• » .
a b u l a 71.
D e r gemeine Spindelbaum.
Evonymus Europaeus. Linn.
The common Spindle-tree.
Le Fusain des bois.
D em öllerreichiichea Landmanne ift diefe , in allen gemäJTigten Europäifchen Landern gemeine Art
unter dem Nahmen Pfaffenkappel bekannt. Wo fie freudig und häufig wächft, kann mit Gewifsheit
auf einen zum Holzanbaue guten Boden gerechnet werden. Unter günftigen Umftänden, und wenn
man in der Jugend die untern Afte abnimmt, erwächft diefer gemeine Spindelbaum zu einem jg— ug
Fufs hohen Baume, deffen Stämme die Dicke von 4— 8 Zollen imDurchmeftererreichen. Die vielen
ausgebreiteten Äfte bilden eine ziemlich regelmälTige Krone, die mit dem frifchen Grün der Blätter
und den am Ende des Sommers reifenden rofenrothen Früchten gefchmückt, ein ungemein fchÖnesAn-
fehen hat. An ßeinigten dürren, oderauch an allzufeuchten Stellen bleibt erein unanfehnlicherStraucJi.
Er gehört mit der folgenden warzigen Art zu den früh grünenden Gewachfen , hat aber mit derfelbeu
das Unangenehme, dafs bald nach der Belaubung, eine in einem Gewebe gemeinfchaftlich wohnen,
de Raupe Phal. Evonymella Linn. nicht nur die Blätter zerftört, fondern auch die ganze Pflanze umwebet,
wenn man nicht gleicli bey dererftenEntdeckung des G ewebes, die darin erbrüteten jungen Raupen
vertilgt.
Die unanfehnlichen Blumen kommen im May aus den untern Blattwinkeln der neugetriebenen
Zweige, oder aus befondern am vorjährigen Triebe gebildeten Blütheknofpen, au f einem langen allgemeinen
Blumenftiele hervor, der fich am Ende in zwey oder drey Äfie theilet, davon jeder meiflens
drey Blumen trägt, die an der Bafis ihrer Blumenflielchen , zwey fadenförmige, kleine, fpitzige
und abfällige Deckblätter haben. Die bleibende Blumendecke ift grün , v ie r , nur feiten fünffpal-
t ig , die zugerundeten Einfchnitte lind ausgebreitet, bey dem mehr ausgebildeten Fruchtknoten aber
zurück gebogen. Fünf, meiftens aber vier eyrunde, ausgebreitete, gelbgrüne Blumenblätter, zwifchen
welchen weilslichte,mit gelben Staubbeuteln gekrönte, und dem Fruchtboden eingefiigte Staubfäden
ftehen, umgeben den grünen halbkugelförmigen Fruchtknoten, der einen kurzen Griß'el, mit einer
ßumpfen fchwammigen Narbe unterftützet, die daraus gebildete Frucht, ift vier oderfünffeitig, vier
oder fünffächrig , und enthält in jedem Fache einen oder zw e y , an einem orangefarbigen Faden be-
feftigte eyrunde Saamen. Die feingezahnten , an beyden Flachen glatten Blätter ftehen auf kurzen Blatt-
fiielen einander gegenüber, fie werden im Herbfte roth, und fallen mit oder auch vor den Früchten
ab. Die armförmig fiehenden Äfte find rund, und werden dann viereckigt, wenn in den vertieften
Linien, die an der grünen Rinde der jungen Zweige von der Bafis der Rlattfiiele , bis zu den folgenden
herablaufen, länglichte Warzen erfcheinen, welche fich nach und nach mehr ausdehnen und
zu einer rothbraunen, firichförmigen, fchwammigten Erhöhung auswachfen, die auch noch an fünf
bis fechsjährigen Äften wahrzunehmen ift : mit diefer, die Zweige eckigbildenden MaiTe hat das fein-
aderige, blafsgelbe, und zähe Holz keine Verbindung, welches von Drechslern verfchiedentlich benutzet
wird , und gute Kohlen gibt, die nicht nur nach der von Du Hamelvorgefcbriebenen Bereitung
zum Zeichnen, fondern auch,zufolge neuer damit gemachter Verfuche, zur Verfertigung des Schiefs-
pulvers vorzüglich geeignet feyn follen. Die jungen geraden SchÖlfe werden zu Röhren für Tabake-
pfeifen, oder zu zierlichen Fliegenwedeln verwendet.
Die Knofpen beftehen aus vielen kleinen, eynmdrpitzigen, Dachziegelförmigeiuanderbedecken-
deu Schuppen, die mit den jungen Zweigen zu Ende des Winters eine röthlichte Farbe annehmen.
Auf einem unebenen Rafengrunde würden von diefer Art zu Bäumen erzogene Stämme, zer-
iireut hingepilanzet, befonders im Herbfie von ungemeiner Schönheit feyn.
Nach Schieffert und Suckow follen die Saamenkapfeln, vermuthlich auch die orangefarbene
Saamendecke eine gefättigte braungelbe Brühe geben, die in der Gahrung mit Afaun in eine gute
fchwefelgelbeFarbe übergeht. Wann gleich die Früchte diefes Spindelbaumes, fo wie die der übri-
gen Mitarten nicht nach der gemeinen Angabe zu den eigentlichen Pflanzengiften gehören, fo bringt
doch der Genufs derfelben Erbrechen und Abweichen hervor. Die gepulverten Saamendecken ver-
treiben das Ungeziefer der hölzernen Bettflcllen, und die Kerne enthalten ein brennbares Öhl. Das
Laub ift den Schafen ein tödtendes G ift , fo wie die ganze Pllanze zu den verdächtigeren Gewäch-
fen gehört , indem die Drechslet bey Bearbeitung des Holzes , von den Ausdünltungen desfelben
oft mit Erbrechen und Übelkeiten befallen werden.
Von diefem Spindelbaume ift eine Abart mit weifsgelchecktem Laube, und eine andere mit
gelben Früchten bekannt. Auch der, in verfchiedenen deutfchen Pflanzenverzeichniffen vorkommende
E. longifoUus ift nichts als eine lang - und fchmalblätterige Spielart desfelben.
T a b u l a 72.
D e r wa r z ig te Spindelbaum.
Evonymus verrucosus. Scop.
Warty - Spindle - Tree,
Le Fusain galleux.
D ie fe r in den fchattigten, von Wien nicht fehr entfernten Waldungen, befonders in jenen bey
Baaden gemeine Strauch wird auch in einigen deutfchen Provinzen, wie iu Ungarn, in Kärnten
und Ktain wildwachfend angetroffen. Er liebt einen fteinigteu mit Lehm vermengten Boden,
und kömmt am meiften in Eichenwäldern vor. Gewöhnlich ift er nur 2 - 4 Fufs hoch, gelanget
aber auch zuweilen zu einer Höhe von 8 - 1 2 Fufs , und treibt fchwache äftige Stämme , an denen
die iu Anfehung der übrigen Mitarten fehr dünnen Zweige faft wagerecht ausgebreitet ftehen’
Mit denen Bch entfaltenden Blättern erfcheinen in den Winkeln derfelben die dünnen , haarförmigen,
wagerecht ausgebreiteten allgemeinen Blumenftiele , die oben in drey befondere Blumenftiele
getheilt lind , deren jeder entweder eine auf einem Blumenllielchen ruhende Blume unterftutzet ,
oder nochmahl in drey Äfte getheilet ift, davon auch jeder, fo wie die erftern, nur eine Blume
trägt. An den Theilungen der Blumenftiele , wie auch an der Bafts der Blnmenftielchen , liehen
zw ey kurze, pfriemenförmige, abfällige Deckblätter einander gegenüber. Die Blumen entfalten fich
zu Ende M a y , fte haben eine flache ausgebreitete vierfpaltige Blumendecke, vier runde rothbrau-
ne Blumenblätter, fehr kurze Staubfäden, der Griffel ift kaum ftchtbar , und die Narbe zeigt Bei,
wie ein Bläschen, das aut dem viereckigten, grünen, flachen Fruchtknoten ruhet, derzu einet vier-
feitigen , vierfächerigen , röthlichten , herabhangenden und im Julius zeitigenden Frucht erwächft,
die in jedem Fache 1 - 4 eyrnndfpitzige weiffe, an einem ziemlich langen gelblichten Faden be-
felligte, und in einer orangefarbenen Saamendecke eingehüllte Saamen enthält, die lieh, wenn die
Früchte auffpringen, mit ihrer fchwatzpurpurfarbenen dickem Seite , durch eine in der Saamen-
deeke befindliche Öfl’nung deutlich zeigen. Diefe im Auguft zeiligenden Früchte geben diefem Spm-
E 2
J .