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ILS giebt, so beginnt das Abstorben derselben, es treten Désorganisations
Erscheinungen ein, auf welche ich unten noch zu sprechen komme.
Iiy guten Culturen, wo die Fäden gesund und kräftig beweglicli
sind, findet man durchgeliends n u r sehr lange Fäden. Eine Länge
von 1 cm und darüber ist keine Seltenheit. Das Zerbrechen derselben
in Theile trägt einen rein zufälligen Character. Bei den
mannigfiichen sehr energischen Biegungen, Schwingungen u s w
welclie ein Faden unaufhörlich durchmacht, bricht er manchmal an
SteUen, welche weniger biegungs- oder zugfest sind, am häufigsten
da, wo sich eine abgestorbene, inhaltsleere Zelle befindet, wie sie
auch in sehr schönen Fäden hie und da vorkommt. Ein Durcli-
reissen des Fadens kann auch an ganz unverletzten Stellen erfolgen
wie es z. B. unter folgenden Umständen zu beobachten ist; wird in’
einem Faden eine Schlinge gebildet und bewegen sich die Fadenenden
nach verschiedenen Eichtungen, so wird sie immer enger
zusammen gezogen, und endlich wird der Faden an der Stelle der
schärfsten Biegung eingeknickt und zerrissen, wobei Plasma und
Körnchen sich aus der zerrissenen Zelle entleeren. Das Brechen
der Beggiatoafäden in Stücke ist also nicht zu vergleichen mit
dem Zerfall von anderen Bacterienfäden, wo dieser als entwickelnngs-
geschichthches Moment eintritt und infolge der Trennung der einzelnen
Glieder von einander vor sich geht. - Das Zerbrechen der
ia d e n in kurze, aus etwa 1 0 - 1 5 Zellen bestehende Stücke geschieht
nu r u n te r ungünstigen Culturhedingungen und ist ein
Untrügliches Zeichen eines krankhaften Zustandes der Fäden. Werden
alsdann die Cnlturbediiigungen nicht in günstigem Sinne geändert,
so sterben nach ein paar Tagen alle Beggiatoen in der Cultur ab
So werden diese kurzen Stücke regelmässig gebildet, wenn man den
Fädeii keinen H^S giebt. Indem ich vollkommen gleichförmiges
Material m parallelen Culturen mit und ohne H^S in Langenbrücker
Wasser cultivirte, erhielt ich immer in den ersteren sehr lange Fäden
in den letzteren nur kurze Fadenstücke. Es wuchsen diese wieder zu’
langen Faden h e ran , wenn ich ihnen H^S-haltiges Wasser zuführte.
Die Desorgamsationserscheinungen, welche bei den Beggiatoen
beim Mangel an H^S resp. S platzgreifen, sind sehr characteristisch.
Die einmal gebildeten kurzen Fadenstücke stellen bald ihre Bewegungen
vollständig ein. Ihre Zellen werden so inhaltsarm, dass in den meisten
n u r eine ausserordentlich dünne, kaum zu unterscheidende Plasma-
schicht an den Wänden zurückbleibt. In anderen Zellen hallt sich
der Inhalt zu merkwürdig aussehenden Klumpen zusammen. (Taf I,
Fig. I c und Fig. 4). Endlich blassen ganze Fadenstücke bis zur
Unkenntlichkeit ab, oder zerfallen vorher in einzelne Zellen, welche
theils sich abrunden, theils cylindrisch bleiben. Einige von den runden
Zellen zeichnen sich durch ihre Grösse und etwas stärkere Lichtbrechung
aus (Fig. 4), so dass ich eine Zeit lang die Vermutlmng
hegte, in diesen Gebilden etwaige Dauersporen gefunden zu haben.
Die Vermuthung erwies sich als unzutreffend. Alle aus ihrem Verbände
isolirten Glieder sind keiner weiteren Entwickelung fähig;
früher oder später (selten später als nach 24 Stunden) blassen sie ah,
quellen auf und verschwinden ohne Spur. Sie sind die letzten Des-
organisationsproducte der Fäden. — Ich habe mich absichtlich etwas
länger vielleicht, als es von Interesse i s t , über den Zerfall der
Beggiatoafäden verbreitet, weil diese Vorgänge bei oberflächlicher U ntersuchung
als normale, als Fortpflanzungserscheinungen autgefasst werden
können. Es geschieht auch sonst nicht selten, dass ein scheinbar
g esunder, schwefelhaltiger F ad e n , plötzlich unbev/eglich wird und
dann in einzelne Zellen zerfällt, welche Schwefel enthalten, und einige
Zeit lang ein ganz normales Aussehen besitzen. Zumal nach dem
Uebertragen der Fäden ans einer Massencultur auf den Objectträger
pflegen einzelne Fäden nach einigen Minuten zu zerfallen. Der
Grund davon ist wahrscheinlich in der abweichenden Concentration
der Flüssigkeit zu suchen. Dieselben Erscheinungen kann man durch
Zusatz von destillirtem Wasser rasch hervorbringen. Der Zerfall ist
durch die leichte Quellbarkeit der Querwände oder nur deren mittleren
Schicht bedingt; wenigstens entsprechen die Bilder, welche man dabei
bekommt, einer solchen Erklärung (Fig. 5). Man sieht, dass die
Querwände verschwunden sind, und die Membran an den ihnen entsprechenden
Stellen geplatzt ist; die Zellen sind auseinander gedrückt,
wobei sie doch gegen die Zwischenräume scharf, wie durcli eine sehr
dünne Membran, abgegrenzt bleiben. — Ich habe mich eine Zeit
lang eifrig bemüht, diese Zerfallsproducte zur weiteren Entwickelung
zu bringen. Trotz zahlreicher Versuche gelang dies aber nicht.
Unter Bedingungen, unter denen Beggiatoen nachweisbar ausgezeichnet
wachsen, treten an diesen Gebilden sofort Auflösungserscheinungen
ein. Schwefelkörnchen werden nicht eingelagert, die schon vorhandenen
verlieren alsbald ihr characteristisches tröpfchenartiges Aussehen,
ihren eigenthümlichen Glanz, werden eckig u nd ganz schwarz;
sie verwandeln sich in winzige undeutliche Kryställchen. (Fig. 5.)
Nach 3—6 Tagen werden die Zellen so unkenntlich, dass sie kaum
noch aufznfinden sind und schliesslidi ohne Spur verschwinden.