B r o n g n ia r t erklärt den anatomischen Bau der lebenden Schachtelhalme durch
genaue Abbildungen auf der Tafel 11 und 12; letztere Tafel ist grösstenlheils nach Bis
c h o f s kryptogamischen Gewächsen dargestellt. Auf beiden Tafeln hat Brongniart
den Bau des Equisetum fiuviatile uud E. limosuni auseinander gesetzt. Sowohl das Werk
von Brongniart als auch das von Bischof ist den Botanikern bekannt, wir glauben daher
das Meiste davon übergehen zu können, das Einzelne wird bei der Aufzählung der
Arten besprochen werden.
Die gegenwärtige geographische Yertheilung der lebenden Equiseten ist nach Brongniart
folgende. Neu-Holland ausgenommen, werden sie allenthalben gefunden, in geringerer
Zahl gegen die Pole, gar nicht auf den höheren Alpen. Die grösste Art Schachtelhalm
(Equisetum gigauteum) findet sich auf den Antillen, und erreicht die Höhe von fünf
Schuh; die kleinsten Arten finden sich in Norden, nemlich E. scirpoides in Canada, E.
reptans in Lappland; ihr Wachsthum wird also durch Wärme begünstigt. Sie wachsen
gemeinschaftlich, überziehen oft ganze Strecken feuchter, sumpfiger Gründe, und man findet
auch Uiberreste derselben manchmal im Torf, ob sie gleich gegenwärtig nicht auf
Torfmooren gefunden werden. Die geognostische Verbreitung der schachtelhalmartigen
Pflanzen. #eigt einen allmähligen Üibergaug von der Uibergangsformation bis zu unserer
Zeit. In dem älteren Kohlengebirge, und in den Anthracitlagern der Alpen, der Vogesen,
von Nordamerika und in ganz Deutschland so wie in Indien zeichnen sich allenthalben
die Calamiten von bedeutender Grösse aus, denen die Scheiden der Equiseten mangeln.
In den untersten Ooliten bei WTiitby, in dem Keuper-Sandstein und seinen Begleitern erscheinen
die Equisetiten von allen Grösseverhältnissen. In den obersten Schichten der
Erdkruste sind die Equisetiten den jetztweltlichen Equiseten sehr ähnlich.
In Folge dieser Aehnlichkeit der in den obersten Schichten der Erdrinde vorkommenden
versteinerten Equiseten mit den noch dermal lebenden hat Brongniart nach
seinem in der-Einleitung ausgesprochenen Grundsatz diesen Versteinerungen den Namen
der noch lebenden Pflanz^ngattung gegeben, wobei er sich bloss durch die Uibereinstim-
mung der vegetativen Theile leiten Hess, indem ihm die Fruktifikationstheile unbekannt
blieben, und er die Beschreibung derselben im Gattungscharakter von den lebenden Equiseten
entlehnte.
als selbst den männlichen Blüthen anderer Phanerogamen. Zieht man dazu den
Uibergang de, Cupressus durch Ephedra zu Casudrina in Betrachtung, sb möchte
wohl hem Bedenken gegen die Annahme von Verwandtschaft oder wenigstens Vergleichbarkeit
des Equisetum hinsichtlich der männlichen, nicht der weiblichen BlumentheUe,
mit den Coniferen statt finden.------------" £ £ 3 - Der Umstand, dass
man einen grossen Hiatus und wenige Zwischenglieder zwischen den Coniferen und
Equiseten findet, bestärkt vielmehr unsere Meinung, „l, er sie schwächte; denn
gerade m dieser Gegend des Systems sind die meisten Formen bei den Revolutionen
der Erde verloren gegangen. Die Calamiten, Phytotheken, Asterophyllilen,
die Volkmnnnien, Annularien, die baumförmigen Equiseten aus dem Grobkalklager
der pariser Gegend und dem Kohlenlager bei JVhitby, die Menge fossiler
Coniferen, Cycadeen und Filicinen, die Brachyphyllen, Gyrogoniten, die Früchte
in den Lagern von Stonesfield u. s. w. deuten alte auf eine Vegetation hin,
welche fa st ganz untergegangen ist und nur einige Formen hinterlassen hat,
die sich oft durch nackte Samen und gekränzte Cotyledonen charakterisiren,
und von allen eccistirenden Vegetationsformen dadurch verschieden eine eigene
Reihe bilden, welche, wenn sie vollständig vorhanden wäre, sich fa st von eben
so bedeutender Ausdehnung, als heutiges Tages die der Monokotyledonen und
Dikotyledonen zeigen würde. Dass es also grosse Lücken zwischen Equisetum
und den Coniferen geben müsse, geht aus diesen Bemerkungen deutlich hervor.”
Zwischen diesen von Brongniart als eigentliche Equiseten anerkannten Pflanzen
und den Calamiten sind noch einige vielleicht selbst der Gattung nach verschiedene Pflanzen
aus den unteren Ooliten und den Keuper - Sandsteinen vorhanden, über deren Einschaltung
mehrere Zweifel erregt wurden, weil noch, kein unzweifelhaftes Merkmahl ihrer
nächsten Verwandtschaft mit den Equiseten nachgewiesen werden konnte. Dieser Zweifel
ist nun gehoben. Herr Graf Münster,, dem die Naturwissenschaften schon manche
Entdeckungen verdanken, war so glücklich, mehrere Exemplare von einem blühenden Equisetum
zu finden, welches mit den gegenwärtigen Equiseten so übereinstimmt, dass wir
mit Gewissheit oder wenigstens mit der grössten W ahrscheinlichkeit behaupten dürfen, dass
unsere dermaligen Equiseten- auch Representanten in der vorweltlichen Flora besassen, obgleich
sie von den dermal bekannten verschieden sind, was wahrscheinlich bei fast allen
Pflanzenversteinerungen in den älteren Formationen der Fall seyn wird.
An diese Pflanze als /lern Träger des Gattungscharacters werden sich nun mehrere
anschliessen, besonders jene, welche an den Abgliederungen eine Streifung und in das Innere
hineinreichende Spuren einer Organisation darbieten, und an den Abgliederungen sich
gerne ablösen, wie jene Abgliederungen bei Lindley *), bei Jaeger * *)#), bei Bernhard Cotta
***), unser Equisetites Bronnii, und die von Brongniart als Equiseten aufgezählten Arten
ausweisen. Wir behaupten keineswegs, dass alle Pflanzen, welche wir als Equisetites aulführen
werden, den aufgestellten Gattungscharacter besitzen,, es sind höchst wahrscheinlich mehrere
Gattungen, welche sich dermal noch nicht characterisiren lassen, hier vereint; da sie
sämmtlich Blattscheiden besitzen, so unterscheiden sie sich wenigstens dadurch von den
Calamiten, denen wir keine zuzähleu. In der Flora der Vorwelt sind übérhaupt alle Bestimmungen
von Pflanzen, von denen keine Fruktifikationen in den Versteinerungen bekannt
sind, (und diess ist der gewöhnliche Fall), nur bedingt, sie werden in der Folge
der Zeit durch glückliche Entdeckungen viele Veränderungen erfahren. Von den Equiseten
lassen sich die Calamiten durch die Abwesenheit der Scheide und durch die öfter
eintretende Verengerung an den Abgliederungeü wohl unterscheiden. Wahrscheinlich sind
unter den Calamiten mehrere Gattungen verborgen; aber eine richtige Auseinandersetzung dieser
verschiedenen Gattungen,, und vollends jene dei* Arten ist aus den Bruchstücken, wie sie
uns zu Gebothe stehen, noch nicht zu erwarten, 1 denn wir haben noch nie das Glück gehabt,
einen ganzen Calamiten — Stamm mit Wurzeln, Aesten und Blättern zu finden, um
alle Verhältnisse beurtheilen zu können; wir wissen noch heute nicht, ob die verengt zulaufenden
Enden der Stämme nach abwärts als eine, Pfahlwurzel oder eigentlicher als ein
unterirrdischer Stamm (Rhizoma) gerichtet sind, oder ob sie nach aufwärts gerichtet
sind und gleichsam eine Pyramide bilden. Ein Jeder hat die Calamitenstämme nach Wrill-
kiihr abgèbildet, ohne eigentlich zu wissen, ob sie auf dem Kopfe oder auf den Füssen
stehen.
Adolph Brongniart äusserte die Meinung, dass die an einem Ende abgerundeten
Calamitenstämme den Wurzelstamm (Rhizoma), die zugéspitzt sich verlaufenden hingegen
die oberen Endungen des Stammes darstellen. Diese Meinung können wrir nicht theilen,
da es nicht wohl denkbar und aus Erfahrungen der gegenwärtigen Vegetation nicht bekannt
ist, dass innerhalb eiuer und derselben, oder doch sehr nah verwandten Gattungen
die Natur eine solche Verschiedenheit eintreten liesse. Das Abkürzen der Abgliederungen
gegen das Ende -der Stämme ist bei den abgerundeten wie bei den mehr in eine Spitze
zulaufenden ganz dasselbe. : Besitzen diese Pflanzen wirklich Wrurzelstämme (Rhizomata),
so werden die einen wie die anderen unterirdisch seyn, das Verkürzeil der Abgliederungen’
kann aber eben so gut am oberen als am unteren Theil des Stammes statt finden, die Tu-
*) Lindley et Hutton the fossil flora o f great Brittain, 1, p. 64. t. 20.
**) Jaeger die Pflanzenversteinerungen des Bausandsteins von Stuftgard> tab. 4. f l 3.
5 , 9. g. h. m.
***) Bernhard Cotta die Dendrolitheny tab. 10. f l 3. 4.