Der VerfclTer hat fich’s zur Pflicht gemacltt, keine Figur in fein Werk aufzunelimen, die niclit
unmittelbar unter feinen Augen nacli der Natur verfertiget w ä re ; er bediente fich zu diefcr Abflcht
der befien Kiinftler, deren Werth man fclion aus Jaquins unfterblichen Werken kennt.
Nebft den lateinifchen Nahmen nicht nur nach L in n i, fondern auch nacli verfcMedencn neuern
Autoren, wird bey jeder Art auch der Deutfche, Englifche, und FranzSfifche angegeben, bey den
Einheimifchen aber auch der in Öfterreich gewöhnliche Provincialnahnie beygeftigt.
Da aber die bisher in den Grenzen der Griinezeit eingefchränkte Kenntnlfs der Gewächfe bey
einer allgemeinen Baumzucht unzulängiicli ift, wann beym Überfetzen , und überhaupt bey den gewöhnlichen
Vermehrungsarten, als zu welcher Zeit weder Blüthen noch Blätter vorhanden lind,
keine fcliädlichen Irrungen entliehen follen, fo können diefem Mangel an genauer Kenntnlfs in einer
Jahrszeit , in welcher doch alles von der beftimmteften Richtigkeit der Setzlinge, Pfropf- und Steckreifer
abliängt, genaue Abbildungen der blätterlofen'jungen Zweige, als die einzigen anwendbaren
Kennzeichen abhelfen, durch welche wir die Holzarten im entlaubten Zullandc nach iliren Gattun-
gen und Arten zu unterfcheiden im Stande find.
Man glaubt den Liebhabern durch die beygefügten, der Natur fo genau als möglich nachge-
bildeten Figuren der blätterlofen Zweige einen nützlichen Dienll geleiftet zu haben , und man
fchmeichelt fich, dafs eben diefe jungen Zweige, bey einer genauem Beobachtung der Knofpen, der
Waffen, der Gabeln, des Standes, der Richtung, der Form, der Oberftäche, des Überzuges, des
Durchfchnittes, und der innern BefchafFenheit zur Bildung fchärfer beftiinmter Grenzlinien zwifchcn
gewilTen bisher noch zweifelhaften Baumarten vieles beytragen könnten.
Die Arten, Meßilus und Crataegus, fcheinen zum Beyfpiele diefe Vermuthung zu beftätigen,
denn bey denjenigen , deren Samen in einer harten Hülle eingefchlolfen fmd , entfpringen die
Frucht-Oder Blütheknofpen meiliens an den zweyjährigen Äflen, und lind, fo wie die Blattknofpen,
rund , oder abgeflumpfet. Dagegen tragen diejenigen , deren Samen eine weichere Kapfel einfchlies-
fet, die Bltithknofpen nicht nur an dem Ende der Triebe des vorigen Sommers, fondern fle nehmen
auch den Obertheil derlelben ein, wogegen die Elattknofpen an dem untern Theiie der Zweige hervor
kommen, beyde aber, Blatt-und Blütheknofpen , lang und fpitzig fmd,
Nebft einer genauen Kenntnlfs der Bäume und Sträuche hängt der gute Erfolg einer allgemeinen
Baumzucht vorzüglich von der Vermehrung ab , die entweder natürlich, oder künltlich ift.
Die natürliche Fortpflanzung gefchieht durch Samen , oder durch Ausläufer.
Die künftliche, wann fle gleich bey der Holzwirthfchaft im Grofsen nicht ganz anwendbar ift,
hat dennoch ihre befondern Vortheile, und wird bey Fortpflanzung des guten Obftes, und verfchie-
dener anderen, aus Samen erzogenen Abarten, wie auch bey Vermehrung derjenigen Pflanzen, die
aufser ihrem Vaterlande keine Samen bringen, unentbehrlich. Sie dienet ferner zur baldigen Erlangung
vieler Samenbäume, mittelfi welcher wir den Anbau fremder Holzarten wohlfeil, und lieber
im Grofsen treiben können. Sie gefchieht jederzeit mittelft abzufondernder TJieile der zu vermehrenden
Pflanze, durchs Ablegen, oder Einflecken, beydes entweder in die Erde, oder in Stämme, die
man fich leicht verfchaffen kann, die aber jederzeit in der Natur, und den Eigenfchaften mit der zu
vermehrenden Pflanze überein ftimmen muffen.
Beym Ablegen, oder Einfenken, wo der Mutterftamm den abgelegten Theilen indeflen noch
einige Nahrung mittheilet, bis diefelben fich felbft zu erhalten im Stande find, mülTen die Zweige,
wann fle in die Erde abgeleget werden follen, fo niedrig an dem Stamme gewachfen, oder der Stamm
felbd fo biegfam liäyn, dafs beyde zur Erde gebogen, mittelfi Haken befeliiget, und mit Erde bedecket
werden können.
Sind aber die zu vermehrenden Bäume hochllämmig, und die Stämme tteif, dabey noch Urfa-
Chen vorl.anden, welche die Erhaltung der zu vermehrenden Pllanzen nöthig machen, fo können im
Nothfalle mit Erde gefüllte, mit Moos bedeckte, und in belUindiger Anfeuchtung erhaltene Spalt-
töpf'e aogeweudet werden.
Sicherer, und weniger mülifam ifi die Vermehrung, wann man diefe hochfiämmigen Bäume im
März dicht an der Erde wegfchneidet, die Wunde mit Wachs , oder auch nur mit Thon beklebet, die
Wurzeln ein wenig enlblöfset, und die Erde rund herum locker erhält. In dem darauf folgenden Sommer
werden eine Menge Lohden hervor fprolFen, welche den Frühling darauf mit weniger Mühe ab-
gelect werden können. Diele zu vermelirenden Stämme müffen aber vom Samen, oder von Ausläufern
gezogen feyn, und 3 — 6 Zoll im Durchfchnilte an der Erde meffen; um aber das Bewurzeln zu befördern,
können an den in die Erde einzulegenden Theilen, einige Querfchnitte gemacht, oder aber
diefelben mit feil zufammen gedrehtem Eifendrahte unterbunden werden; eine Methode, die der Ver-
falTer fogar bey jenen Holzarten vom befien Erfolge begleitet fand, deren Zweige bey der gewöhnlichen
Ablegungsart Jahre lang unbewurzelt in der Erde lagen.
Das Einlegen in andere Stämme, welches unter dem Nahmen des Abfäugens bekannt ift, gehet
langfam von Statten, hat manche Unannehmlichkeiten, und ift daher nur im aufserften Nothfalle
anzuempfehlen.
Durch das Einftecken ganz getrennter Theiie in die Erde lallen lieh von einigen leicht wurzel-
fchlagenden Bäumen und Sträuchen in kurzer Zeit eine Menge erziehen, wann man junge, wenigßens
eine Spanne lange Zweige, au einem fchattigen Orte dergeftalt einpllanzet, dafs beym Einftecken
die Rinde nicht verwundet, und höchftens nur zwey Augen aufser der Erde gelalTen, diefe Stecklinge
auch , wahrend der Sommerhitze, gegen das Austrocknen verwahret werden.
Die Einfügung ganz getrennter Theiie in andere Stämme ift das Pfropfen und Einäugeln.
Das gewöhnlichfte, und anwendbarlle Pfropfen gefchieht vor der Bewegung der Säfte in den
Spalt, oder auf die fchrege Fläche; in die Rinde aber, wann der Saft fich in Bewegung zu fetzen
beginnet, wobey man die Pfropf-Reifer im Anfang des März abnimint, diefelben vier oder fechs Wochen
lang im Keller, in nalTem Leim, verhält, und wann der Saft de.s Stammes fclion, bey wärmerer
Frühlingsluft, in voller Bewegung ift, in die Rinde einfuget. Endlich, wahrend der völligen
Bewegung des Saftes im Sommer, hat auch das Eioäugeln allein Statt.
Unter allen diefen bisher bekannten künftlichen Vermehrungsmitteln läfst fich, bey einigen Bäumen
und Sträuchen, nur eine, bey ändern mehrere, und wieder bey ändern lalTen lieh alle mit gutem
Erfolg anwenden.
Wann es ja möglich ift, die Handgriffe aller diefer künftlichen Vermehruugsarlen, ohne Übung,
durch Befchreibungen, oder Abbildungen zu erlernen, fo ift diefes der Fall bey denjenigen, welche
Dü Hamei, v. Münchhaufen, und vorzüglich v. ßurgsdorf in Anfeliung diefesGegenftandes mit einer
unübertreffbaren Deutlichkeit geliefert haben.
Die Baumfchulen, deren Beftimmung eigentlich die Erziehung der Pflanzen ift , muffen nicht nach
der, in fo manchen Büchern empfohlenen Methode, auf einem zu fchlechten Boden angelegt werden,
in welchem die Gewächfe keinen freudigen Wuchs haben können; junge Pflanzen bedürfen eben fo
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