
Entwickelung-sg-aiig- untor den verschiedensten ausseren Einwirkungen
durcli immer dieselben successiv auftreteuden Gestaltungen.
U n s e r e B a c te r ie n s in d a ls o in W i r k l i c h k e i t k e in e p le o m
o rp h e n O rg a irism o n . Das merkwürdig pleomorphe B a c te r ium
ru b e s c e n s von Ray Lankester hat sich bei näherer Prüfung in eine
Menge A"on distincten hormen aufgelöst. Ebenso erwies sicli das
pleomorplie B a c te r ium s u l f u r a tu m von Warming als eine Sammel-
species. Diese Autoreii liaben übrigens das Hypothetische in der
Aufstellung dieser ihrer pleomorphen Species selbst betont und die
NothWendigkeit eines directen Beweises der Zusammengehörigkeit der
vielen Formen in einen Entwickelungskreis durcli Cultur ausdrücklich
anerkannt. Die ganz bestimmten, scheinbar auf directe Beobachtung
gegründeten Angaben von Zopf sind ganz entschieden auf ungenaue
Untersuchungsmethodeii zurückzufiihren. Der Pleomorphismus seiner
B e g g ia to a a lb a findet seine Erklärung darin, dass Zopf Entwickelungsstadien
von einer Eeihe von Bacterien, welche Avenigstens zu zwei
Gattungen und seclis Arten gehören, in einen Entwickelungskrois
gezogen hat. Die B e g g ia to a r o s e o - p e r s i c in a Zopf, Avelche in ihrer
Vielgestaltigkeit die weisse Beggiatoa nocli bedeutend übertreffen soll,
übertrifft sie eben deshalb, Aveil Zopf eine iiocli grössere Reihe von
selbständigen Organismen unter einem Speciesnamen vereinigt hat;
die B e g g ia to a r o s e o - p e r s i c in a muss bei näherer Untersuchung
in Avenigstens 8 Gattungen mit etwa 15 Arten zerfallen Q.
Von den ermittelten Tliatsachen und entwickelten Gesichtspunkten
ausgelieud, sclieint es mir geboten, zum Schluss noch eine kleine
Reihe anderer, als pleomorph bezeiclmeter Bacterien zu vergleichen,
um zu entscheiden, ob sicher constatirte Fälle von Pleomorphismus bei
den Bacterien überliaupt bekannt sind. Zum Theil auf Grund eigener
Untersuchungen, die ausführlich in einer späteren Publication niit-
getlieilt Averden müssen, z. Th. nach den Angaben anderer Forscher, will
ich an dieser Stelle C la d o th r ix d ic h o tom a , L e p to t h r ix o c h r a c e a ,
B a c te r ium Z o p f iiu n d C r e n o th r ix p o ly s p o r a mit einigen Worten
hespreclien.
fl) Wie vielen selbständigen Formen Beggiatoa roseo-persicina Zopf entspricht,
ist schAver genau zu entscheiden, Aveil Zopf die verschiedenen „Wiichs-
formen“ derselben sehr summarisch beschreibt und dazu bemerkt, dass durch
die gegebenen Beschreibungen und Abbildungen die Mannigfaltigkeit der Formen
bei Weitem nicht erschöpft Avird. Wie es scheint, war Z. geneigt, alle roth-
gefärbten Schwefelkörner-haltigeu Organismen für Entwiokliingszustände der
Beggiatoa roseo-persicina zu halten. Ihre Zahl ist aber sehr gross.
C la d o th r ix d ic h o tom a ist ausfülirlidi von Zopf untersucht')
und erAvies sich nach diesem Autor als ausserordentlicli pleomorph.
Die Darstellung A'on Zopf setze ich als bekannt voraus. Zopf A v a r
der erste, dem es gelang, eine bei den arthrosporeii Bacterien sehr
verbreitete Reproductionsersclieinung, nämlich die Stäbchengonidien-
abgliederung, zuerst an C la d o th r ix d ic lio tom a zu beobachten.
Dieser Vorgang ist sehr leicht in allen Cladothrixculturen (besonders
unter dem Deckglase) zu verfolgen, und es Avnndert mich, dass es
Zopf nur nach „über ein Jah r ausgedehnten Cladotlirixuntersiichungen“
gelang, ilin zu sehen. Von den anderen von Zopf beschriebenen
mannigfaltigen Entwickelungsvorgängen kann icli ebenfalls bestätigen,
dass manchmal eine deutliche Gliederung der Stäbchen, wenn sie
noch in ihrem Fa den verbände sind, in je vier bis fünf runde Körperchen,
Avelche aus der gemeinsamen Scheide entleert Averden, eintritt.
Dagegen muss ich bestimmt in Abrede stellen, dass diese entleerten
Coccen sich als solche vermehren können, eine Angabe von Zopf,
Avelche schon Amn Kurth mit Reclit in Zweifel gezogen Avurde^).
Weder aus diesen Coccen, noch auf andere Weise Averden von Clado-
thrix die zalilreichen Zoogloeaformen gebildet, welclie ihr von Zopf
ziigeschrieben worden sind. Die ausserordentlich gemeinen baum-
förmigen oder lappigen Zoogloeen, Avelche auf Zopfs Taf. I I I dargestellt
sind, liabe ich monatelang in meinen Culturen beobachtet,
ohne jemals ihre Entstehung aus Cladothrix, oder umgekehrt die
der Cladotlirix aus ihnen nacliAveisen zu können. Beide Organismen
Averden liäufig in Gemeinschaft auf der Oberfläclie verschiedener
Infusionen angetroft'en, kommen aber auch nicht minder häufig
gesondert vor; jedenfalls kann ihr geselliges Vorkommen nicht als
Beweis für ihren morphologischen Zusammenhang dienen. Ebenso
kann ich auch die Abgliederung e c h te r Spirillen A'on den Cladotlirix-
fäden nicht bestätigen: ein spiralig gOAvundenes Stück im Verlaufe
eines Fadens oder einen vom Faden sich abgliedernden gekrümmten
Stab kann man doch nicht Spirillum nennen — nie haben
diese „Cladothrix-Spirillen“ die regelmässigen Windungen und das
cliaracteristisclie Aussehen echter Spirillen. Nur dann könnte man
den genetischen Zusammenhang eines Spirillum, Avie S p ir i l lu m te n n o
oder v o lu t a n s (Avelche Zopf für Entwickelungszustände von Cladothrix
hält und als Arten streicht) mit Cladothrix für beAviesen halten.
') Zur Morphologie der Spaltpflanzen,
fl) Bacterium Zopfii. Bot. Z. 1883.