
dass die Chromatien, wie alle rothen Schwefelbacterien überhaupt,
nur unter der Bodingung eines selir besciiränkten Sauerstoffzutritts
gut gedeihen, ja leben können. Bei dauerndem ungehinderten Luftzutritt
verfallen sie leiclit in einen krankhaften Zustand. Ihre Reizbarkeit
Avird natürlicli erheblich vermindert oder geht mit der Zeit
vollständig verloren. In einer H^S-liaitigen Flüssigkeit bleiben sie
dagegen gesund und reizbar und zwar niclit nu r deslialb, Aveil durch H,S-
das Eindringen von Luft in die Flüssigkeit verliindert wird, sondern
auch, da derselbe zur normalen Ernälirung der Schwefelbacterien
unbedingt nöthig ist. Unter diesen Bedingungen lässt sich eine, je
nach den zugefülirten Mengen, anlockende oder abstossende Wirkung
des Sauerstoffes manclimal sehr deutlich beobachten. Uebersteigt nun
der Sauerstoffgehalt eine geAvisse Grenze, dann tritt ein allgemeines,
äusserst lebhaftes und unruhiges Schwärmen ein, die Chromatien
verlassen die Nachbarschaft der grünen Organismen und suchen
offenbar minder sauerstofl'reiclie Schichten der Flüssigkeit auf. Wenn
man sie aucli weiter nicht vor Sauerstoffwirkung auf irgend welche
V eise schützt, so werden sie ailmählich, und zAvar für diesmal dauernd
unbeAveglich, Avobei sie auch ihr Wachsthum einstellen und die
charakteristisclie Verfärbung zeigen.
Die Frage, ob d a s L ic h t e in e n r i c h te n d e n E in f lu s s a u f
d ie B eAv egungen d e r C h rom a t ie n a u s ü b t , Avird von Engelmann
iu seiner erAvähnten Untersuchung verneint. Docli macht schon ihr
Verlialten in Massenculturen, das constante Ansammeln auf der Lichtseite
der Gefässe, sehr walirscheinlich, dass sie in der Eiclitung des
Lichteinfalls sich beAvegeii. Man überzeugt sich in der That, dass
d ie s e O rg a n ism e n p lio to ta c tis c h s in d . Und zwar tritt eine positive
Phototaxis sehr deutlich hervor, wenn man iu einer Objectträgercultur
ein allgemeines iebliaftes Schwärmen liervorruft (Avie oben beschrieben),
plötzlich stark HjS-lialtiges Wasser zuführt, und dann den Objectträger
vom Fenster etAva 0,5—1 m entfernt liegen lässt. Binnen kurzer
Zeit entsteht dann auf der P’ensterseite des Tropfens eine starke Ansammlung,
Avelche schon mit blossem Auge als lebliaft pfirsichblütliroth
gefärbter Saum sichtbar is t'), der aus äusserst dicht zusammengedrängten
Cliromatien bestellt, welclie schon zur Ruhe gekommen
fl) Dieser Saum AA'ird aber nie dicht am Deckglasrande gebildet, sondern
in einer Entfernung von 1—1,5 mm. Die peripherische Zone ist ganz frei von
Chromatien; die luftreichen Schichten der Flüssigkeit AA'erden Avie immer von
denselben A-ermicden, und der Einfluss der einseitigen Beleuchtung vermag nicht
dieser Abneigung Herr zu werden.
sind und sicli auf dem Objectträger und der Unterfläche des Deckglases
in einer Scliicht festgesetzt haben. Dreht man den Tropfen,
sobald die Zellen sich an der Lichtseite angesammelt haben, horizontal
um 180®, so wandern jene zunächst niclit nach der Fensterseite
hinüber; es müssen wieder besondere Umstände eintreten, um die
festsitzenden Zellen zum Schwärmen zu boAvegen; tritt das ein, so
gelingt es Avieder, durcli H^S-Zusatz eine Ansammlung auf der Fensterseite
liervorziibringen. In scliAA'ach HgS-haltigem oder HgS-ireiem
Wasser verlialten sich die Chromatien nicht oder n u r undeutlich
positiv phototactiscli; eine negative Phototaxis konnte icli auch nicht
mit Sicherheit beobachten; die Schwärmer scheinen dann vielmelir
sich zum Licliteiiifall indifferent zu verlialten. Die Versuche averden
dadurcli selir crscliAvert, dass die Chromatien immer eine Neigung
sich festznsetzeii liaben und, einmal festsitzend, nu r unter besonderen
EiiiAvirkungeu das ScliAvärmen Avieder beginnen.
Nocli eine andere eigenthümliche LichtAvirkung hat Engelmann
an den ChromatiumscliAvärmern beobaelitet, nämlich ihre äusserst
h e f tig e E e a c tio n a u f p lö t z li c h e A b n a hm e d e r L i c h t in t e n s i t ä t :
ruhig in bestimmter Eichtung sich bcAvegende Zellen können durcli
plötzliclie Beschattung momentan zum Stillstände gebracht werden,
wobei sie manclimal eine Strecke Aveit zurückschrecken und kreiselförmig
sich drehen, um Avieder nach einem Augenblick ihre Bewegung
fortzusetzeii. Diese „Schreckbewegungen“, Avie sie Engelmann nennt,
hat schon früher Strasburger an Botrydium- und Bryopsisschwärmern
beobachtet, und zwar fällt die Erschütterung bei den ersteren mit einer
plötzlichen Verminderung, bei den letzteren mit einer plötzlichen
Erhöhung der Lichtintensität zusammen Q. Die Cliromatien reagiren
Avie Botrydium n u r auf eine plötzliche Beschattung, nicht auf eine
plötzliclie Beleuchtung, wie schon Engelmann angiebt. Die Empfindlichkeit,
Avelche sie dabei zeigen, und die Heftigkeit der Eeaction sind
Avirklich höchst merkwürdig anzusehn. Selbst die leichteste und
schnell vorübergehende Verdunklung, welche dadurch bewirkt Avird,
dass man mit einem Streifen Papier rasch vor dem Mikroskopspiegol
vorheifährt, ruft die „SchreckboAvegung“ hervor. Der Effect ist dabei
auch gar nicht kleiner, als der durch plötzliclie, vollständige Verdunkelung
des Gesichtsfeldes erzielte. Auf den G ra d der Verdunkelung
kommt es also nicht an, n u r muss diese p lö t z l i c h eintreten. . Im
Momente, avo der Schatten den ScliAvärmer berührt, zeigt er die oben
fl) Wirkung des Lichtes auf Scliwärmsporen. S. 25.