‘Waniiing, welclie ihren Schlüssen n u r den Werth einer Hj^pothese
beilegen, ausdrücklich anerkannt. Anders verhält es sich mit der
Arbeit von Zopf. Zopf giebt an, Culturversuche gemacht und direct
die Umwandlung einiger Formen in andere beobachtet zu haben.
Soweit sich aber aus seiner Darstellung entnehmen lässt, waren seine
Culturversuche keineswegs zahlreich und sind höchst wahrscheinlich
wenig erfolgreich gebliehen. Zopf theilt nichts Näheres mit über die
Cultur dieser Organismen, welche mir in ganz bestimmten und höchst
eigenartigen Bedingungen leben und wachsen können. E r giebt n u r
an dieselben in „frischem Sumpfwasser“ cultivirt zu haben; gerade
in diesem aber ist ohne weitere Zusätze keine Vermehrung und n u r
ein allmähliches Absterben zu beobachten. Dass Zopfs Culturversuche
mangelhaft und jedenfalls unzureichend waren, um über den genetischen
Zusammenhang dieser Formen sich ein bestimmtes Urtheil
zu verschaffen, wird weiter unten ausführlich dargethan werden. So
hat auch Zopf seine Schlüsse nu r aus dem Vergleich der Formen
gezogen, welche er in seinen Massenculturen fand, ebenso wie Eay
Lankester und Warming.
^ So viel zur Kritik der Methode dieser Untersuchungen. Was
die Ergebnisse betrifft, so sind sie von den meinigen ganz wesentlich
verschieden und ist deshalb eine ausführliche bis ins kleinste Detail
gehende Kritik derselben leider wohl nicht zu umgehen. Ich kann
mich aber auf die Detailkritik der Darstellung von Zopf beschränken,
da die Anschauungen, welche dem wirklichen Thatbestand wenig
entsprechen, dort ihre vollendetste Fassung gefunden haben. Um
Wiederholungen zu vermeiden, werde ich die Kritik am besten mit
der Mittheilnng meiner eigenen Ergebnisse vereinigen und jedesmal
nach einem Vergleiche der sich widersprechenden Angaben die Erk lä rung
des Widerspruches zu geben suchen.
Vorkommen und Cultur der Sehwefelbaeterien.
Die vorliegende Untersuchung habe ich im November 1885 im
Strassburger botanischen Institute begonnen. Gleich am Anfang
stellten sich der mikroskopischen Cultur dieser Organismen unüberwindliche
Schwierigkeiten in den Weg, welche eine Anwendung einer
strengen Methode zur Untersuchung der Morphologie der betreffenden
Bacterien unmöglich zu machen schienen. Im günstigsten Falle gelang
es dieselben einige Tage lebend zu erhalten, wobei sie aber nicht
wuchsen; meistens starben sie ziemlich schnell ah. Ich wandte mich
dann zu der Erforschung ihrer physiologischen Eigenschaften. Der
Erfolg auf diesem Gebiete hat mir nun die Möglichkeit gegeben, Bedingungen
zu finden, unter denen die Culturen vollkommen befriedigend
gediehen. Die Physiologie dieser Organismen habe ich in meiner Arbeit
„Ueber Schwefelbacterien“ !) ausfülirlidi behandelt. Unter Verweisung
auf diese wiederhole ich hier in ein paar Worten die Hauptresultate
meiner physiologischen Untersuchung.
Diese Bacterien können ohne Schwefel, welchen sie in ihren
Zellen anfspeichern, nicht leben. Den Schwefel können sie nu r
durch Oxydation von Schwefelwasserstoff beziehen, folglich ist auch
der letztere für ihr Fortkommen unentbehrlich. Sie oxydtren ihren
Schwefel zu Schwefelsäure und scheiden dieselbe in Form eines
schwefelsauren Salzes (hauptsächlich Gyps) aus ihren Zellen ans.
Steht dieser Oxydationsprocess infolge Mangel an Schwefel bezw.
Schwefelwasserstoff stille, so wird eine Schwefelbacterie in ihren Lehensfunctionen
gelähmt und geht bald zu Grunde. Was die Ernährung
dieser Wesen mit organischen Substanzen betrifft, so sind sie in dieser
Beziehung vollkommen anspruchslos: höchst unbedeutende Quantitäten
von organischen Stoffen, welche das Wachsthum der meisten Organismen
niclit zu erhalten v ermögen, genügen ihnen vollständig.
Gute Nährstoffe, d. h. leicht gährende Substanzen leisten hei der
Cultur derselben keine guten Dienste, können sogar indiroct schädlich
sein, da sie die Entwickelung von verschiedenen Fäulnissbacterien
hervorrufen. Die Haüptbedingungen der Cultur ergeben sich aus
dem Gesagten von selbst.
Bevor ich n u n zur Morphologie der einzelnen Formen übergehe,
scheint es mir geboten, noch Einiges, betreffend die Verbreitung dieser
Bacterien in der Natur, die Cultur derselben im Grossen und Kleinen
und die Methode der Beobachtung vorauszuschicken.
Die Mehrzahl der hierher gehörenden Organismen sind, soviel ich
urtheilen kann, überall in Sümpfen, Tümpeln u. s.w. verbreitet, selbst da wo
man ihr Vorkommen nicht ahnt, weil sie n u r in höchst unbedeutender
Menge zugegen und durch directe mikroskopische Untersuchung des
Wassers oder Schlammes nicht zu entdecken sind. Eine namhafte
Vermehrung erreichen sie nu r in Gewässern, welche eine gewisse
') Bot. Zeitung 1887, No. 31—37.