu Ge-
bote, und wir behalten uns vor, an einem anderen Orte diese Vergleichung noch weiter
durchzuführen.
Die äussere Stammfläche (fig. 1.) ist mit einem sehr regelmässigen Narbennetze
bedeckt, welches seine Narben ebenfalls spiralig und gedrängt gestellt besizt, wie wir
es bei den wahren Lepidodendra’s , z. B. bei Lepidodendron obovatum, aculeatum, cre-
naium sehen.
Von diesen der Oberhaut des Stammes angehörenden Narben öder Insertionen
der Blätter wird später gesprochen werden. Unter dieser Oberhaut liegt unmittelbar
das rindenbildende Parenchym (fig, 1, 3.), welches fleischig, ist, und aus grossen sechs-
eckigten Zellen (fig. .5. 6.) besteht, welche Stärkmehlkörper und Chlorophyll enthalten
(fig. 6.). Unter dieser Lage , des . Rindenparenchyms liegt unmittelbar der Holzcylinder
(fig. ,1. 3.). Er besteht aus Holzbastzellen (fig. 5. 7.), zwischen denen einzelne gruppen-!
weise vereinigte Spiral- oder poröse Gefässe (fig. 7. 8. A.) zerstreut liegen. Die Hölz-
bastzelle besizt eine mehrschichtige getüpfelte Wand (fig. 8.), und ist, wie alle .ihrer Gattung,
von spindelförmiger Gestalt (fig. 8. A.). Der Holzcylinder bildet einen ; Ring
(fig. 1. 3.), welcher nach innen das Mark umschliesst. Er enthält sehr wenige und
* ) Lukis Es(/u. Remarks and Illustrations on the Decay of the Stems of succulent
Plants, Magaz. pf.nat. History Jan. iS S 4 . p. 32.
sehr kleine, oft nur aus einer einfachen Zellreihe bestehenden Markstrahlen. An der
Aussenfläche betrachtet erscheint dieser rohrförmige Holzcylinder mit spiraliggestellten
Maschen besezt (fig. 1. 4.), welche durch die sich schlängelnden und verflechtenden
Holzbündel gebildet werden, und nur im Zentrum jeder einzelnen Masche eine eiförmige
senkrechtstehende Spalte, für den Austritt des zum Blattstiele laufenden Markes lassen.
Am oberen noch sehr fleischigen domförmigen Stammtheile (z. B. des Sempervivum ur-
bicum Taf. A. fig. 9. und 11.) sind diese Holzmaschen sehr gross und zart, und die
Marköffnungen weiter, während sie nach abwärts durch An- und Uiberwachsen der
neueren und älteren Holzbündel allmählig mehr geschlossen (s fig, 4.), und nach Abfallen
des Blattes oft völlig obliterirt werden, in welchem Falle nur eine Vertiefung und
Narbe wie in fig. 4. zurückbleibt.
Das vom Holze umschlossene Mark besteht aus einem sechsseitig-zeiligen saftigen
Parenchyme (fig. 5.), welches sehr dem äusseren Rindengewebe ähnelt.
Macerirt man absichtlich, • oder verfault zufällig ein Sempervivum, so sah ich stets
die Rinde mit ihren Narben und den Heizkörper am längsten der Verwesung und Zerstörung
widerstehen, während die Parenchymzellen der Rinde und des Markes längst
durch Auflösung völlig verschwunden waren.
Vergleichen wir nun den bei Lycopodiolithes dichotomus (Tab. A. fig. 16.) sehr
gut erhaltenen Holzcylinder und seine respective Lage am fossilen flachgedrückten vorliegenden
Exemplare, so finden wir denselben unter der mit netzförmig gestellten Inser-
tionsnarben bedeckten Oberhaut oder Rindenhaut liegen, welche noch die bei den jezt-
lebenden Semperviven und Crassulaceeu überhaupt, an der Stammhaut vorkommeude
braune Farbe besizt. Vergleicht man fig. 4. als äussere Fläche des Holzcylinders von
Sempervivum canariense mit der ebenfalls vergrösserten äusseren Fläche des Holzcylinders
(fig. 17.) von Lycopodiolithes dichotomus Sternberg, so wird man eine höchst
merkwürdige Uibereinstimmung der Form, Lage und Bildung der Holzbündel und der
Maschen und Markstrahlen beider Pflanzen erkennen. Leider haben wir im Hölzcy-
linder des Lycopodiolithes dichotomus keine genauen Strukturverhältnisse beobachten
können, sondern nur kleinere und grössere Faserbündel entdeckt. Bedenkt man aber
die Kleinheit der Gefässe und Holzzellen der jezt lebenden Semperviven, so wird man
das Verlorengehen der Struktur im flachgedrückten Petrefakten leicht erklärlich
finden. Aber wir waren so glücklich, in einem anderen, nicht flachgedrückten, mit Lycopodiolithes
verwandten, und in dieselbe Familie und Stammform gehörenden Fragmente
des Lomatofloyos crassicaule (Taf. LXVI. fig. 1 0—14.) Strukturverhältnisse aufcufindeny
welche jenen des Holzcylinders der Semperviven gleich sind, indem der Holzcylinder
(fig. 11.) aus Bastzellen oder Holzzellen (fig. 13. 1.) mit spärlich eiugestreuten Spiraloder
Treppengefässen (fig. 13. 14. m. m.) besteht.
Zu dieser Stammform, als dessen Norm wir hier Sempervivum darstellten, und
die vorzüglich häufig bei den krautartigen Dicotyledonen auftritt, müssen wir noch
mehrere vorweltliche Pflanzenformen zählen, von welchen Holzcylinder bekannt sind,,
wie Rhytidolepis fibrosa Artis 1. c. pag. 9. Taf IX. fig. 1. und Lepidodendron, vielleicht
auch Lepidofloyos.
Sehr nahe verwandt mit der Stammform der Semperviven ist jene der Stigmaria ficoi-
des, welche Verwandtschaft vorzüglich durch die Narben und den Holzcylinder hervorgerufen
wird. Aber durch wichtigere, aus dem Totalausdrucke des Wachsthums und aus dem
Dome hergeleiteten Gründe bestimmt, werden wir sie zu der Stammform der colunmaren Euphorbien
bringen, und mit einem ihr sehr ähnlichen Repräsentanten der Jeztwelt vergleichen.
Um voreiligen Schlüssen vorzubeugen, und zu zeigen, dass Stigmaria ein die Crassula>-
ceen- und Euphorbien- oder Cactus-Stainmform verbindendes Mittelglied ist, haben wir hier
den Stamm und die Blattnarben der Portulaccaria coccinea (Taf. A. fig. 13w 13. 14. 1 5 .)
abgebildet, und ersuchen diese mit den Abbildungen der Stigmaria ficoides in' der Flora der
Vorwelt und in der Fossil Flora zu vergleichen. Zwar ist die Oberhaut der Portulao*
caria glatt, während jene der Stigmaria bald faltig bald glatt war (s. Fi. d. Vorw.-
Taf. XV. fig. V. Heft V. VI.), aber die Insertionsnarben stehen beiderseits spiralig, und