
gelungen, eine den Angaben von Engelmann entsprecliende, unmittelbar
und rascli die BeAvegungen anregende Wirkung des Lichtes deutlich zu
sehen. Dann nclitete ich Objectträgerculturen von gleichem Material
em nnd hielt einen Tlieil constant im Dunkeln, andere am Lichte;
Avälirend der ersten Tage Avar bei richtiger Behandlung geAA-öhnlich
kein deutlicher Unterschied in der BeAveglichkeit der Chromatien zu
bemerken; erst allmählicli ualim die BeAveglichkeit in den Dunkel-
culturen ab, erlosch aber selten früher als nach 10 Tagen. Die
Versuclie liabe ich soAvohl mit in meinen Culturen gezüchtetem Material,
Avie mit dem, Avelclies Dr. Engelmann selbst im Sommer 1887 Herrn
Professor de Bary mitzutheilen die Güte hatte, ausgeführt.
Die Ursache des W iderspruches ist mir unklar gebliehen; vielleicht
liesse sicli die von Engelmann beschriebene LichtAvirkung auf eine
Sauerstoffaussclieidung von Seiten der kleinen, im Ti'opfen zerstreuten,
grünen Bacterien zurückführen, i) Doch giebt Engelmann an, dass keine’
grünen Organismen dabei Avaren. Vielleicht zeigen auch die Chro-
matieii nu r äusserst selten unter unbekannten Umständen dies Ver-
halten. Das können indess n u r künftige Untersuchungen entscheiden.
Die als BeAvegungsreize hier Avirkenden Factoren gelang mir
auch nicht mit Sicherheit zu ermitteln, obgleich es mir ausnahmslos
glückte, durcli ein bestimmtes Verfahren die BeAvegungen hervorzurufen
und zu unterhalten. Es liessen sich dabei aus dem Verhalten
der ScliAvärmer auch Avahrscheinliche Schlüsse ziehen über die hier
thätigen EeizAvirkungen.
Entnimmt man aus einer Massencultur ein Häufchen von un-
heAveglichen Chromatien und hält es in der Mitte eines mit Deckglas
bedeckten Tropfens auf dem Objectträger, so sieht man, gleichviel ob
man die Cultur im Lichte oder Dunkeln hält, keine Bewegungen eintreten,
so lange man nicht H^S-lialtiges Wasser zuführt. Wo man früher
so gut wie keine Bewegung antraf, liat man jetzt, bei H^S-Zusatz, eine
Menge von lebliaft schAvärmenden Exemplaren. Die Beweglichkeit
tritt^ manchmal bald nach der HjS-Zufuhr, manchmal aber erst nach
zwei oder drei Mal 24 Stunden ein, Avährend Avelcher man die Cultur
ein Mal täglich mit stark H2S-haltigem Wasser auswäscht. Bei diesem
Verfahren hält die Beweglichkeit, einmal im Gange, ununterbrochen
an, ist aber auch daun grossen Schwankungen unterworfen. Meistens
ist n u r ein Theil beweglich, manchmal aber tritt ein allgemeines,
äusserst lebhaftes Schwärmen ein, welches blos einige Stunden
*) Vgl. S. 44 und 51.
andauert. Nach Zusatz von HjS (Avas ich morgens etAva um 10 Uhr
that) war zunächst jedesmal eine Beruhigung, manchmal in sehr
schlagender Weise, zu bemerken; gegen Abend war die Beweglichkeit
in Zunahme begriffen und am nächsten Morgen erreichte sie ihr
Maximum; nach erneuter Zugabe von HjS Aviederholte sich dann der
beschriebene Gang. Damit steht im Einklänge, dass, wenn man
nicht ein Mal, sondern zwei bis drei Mal täglich HaS-haltiges Wasser
zugiebt, sich bald eine sehr bedeutende Abnahme der Beweglichkeit
bemerkbar macht, und das erAvähnte Morgenmaximum nicht mehr
hervortritt. Man sieht dann die Chromatien sich um die grünen
Bacterienmassen ansammeln oder in dieselbe sich einbetten und ruhig
liegen, bleiben. Es wirkt also SchwefelAvasserstoff einerseits scheinbar
anregend auf die Bewegungen, da dieselben ohne ihn nicht von Statten
gehen, andererseits aber unzweifelhaft auch hemmend. Dieser scheinbare
Widerspruch findet darin seine Erklärung, dass eine HjS-Zugabe
in zweifacher Weise wirksam ist: HgS-Wirkung einerseits, Sauerstoffentziehung
andererseits. Der Sauerstoffgehalt im Culturtropfen ist
bei den erwähnten Culturbedingungen grossen Schwankungen unterworfen:
unmittelbar nach Zufuhr von HjS-haltiger Flüssigkeit gleich
Null, nimmt er allmählig zu, indem der Sauerstoff langsam mit
der Zersetzung des HjS in die Flüssigkeit eindringt und zuletzt,
nach vollständiger Oxydation desselben, frei in alle Schichten der
Flüssigkeit diffundirt g. Hand in Hand mit dem Eindringen des Sauerstoffes
nimmt auch die Beweglichkeit der Chromatien zu. Sie verlassen
dann meistens die grünen Zoogloeen und schwärmen scheinbar ordnungslos
nach allen Richtungen hin und her. Diese, mit verschiedenen
grossen und kleinen Chromatien mehrere Male wiederholten Beobachtungen,
machten mir die Annahme sehr wahrscheinlich, dass in der
Sauerstoffwirkung die Ursache der Bewegungen zu suchen ist.
Es entsteht aber die F’rage: Warum wirkt der Sauerstoff nur
dann als Bewegungsreiz, wenn er einen erschwerten periodischen
Zutritt zu den in HjS-haltigem Medium befindlichen Chromatien findet,
u nd bleibt Avirkungslos bei beständiger freier Zufuhr? Die Erklärung
dieses Verhaltens liegt nahe. Es ist schon oben auseinandergesetzt 2),
’) Dass das Eindringen A'on Sauerstoff in einen mit Deckglas bedeckten
Tropfen von H^S-haltigen Wasser wirklich sehr langsam geschieht, beweist die
Thatsache, dass ein Niederschlag von Schwefeleisen darin sehr langsam von Aussen
nach Innen fortschreitend oxydirt Avird; nach 24 Stunden ist er noch im Centrum
des Tropfens unverändert, d. h. schwarz.
*) S. 50—53.