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der bald kleinen, bald sehr grossen Zellenfamilien, sowie in der Art des
Zusammenhaltens der einzelnen Zellen sind cliaracteristisclie Merkmale
gegeben, Avelclie die Unterscheidung der Amoebobacterarten a’oii
anderen in Familien lebenden SchAvefelorganismen rrnschwer machen.
Der Gestaltwechsel der Amoebobacterfamilien hat seinen Grund darin,
dass sowohl die einzelnen Zellen innerhalb der Familie, als die Fa-
njilien als ganze beweglich sind.
Ich muss zunächst d a s W a c h s th um d e r Z e lle n und die
Gruppirung derselben bospreciien. Die Form und Färbung der Zellen
sind bei verschiedenen Arten selir verschieden, so dass diese Punkte
besser unten bei der Characterisirung der Arten mitgetheilt werden.
Wolil die meisten liaben runde Zellchen, die als echte Coccen zu
bezeichnen sind. Bezüglich des Inhaltes der Zellen ist zu erwähnen,
dass sie in ruhendem Zustande oder unter ungünstigen Bedingungen
ähnliche, mit sclnvacli lichtbrechender Substanz erfüllte Hohlräume,
Avie die Lamprocystis-Zellen enthalten. (Fig. 2.) D ie T h e ilu n g g e s
c h i e h t n u r n a c h e in e r E i c h tu n g d e s E a um e s ; in keinem Ent-
Avickelungsstadium habe ich eine andere Theilungsweise beobachtet.
Die Bildung von körperlichen Zellfamilien findet also ihre Erklärung
nicht in der TheilungsAveise der Zellen in successiven Generationen,
wie bei Tliiocystis, Lamprocystis und anderen, sondern in der Fähigkeit
der einzelnen Zellen, sicli innerhalb der Familie nach allen möglichen
Eichtungen zu verschieben. Die Zellen können sehr dicht bis zur gegenseitigen
Berührung zusammengedrängt oder auch sehr lose gruppirt
sein (Fig. 3 u. 4, 5 u. 6, 7a u. b), so dass sie um das Zwei- bis Mehrfache
des Zellendurchmessers von einander abstehen. Nie sind die
Zellen Avie bei den oben erwähnten Arten, nach successiven Theilungen
innerhalb der Familie in kleine zusammenhängende Gruppen geordnet,
sondern es bleiben höchstens zwei, oder sehr selten auch 4 Zellen,
einige Zeit streptococcenartig verbunden, trennen sich aber bald von
einander. (Fig. 6.)
Höchst eigenartig sind d ie B ew e g u n g e n , welche ich bei diesen
Oiganismen beobaelitet habe. Manclimal sind sie sehr unscheinbar
und leicht zu übersehen. Man bemerkt n u r an fixirten und gezeichneten
Familien, dass sie von Tag zu Tag oder auch schon im
Laufe des Tages ihre Form verändern. Eines Tages sieht man die
Zellen Aveit von einander entfernt, die ganze Familie sehr gross, den
nächsten Tag oder gegen Abend findet man alle Zellen zu einem
dichten kleinen Ballen zusaminengezogeii; dann wird das Ganze wieder
zu einem länglichen, dichten oder merkwürdig gestalteten, lockeren
Körper u. s. av. (Fig. 5, 6 , 7a, b). Man überzeugt sicli, dass diese
Veränderungen durch unregelmässig abAvechselndes Zusammen treten
und Auseinandergellen der Zellen zu Stande kommt. Die Vermelirung
der Zellen kommt boi der von Stunde zu Stunde und selbst von Tag
zu Tag stattfindenden Gestaltveräiiderung der Familie gar nicht in
Betracht, da sie sich n u r langsam theilen; wenn eine Familie sich
zusammengeballt hat, kann sie viel kleiner erscheinen als A"or meli-
reren Tagen, Avenn sie erweitert war. Diese Art der Bewegung, welche
also in einem Zusammentreten und Auseinandergehen, oder sonstigen
kleinen Verschiebungen der einzelnen Zellen innerhalb der Familie besteht,
ist mit keiner oder kaum merklicher Ortsveränderung der ganzen
Familie verbunden. Manchmal sind aber die BeAvegungen der Zellen
viel bedeutender u nd so coordinirt, dass die ganze Familie in einer
gewissen Eichtung fortschreiten kann. Eine solclie bewegliclie Familie
bietet ein merkwürdiges Schauspiel dar. Man stelle sich die Familie
als eine riesige Amoebe vor, so dass die einzelnen Coccen etwa die Miorosomen
darstelleii, dann wird man eine annähernde Idee von dem
Gesammtbilde einer beweglichen Amoebobactorfamilie haben. Nur
sind die Bewegungen bei Aveitem nicht so energisch und bedeutend,
wie bei einer Amoebe und fallen n u r bei starken Vergrösserimgen
au f Die Zellen sind in stetem Hin- und Herrücken begriffen; bald
ist die Bewegung eine ruhig fliessende, es entstehen gleichsam kleine
Strömungen in der Zellenmasse, bald ist sie eine ruckweise und
sieht aus, als ob Anziehung und Abstossung zwischen den Coccen
stattfäiide. Hier sieht man eine vereinzelte Zelle in einer bestimmten
Eichtung vorrücken, dort wird die nämliche Bewegung von mehreren
oder sogar vielen Zellen in parallelen Bahnen ausgeführt, so dass die
kleine Schaar als Ganzes sicli zwisclien unbewegliclien Zellen fortschiebt;
dabei werden alle möglichen Eichtungen eingeschlageii: von
imten nach oben, senkrecht oder schief und umgekehrt, nach rechts
und links u. s. w. „Pseudopodieii“ entstehen an der Peripherie und
werden wieder eingezogen. Einzelne randständige Zellen sielit man
so weit sich von den übrigen entfernen, dass man an ihre endgiltige
Abtrennung glauben könnte (Fig. 6, 7); doch werden sie wieder in die
Familie eingezogen. Wenn die Bewegungen aller Zellen vorzugsweise
eine gewisse Eichtung einhalten, kommen nianchmal nicht unbedeutende
Ortsveränderungen der ganzen Familie zu Stande. Manchmal zerfällt
eine solche „amoeboid“ bewegliche Familie in zAvei bis drei Gruppen,
die docli auf irgend welche Weise in Verbindung bleiben und
später sicli wieder vereinigen. Schliesslich kommt es aber zu einer