
beschriebene Reaction, um im niielisten Augenblick wieder davon zu
scliAvärmen, aber niclit in derselben, sondern in meist genau entgegengesetzter,
immer sehr veränderter Richtung. Diese Avird z u n ä c h s t
niclit durch das Liclit beeinflusst; holt man einen Schwärmer mit
dem Scliatten von liiiiten ein nnd berührt iim mit dem Schattenrande,
so kelirt er um und läuft zunächst tiefer in den Schatten hinein.
E r s t n a c h e in ig e n A u g e n b lic k e n beschreibt er einen sanften
Bogen und steuert Avieder gegen den beleiiciiteten Tlieil des Gesiclitsfeldes
hin; der Uebergang in denselben Amllzieht sich ganz ruhig. — Ueber-
liaupt ist es fü r die Wiederaufnalime und Richtung der Bewegung nach
der Eeaction vollständig gleichgültig, ob man den ScliAvärmer im
Scliatten lässt oder Avieder beleuchtet; im vollständigen Dunkeln Avie
am Liclite geht die BoAvegung nach der Erschütterung in ganz gleicher
Weise Aveiter vor sich. Umgekehrt, Avenn man den Schwärmer ab-
Avecbselnd beschattet und beleuchtet, so tritt die Erschütterung jedesmal
bei der Beschattung ein, und zwar nimmt die Empflndlichkeit
gegen die vorübergellende Beschattung in keiner Weise ab, so oft
und rasch man dieselbe eiiiAvirken lässt. Schwenkt man einen Streifen
Papier in raschem Tempo vor dem Mikroskopspiegel, so Averden alle
das Gesichtsfeld durchziehenden ScliAvarmer dadurcli aufgehalten, indem
sie sicii in gleichem Tempo mit der Handbewegung hin und her
Averfen und gar niclit vorrücken können. Geradezu komisch ist, dass
manclimal ein dadurch in seiner Bewegung verhindertes Individuum
nach einem Kampfe von einigen Minuten an Ort und Stelle zur
Euhe kommt.
Dass manche Chromatiumarten mit einer langen C ilie ausgestattet
sind, Avurde schon von Ehrenberg gesehen. Ob a b e r d ie s e C ilie n a ls
B ew e g u n g s o rg a n e f u n c t i o n ir e n , darüber haben sich die Beobachter
nicht bestimmt ausgesprochen. Es wird vielleicht nicht ohne Interesse
sein, über diese Frage hier ein paar Worte zu sagen, umsomehr, da
die Bedeutung der Cilien als Bewegungsorgane bei den Bacterien
überliaupt neuerdings in ZAveifel gezogen Avorden ist. Bei ruhenden
Chromatien ist eine Cilie verliältnissmässig selten zu sehen; höchst
wahrscheinlich Avird sie eingezogen. Sclückt sich ein Individuum zur
BcAvegung an, Avas man an kleinen Zuckungen erkennt, so ist eine
Cilie regelmässig zu finden. Da ganze Cruppeii oft fast zu gleicher
Zeit das Schwärmen antreten, so findet man in der Nachbarschaft von
zuckenden Exemplaren noch ganz unhewegliclie, die aber ihre Cilien
schon ausgestreckt haben. Den Uebergang in den Schwärmzustand
kann man an diesen, von Anfang bis zu Ende beobachten. Die Cilie,
welche korkzieherartig gewunden ist, beginnt sich langsam zu drehen,
ungefähr eine bis ZAvei Drehungen in der Secunde zu machen. Dabei
bleibt die Zelle noch vollkommen unbeweglich. Ruhende Chromatien
sitzen geAvölinlich so fest auf der Unterlage, dass es wahrscheinlich
einer erheblichen bewegenden Kraft bedarf, um eine ZeUe von der
Unterlage abzureissen. Die Drehungen der Cilie werden allmählich
schneller, man sieht sie aber noch deutlich; nach einigen unbedeutenden
Zuckungen beginnt die Zelle zu wackeln, aber zuerst n u r mit dem
Ende, an welches die Cilie angeheftet ist. Endlich macht die Zelle
einige Umdrehungen, daun erst rückt sie etwas vor und scliAvärmt
plötzlich unter rascher Drehung rasch davon; die Cilie ist dabei un-
sichtbar, man sieht n u r einen Wirbel an dem Ende, wo die Cilie
früher zu sehen Avar. Es ist also unzweifelhaft, dass die Cilie hier
als BeAvegungsorgan wirkt. Bei den kleinen Chromatiumformen ist
eine Cilie schwer nachzuweisen. Es ist aber auch ohne Präparation
unzAveifelhaft, dass sie eine besitzen, da die Art des Uebergangs in
den Schwärmzustand und die Bewegung selbst bis auf kleinste Einzelheiten
denen der grossen Eormen ähnlich ist.
Ich gehe jetzt zu der Beschreibung der einzelnen Arten
über. Aus der endlosen Reihe der von mir beobachteten Formen
habe ich die folgenden längere Zeit in mikroskopischer Cultur
gehabt.
C h r o m a t iu m O k e n i i Perty (M o n a s O k e n ii Ehrenherg.)
Taf. lY, Fig. 3, 4. Cohn, Avelcher diese Art genau untersucht hat,
giebt eine Zellenlänge von 7,5 bis 15 fi je nach den Theilungszuständen
an. Eine den von Cohn angegebenen Dimensionen ziemlicii
genau entsprechende Form habe ich nicht selten gefunden und lange
Zeit cultivirt. Die von mir genau gemessenen Exemplare waren
unmittelbar vor der Theilung 15,3 ft lang, nach der Theilung 8 ft bei
einer maximalen Dicke von 6— 6,3. Als Beispiel fü r die Theilungs-
vorgänge dieser Art kann der Fall der Fig. 3, Taf. lY, dienen. (Yergl.
Figurenerklärung). Die Gestalt der Zellen variirt in geringem Grade:
unter den längeren sind mehr oder weniger gekrümmte (wie der
SchAvärmer der Fig. 4) zu finden, oder ganz gerade; die kurzen sind
manchmal eiförmig, manchmal mehr cylindrisch u. s. w. Die Färbung
ist in günstigen Wachsthumbedingungen sehr lebhaft.
Eine bedeutend kleinere Form entspricht in ihren Dimensionen
fast vollkommen dem C h rom a tium W e is s ii von Perty
■ \V in o g r a d s k y , Bacterien I.
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