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Worte zur Beglaubigung unserer früheren Behauptung 'Wiedergeben : „II me paraît donc
certain qu’entre le tissu cellulaire délicat et généralement altéré, que traverse les faisceaux
vasculaires des feuilles, et le tissu cellulair fin et regulier, place au centre de Vaxe
de la tige, il existe une zone étroite, formant un cylindre parfaitement continu, sans
rayons médullaires, entièrement composée de tubes rayés transversalement, d’un diamètre
assez inégal etc.“ Wir ersehen hieraus, dass die Gefässbündel. einen wirklichen
geschlossenen Holzcylinder bilden, der das zartzeilige Mark umschliesst. Dass die
grösseren Gefässe naeh innen, «die kleineren aber nach aussen liegen, geht ebenfalls aus
folgenden Worten deutlich hervor: mais dont le s (tubes rayes) plus grands sont placés
du côté du centre de la tige, et dont les plus petits, places, extérieurement u. s. w.
Diese kleineren Gefässe sind gewiss nur den unteren Anfängen der zu den Blättern
laufenden Bündel angehörig, wie auf das bestimmteste gesagt wird:, „et les plus
petits -— forment des , lignes saillantes . qui s’isolant bientôt de ce cylindre vasculaire,
constituent les faisceaux vasculaire des feuilles etc.“ — Herr Brongniart beschreibt ferner
auf Seite 42. sehr trefflich den Verlauf dieser für die Blätter bestimmten Gefässbündel;
aber nicht nur die Lepidodendra, die Lycopodiacéen und Farren haben diese von der
Holzaxe entspringenden und im ßindenparenchyme von unten nach auf- und auswärts
bogenförmig zu den Blättern laufenden Gefässbündel — alle anderen Pflanzen, welche
gerippte Blätter besitzen, müssen diese „faisceaux vasculaire des feuilles“ ;, ebenfalls
zeigen, da der Holzkörper der ganzen Pflanze ein vielverzweigtes iunigst verschmolzenes
System bildet, zu welchem jeder einzelne Gefässbündel gehört.
Ferner geht aus den Abbildungen Witham’s, Lindley’s und der Beschreibung Brong-
oiarts deutlich hervor, dass im Holzcylinder des Lepidodendron Harcourtii Hie Gefässe
stets von einem (einzelligeren Gewebe begleitet sind, welches wahrscheinlich dem Bastsysteme
angehören dürfte.
Aus Herrn Lindley’s Beschreibung sehen wir aber, dass jedes der den Hoilz-
cylinder constituirenden Bündel aus Zellgewebe und Gefässen, und einem, leeren Baume
zwischen diesen beiden besteht, so dass im Querschnitte betrachtet (Foss. Flor. Taf. 99.
fig. 1. a.) der Gefässbündel in der Mitte liegt, aus Treppengefässen (fig. 4 .1 . e.) besteht,
von einer organisationsleeren Zone scheidenartig umgeben ist, und gleichsam in dem
zwischen ihm und den Bastzellen liegenden Versteinerungs - Materiale schwebt.
Hieraus geht deutlich hervor, dass entweder der Gefässbündel durch die Macération
verkleinert, oder ein Theil des die Gefässe umschliessenden Bastes zerstört worden ist,
welches leztere der wahrscheinlichere Fall seyn dürfte. Im Gefässbündel des Lepidodendron
Harcourtii ist also die Gefässmasse theilweise vom Baste gesondert gewesen,
und in demselben zu eigenen kleinen Bündeln versammelt. Ganz analog finden wir bei
Sempervivum canariense und urbicum (s. Taf. A. fig. 5. 7.) die viel spärlicher vorhandenen
Gefässe in solche Bündel versammelt, welche durch grosse Bastzellparthieen
getrennt sind. Auch Lommalofloyos crassicaule nob. zeigt dieselbe Anordnung der Gefässe
(s. Taf. LXVT. fig. 12. 13.), und der Herr Geh. Rath Link hat in seinen schönen
anatomisch-botanischen Abbildungen häufig dieses Versammeln der Gefässe zu Bündeln
im Holze dicotyler Pflanzen, namentlich bei Helleborus u. v. a. abgebildet. Lepido-
deudron Harcourtii gehört in Hinsicht seines Holzcyliuders und dessen histologischen
Baues gewiss einer dicotylen Familie an, und da sowohl sein Holzcylinder, seine Stammform
und sein Rindenbast, als auch die dicke parenchymatöse Rinde denselben Organen
bei unseren jeztweltlichen Crassulacéen vollkommen ähneln, so wird man auch Lepidodendron
Harcourtii in ihre Nähe stellen müssen. Ob aber Lepidodendron Harcourtii
generisch übereinstimmend mit den anderen Arten der Lepidodendra gebaut ist, können
wir durchaus nicht behaupten, jedoch haben wir oben gezeigt, dass sein noch erhaltener
Bast- und Holzcylinder mit jenen von uns bei Lepidodendron dichotomum und
bei Sagenaria, z. B. aculeata gesehenen u. m. a. in Hinsicht äusserer Form übereinstimmt.
Jedoch ist zu bedauern, dass Herr Brongniart die auf Seite 4 1—42. beschriebene
Struktur des von ihm selbst untersuchten Querschnittes des Lepidodendron Harcourtii
noch nicht genau abgebildet hat, indem sich erst dann hieraus ergeben hätte, ob Wilhams
oder Lindleys Bilder naturgetreuer sind, und wohin Lepidodendron Harcourtii zu stélten
sey, da es durchaus nicht zur Gattung Lepidodendron gébracht werden darf, indem der
primäre Charakter der Lepidodendra: die BlaMpolster und Narben dem deboriieäten
Lepidodendron Harcourtii fehlen. Es dürfte daher gerathen seyn, aus diesem Fragmente
eine éigene Interimsgattung zu bilden, und dieselbe mit LommatoflöyoS zu der Familie dèr
Crassulacéen zu stellen, da die Lycopodiacéen keinen Holzcylinder zeigen* und dié Trep-
peugefässform in den Pflanzen der Vorwelt so allgemein war, dass sie alle anderen Formen
überwog, und man könnte sagen fast ausschliessend das Holzsystem vorweltlicher,
auf uns übergekommener Pflanzenreste bildete. Uiberdies machen die grossen Treppen-
gefässe im Holze der Lycopodiacéen nicht dessen primären Charakter, da die Filicis
und manche Familien phanerogamer Gewächse, dieselben ebenfalls in grosser Menge,
oft auschliessend zeigen^ und diese so hohe Entwicklung des Tracheal'Systems auf ganz
eigene uns unbekannte Modifikationen des Respirationgeschäftes und atmosphärischer
Einflüsse in der Vorwelt schliessen lässt, wie es heute noch bei! eihigeh tropische«
Pflanzenfamilien der Fall ist, welche ebenfalls so hohe Entwicklungen des Tracheäb*
systems zeigen. Wir können überdies Herrn Brongniarts anatomischer Darstellung nicht
folgen, indem aus dem gemischten Gebrauche der Worte Tubes und Vaisseaux nicht
deutlich hervorgeht, was Gefäss oder Zelle, 'Treppen- oder Spiralgefäss und vielleicht
nur Spiral fiber zelle ist Uiberdies liegt der anatomische Charakter der Art immer nur
im Totalausdrucke aller Organe, und nicht bloss in den diese lezteren constituirëndeii
Elementartheilen, wie Zellgewebe, Gefässe, Bast u. a. m., deren stets mehrere vereinigt
sein müssen, um ein anatomisches Organensystem zu bilden, wie bereits in der histologisch
anatomischen Einleitung (Seite H—XIII.) gezeigt wurde.
Vergleichen wir nun die bei Lepidodendron Harcourtii aufgefundeuen Strukturverhältnisse
mit jenen der Lycopodiacéen, Crassulacéen und mit jienen des Stammes voii
Psilotum, so werden sich noch grössere Differenzen als die bisher aufgeführten zwischen
dem Baue der Lycopodiacéen und der Lepidodendra ergeben. | Vergleichen wir aber
gleichzeitig Lepidodendron Harcourtii mit den anderen Lepidodendra - Arten und der
Stammform der Crassulacéen, so wird sich ergeben, dass diese vorweltliche:Pflanzen*
gruppe die Stammform der leztgenannten jeztweltlichen besass, und daher ihr näher
verwandt seyn dürfte, als alle anderen uns bekannten und von uns untersuchten Familien;
überdiess haben wir schon oben den dicotylen Bau der Lepidodendra dargethan.
I. D i e R i n d e .
Diese besteht immer aus der Epidermidal-, der Bast- und der Parenchymschichte»
Bei Lepidodendron Harcourtii fehlt leider
A. d i e E p i d e r m i s ;
aber bei Lepidodendron dichotomum, den Sagenaria-Arten u. v. a. ist sie vollständig
erhalten, und besizt eine eigentümliche Narben- und Blattpolsterbildung, welche wie
wir bereits obeu bewiesen haben, keine der jeztweltlichen Familien, die Qrassulaceen
ausgenommen, mehr zeigt. Am entferntesten von dieser ist die Narbenbildung der, Rinden,
der Monocotylen und Acotylen, vorzüglich aber der Farren und Lycopodiaceen, wie
sowohl Vergleichung der Natur und unserer bekannten Abbildungen, als auch eine natur-
gemässe Deutung des Gesehenen beweisen wird. Die, Epidermis der Lepidodendra zeigt
Blattpolster (s. uns. Taf. 68. fig. 1—9.), welche denen der Semperviva (Taf. A. fig. 1.
3. 9. 1 0.) fast ganz gleich gebaut sind, und deren InSertionsnarben (Taf. 68»:%. ;
a. a.) genau dieselbe Zahl und Stellung der zu den Blättetn laufenden Gefässbündel
wie die Seinperviva zeigen. Die Semperviva werfen ihre Blätter ab, die Lycopodiaceen
der Jeztwelt werfen sie nicht ab, bilden daher keine so regelmässig gebauten Blattnärheü
und Polster, und zeigen nichts von einer solchen Gefässbündelzahl und ähnlichen Vßr-
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