
Da die Zelltheilmigon in lebenden Fäden unmöglich zu beobachten
sind, so ist es mir nicht gelungen die Frage ganz sicher
zu entscheiden, ob die Fäden gleichmässig interealar wachsen,
oder ob das Wachstlnun in den älteren Theilen allmählich erlischt.
Ich habe aber Grund zu glauben, dass letzteres der Fall ist. Man
hemerlvt nämlich, dass Krümmungen n u r in den jüngeren Theilen
entstehen und dass einmal gebildete Krümmungen in älteren Tlieilen
sich nicht wieder ausgleichen. Besonders aber spricht für die obige
Annahme die Ungleichheit in dem H^S und S-Oxydationsvermögen
des basalen niid apicalen Theils, welche an sehr langen Fäden sehr
deutlich hervortritt. Steht viel H^S zu Gebote, so sind die Zellen
etwa im oberen Drittel eines FMdens stets mit Schwefel überfüllt,
weiter gegen die Basis zu nimmt der Schwefelgehalt allmählich ab,'
und das untere Drittel oder Viertel des Fadens ist ganz schwefelfrei.’
Diese Körnchen vertheilung weist darauf hin, dass die jüngeren Theile
viel energischer Schwefel aufspeichern d. h. H^S oxydiren, als die
älteren.^ Bei Mangel an H^S hingegen enthalten diese noch Körnchen,
wenn jede Spur davon in jenen schon verschwunden ist. Es wird
also Schwefel in den jüngeren Theilen rascher eingelagert und ebenso
aufgelöst, und da bei den Schwefelbacterien im Allgemeinen anzunehmen
is t, dass die Intensität des Schwefeloxydationsprocesses mit
dem Wachsthum zusammeuhängt, so spricht diese Erscheinung entschieden
für eine ungleiche Vertheilung des Wachsthums in einem
Faden. Ich habe diese Detailbeobaclitungen niclit weglassen wollen,
weil sie auf eine höhere Differenzirung der Thiotlirixfäden hindeuten,’
von welcher bei den Beggiatoen keine Eede sein kann.
Die Fäden sind bis je tz t immer als scheidenlos beschrieben worden.
Es gelingt auch selbst bei Anwendung verschiedener Eeagentien that-
sachhch nicht in gesunden Faden eine Scheide deutlich zu unterscheiden.
Doch lasst die Beobachtung der normalen Entwickeliingsvorgänge
schon das Vorhandensein einer Scheide vermuthen, die auch wirklich
bei einigen pathologischen Zuständen deutlich zum Vorschein kommt
Diese letzteren werden leicht durch HaS-Entziehung hervorgerufen.
Sind die Fäden ganz schwefelfrei geworden, so hört das Wachsthum
vollständig auf, und das Plasma nimmt ein krankhaftes, grob klumpiges
Aussehen an ; man kann diese Fäden dann mehrere Tage
beobachten, indem man täglich mehrere Male frische Nährlösung ohne
HjS zufuhrt, — keine Spur von Verlängerung ist mehr zu bemerken.
Ebensowenig aber treten jene characteristischen pathologischen Veränderungen
(Zerfall in immer kürzere Stücke und dann in einzelne
Zellen) ein, welche bei Beggiatoen unter diesen Bedingungen sich
einstelleii. Nach ungefähr 8 bis 10 Tagen findet man plötzlich
die F’äden in dem Sinne verändert, dass Fadenstücke und einzelne Glieder
innerhalb einer gemeinsamen Hülle unregolraässig, auf verschiedene
Entfermingen aiiseinandergeschoben und zum Theil aus derselben
ausgetreten sind. (Fig. 14.) Diese gemeinsame Hülle — die Scheide
— ist dann sehr gut zu sehen und erweist sich, namentlich in der
basalen Partie, als ziemlich derb, doppelt contourirt, gegen die Spitze
aber ganz aiisserovdentlicli zart. Die ausgetretenen F’adenstücke
bleiben ganz inert vor dem ladonende liegen und zeigen keine Spur
von Eigenbewegung. Weitere Aterscliiehungen treten auch im Innern
der Scheide niclit melir ein. Alles bleibt auch weiterhin absolut
stationär. Unzweifelhaft sind die Fäden in diesem Zustande schon
todt, da sie trotz wiederholter HäS-Zufuhr keine Spur von Schwefelkörnchen
bilden und in keiner Weise wieder zum Wachsthum zu
bringen sind.
Man hat es also im obigen mit einem einmaligen Vorgang, einer
Absterbeerscheinung zu th u n , und zwar könnte sich dieser Process
folgendermassen abspielen: abgestorbene Zellen geben innerhalb der
Scheide osmotisch wirksame Stoffe ah, welche ein Eindringen von
Wasser durch die Scheide hindurch verursachen. Durch den auf
diese AVcise entstandenen osmotischen Druck werden nun die mit
eigenen Membranen versehenen in der Scheide verschiebbaren
Glieder und Gliedercomplexe gegen die Oeffnung hin gerückt
werden, so lange als dieser Druck andauert. Pü r diese E rk lä rung
spricht der Umstand, dass die Scheiden an den leeren Stellen
immer straff gespannt sind und deutlich aufgebläht erscheinen;
keine Einknickmig tritt an diesen Stellen ein , selbst wenn man die
Fäden gewaltsam hin nnd her bewegt. — Gleichviel ob diese Er-
_ klärung richtig ist oder n ich t, wird durch diese Beobachtungen die
Thatsache festgestellt, dass die Thiotlirixfäden eine Scheide besitzen,
wenn auch diese viel schwächer ausgebildet ist, als bei Cladotlirix
dichotoma, Leptothrix ochracea und Verwandten. Dagegen besitzt
Beggiatoa keine Andeutung einer solchen.
Ha t ein Faden eine gewisse, übrigens bei verschiedenen In dividuen
sehr verschiedene Länge erreicht, so treten Entwickeluiigs-
vorgänge ein, welche als G o n id ie n b i ld u n g aufgefasst werden
müssen. Wenn diese sich frühzeitig an verhältnissmässig kurzen,
etwa n u r 100 langen FMdeii einstellt, so spielt sie sich in
der einfachsten Form folgendermassen ab: an dem sonst scheinbar