Ich kann mich zunächst auf diese kurze Uebersicht der einschlägigen
Literatur beschränken. Es ist nicht zu verkennen, dass
d e zweiHanpttendenzen, welche in den letzten zwei Decennien allen
nioiphologischen Arbeiten über Bacterien die Stimmung gaben, auch
in den besprochenen Arbeiten zum vollen Ausdruck gelangt sind,
ach der einen, der „Theorie von der Constanz der Bacterienformen“
weictc r ‘T unterschieden:
welche dureh die Formen ihrer Zellen oder Glieder characterisirt
werden. Lies Irin c ip dient dem bekannten Colin’schen System als
Grund age. Die andere besagt, dass die Form der Zellen^nicht als
Giundlage zui Aufstellung von naturwissenschaftlichen Gattungen und
Arten dienen kann, weil sie unter dem Einflüsse von äusseren
Eiuwirkungen veränderlich ist; den Bacterienspecies wird eine weitgehende
Anpassungsfähigkeit und ein damit verbundener Pleomorphismus
zug^esclmeben. Diese Anschauung macht sich bei den drei genannten
Forschern geltend. Somit führt uns unser Thema direct in das
Gehet dieser alten Controverse ein und fordert uns auf, zu derselben
Stellung zu nehmen. Das möchte ich aber an dieser Stelle vermeiden:
ch gedenke_ auf die allgemeine IL-age n u r insoweit einzugehen als
E i L l Z Specialgebiete beobachteten
i r ' r °der der anderen Auffassung
e S e i r ' der Arbeit
ic lfin er P t ' 1 f rechtfertigt es sich, dass
ich in dei Literaturubersicht n u r Arbeiten angeführt habe, welche dieses
Specialgebiet zum Gegenstand haben, selir viele Arbeiten aber, welche
b J ln n d e l“ ' ^ '"^ d ig k e it in der Morphologie der Bacterien
behandeln, unerwähnt gelassen habe.
Die Melirzabl der Forscher, die die betreffenden Organismen
uiitersucht haben, vertritt die Ansicht, dass alle Schwefelbacterien
mu Lntwickelungsstadieii, Wuchsformen weniger, etwa zweier, pleo-
n rpher bpecies sind. Dieser Schluss ist leicht zu erklären, wenn man
die Bedingungen und die Schwierigkeiten der Beobachtung erwägt.
Beobachter hat hier mit einer Eeihe von Organismen zu thun
welche durch scharfe gemeinsame Merkmale (wie die Farbe und diè
Schwefelkorner) ausgezeichnet sind und ausserdem sehr oft, ja fast
irnmei, gesellig m buntem Durcheinander Vorkommen; und obgleich
die einzelnen Formen nach ihrer Gestalt, Grösse, der Gruppinim.s-
weise der einzelnen Individuen wohl zu unterscheiden sind, so f i n i t
man doch im günstigen Falle üebergänge zwischen beliebigen zwei
rmen mit allen Abstufungen der Grösse u nd Gestalt beieinander.
Alles in Allem, es drängt sich die Ueberzeugung von dem genetischen
Zusammenhang dieser Organismen gleichsam von selbst dem Beobachter
auf. Es kommt dazu noch die Schwierigkeit ihrer Cultur und die
vollständige Unmöglichkeit sie durch alle bekannten bacteriologisclien
Kunstgriffe von einander zu isoliren.
So wahrscheinlich aber die Verwandtschaft dieser Ftermeii auf
den ersten Blick auch zu sein scheint, so bleibt sie doch n u r eine
blosse Vermutliung, so lange die einzig sichere Methode bei der
Untersuchung der niederen Organismen, nämlich die continuirliche
Beobachtung in einer mikroskopischen Cultur, auf die in Frage
stehenden Organismen nicht angewandt ist. Es wird wohl überflüssig
sein, mich an dieser Stelle über die Methodik der morphologischen
Bacterien-Untersuchung zu verbreiten. Statt dessen sei
es mir erlaubt ein längeres Citat aus den „Vorlesungen über
Bacterien“ von d e B a r y hier anzuführen, welches so klar und
scharf wie nur möglich das Wesentlichste ausdrückt, was darüber
zu sagen ist u nd zugleich eine prägnante obwohl indirecte Kritik
der oben genannten Arbeiten enthält. „Die Specios i s t .................
nu r bestimmbar durch und n u r erkennbar am Entwickelungsgang,
und dieser besteht in der successiven Entwickelung von Ftermen einer
aus der anderen. Die von diesen später vorhandenen entstehen aus
den früheren, als Theile dieser, sie stehen daher mit denselben zu
irgend einer Zeit in lückenloser Continuität, auch wenn sie später
von ihnen abgetrennt werden. D e r N a c hw e is d e s Z u s am m e n -
g e h ö r e n s in e in e n E n tw ic k e lu n g s g a n g k a n n d a h e r n u r
e r b r a c h t w e rd e n d u r c h d e n N a c hw e is d ie s e r C o n tin u it ä t.
Jeder andere Versuch denselben zu erbringen, z. B. durch noch so
sorgfältige Beobachtung an dem gleichen Orte nach einander auftretender
Formen, Construction einer hypothetischen Entwickelungsreihe
durch noch so genaue und geistreiche Vergleichung dieser, enthält
einen logischen F’ehler“ (S. 24). „Mikroskopisch genau controlirbare
Culturen führen allein zum Ziele.“
Nun wurde in keiner der besprochenen Untersuchungen von
Ray Lankester, Warming und Zopf die Methode der mikroskopischen
Cultur angewandt resp. consequent durchgeführt. So können
diese Arbeiten, welche vortreffliche Beschreibungen und Abbildungen
bringen, in keiner Weise über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit
der beobachteten Formen Aufschluss geben. Die Notli-
wendigkeit eines genauen directen Nachweises des genetischen
Zusammenhanges dieser Ftermen wird von Ray Lankester und