Hat der Forscher diesen ersten Schritt gethan, so wird er nun anfangen, die
Form und die Funktionen dieses Organs genauer zu untersuchen. Der Hügel,
der durch seine Eröffnung dem beschriebenen Organe einen Ausweg,,verstauet,
ist nun die etwas erhabene Fortsetzug der allgemeinen Rinde der Gorgonie, .und
befindet sich über einer Hole, die dem erwähnten Organe zum Aufenthalt dient;
er öffnet sich wenn das. Thier jenes Organ ausstrecken will, in eine runde, mit
meistens 8 zahnförmigen Einschnitten versehene Mündung; ich sage m e is tens,
indem dieses Merkmal, als nicht wesentlich, zu variiren pflegt. Die vorsichtige
Natur hat diese Oeffnung gezähnt gebildet, damit, wenn Ein Zahn sich an den
andern anlegt, die Mündung vollkommen verschlossen werden könne. —
Ist die Mündung nun geöffnet, so dringt das angeführte Organ * ) ,'ganz wie
ein Knaul zusammengeballt, hervor, entwickelt sich dann nach und nach, nimmt,
die polypenartige Form an, und zeigt seinen cylindrischen weifsen , durchsichtigen
Körper*4) ; an ihm bemerkt man Längsstreifen, von denen man indefs,
selbst mit Hülfe des Mikroskops, nicht gewifs ausmachen'kann, ob sie auf, öder
unmittelbar unter der Oberfläche, sich befinden. In der Axe des Cylinders sieht
man eine roth gefärbte Linie, die man für einen, an dem Ende des Cylinders
geöffneten Canal halten mufs ; und der , sehr wahrscheinlich zur Ernährung
bestimmt, der Oesophagus oder die Speiseröhre***) seyn wird. Am Rande-der
obern Endfläche ist der Cylinder pur mit jenen symmetrisch gestellten Tentakeln
eingefafst, die durch ihr Zusammenkommen an der Basis, eben jene Fläche bilden.
Sie sind, wie gesagt, kegelförmig von der Basis nach der Spitze hin verdünnt,
erscheinen auf der Seite mit Zähnen versehen, wie gefiedert, und nehmen
beym Zusammentreffen eine prismatische, oder 3eckige Gestalt an, wodurch sie
denn regelmäfsig jene Fläche ausfüllen können ****)-. Ich sage Fläche, nur um
mich besser verständlich zu machen, denn es ist keine eigentliche Fläche, sondern
eine Vertiefung, die dadurch entseht, daft jene Dreyeeke von ihrer Grundfläche
nach der Spitze hin sich gegen einander neigen ; wo aber diese Spitzen
zusammen kommen, da sieht man einen dunkeln Fleck, der die Oeffnung jenes
gefärbten Canals im Cylinder zu seyn scheint; die erwähnte Vertiefung aber ist
nicht sehr beträchtlich, sondern neigt sich nur ein wenig aus der Horizontallinie
herab. Figur 3. stellt die 64mal vergröfserte Krone des Organs mit der Mündung
in der Mitte vor.
Diese Organe sind die einzigen bewegungsfähigen Theile der Gorgonie: sowol
der cylindrische Körper,, als die Tentakeln bewegen sich auf mannichfache Weise;
der Körper, der vorher cy lindrisch war, bläst sich bald auf, bald zieht er
sich zusammen; die Tentakeln, die im ruhigen Zustande, grade ansgebreitet
erschienen,-winden sich jetzt und wickeln sich dann wieder auf, besonders, wenn
das Organ sich zurückziehen will. Darauf dringt die beschriebene- Krone von
Tentakeln in den Körper des Cylinders so zurück, dafs zuerst ihre Basis, dann
aihnähli» der übrige Tlreil zurückgezogen wird*); während dessen aber bläfst
sich-der^Cylinder selbst auf;) runzelt sich, und tritt in die sternförmige Oeffnung
des-Hügels hinein, die dann ihre Pflicht thut , sich schliefst, und jenen, so zu
s a g e n , v e rb irg t .
Nimmt man aber eine Gorgonie aus dem Wasser heraus, und betrachtet sie
i £reyev Luft; :so wird man nichts tliierisches an ihr gewahr werden ; denn
kaum hat man den Polypen selbst im Meere berührt, so sind auch alle seine
bewegliche Organe zurückgezogen, und bleiben es auch, wenn man sie in die
Luft bringt. Oeffnet der.Beobachter aber mit Gewalt einen der Hügel, so findet
er darin ein wenig- röthliche Gallert, die ihm einen Begriff von der Zierlichkeit
des Organs geben, wird; weiches sie constituirt
Alle diese Bewegungen verrichtet dies Organ, vermöge seines weichlichen
Baues, noch mehr als selbst der Sumpfpolypd er, berührt oder aus dem Wasser
genommen, sich ebenfalls sogleich in ein Klümpchen Gallert zusammenzieht; wie
denn auch Eine von den Medusen unseres Kessels .mit ihrem Körper und den
Tentakeln an der Axe und der Peripherie, so mannichfaltige Formen anzunehmen
vermag, dafs ich nicht Eine, sondern viele Medusen in dem Glase zu sehen
glaubte, worin ich sie hielt. Diese ungemeine Beweglichkeit, ist eine Eigenschaft
der Claäse.der Würmer, die Linne" bewog,ihnen den charakteristischen
Namen: Aninraha pandentia, zu geben. Das lockere Zellgewebe ihres Körpers,
wodurch sie den Pflanzen ähnlicher werden, verschafft ihnen' diese Eigenthüm-
lichkeit.
Die Gestalt dieser Organe sowol, als ihre Beweglichkeit läfst vermuthen, dafs
sie Werkzeuge der Ernährung seyn müssen. Schon am Sumpfpolypen hat man
oft bemerkt, wie er mit jenen langen Tentakeln die Wasserflöhe und Tausend-
füfse zu-fangen weifs ; wie er sie'v erschlingt', und sich so damit anfüllt, ' dafs
er ein ganz monströses Ansehen- bekommt. Die kleinern Thierchen des salzigen
Wassers können wohl den, mit Tentakeln versehenen Mündungen dieser Gorgonie
zur Beute dienen. Indessen scheinen die winzigen Infusionstierchen, die ich
im Seewasser,- obwol in geringerer Menge, als im .süfsen, entdeckte, doch zu
klein zu:seyn, als dafs sie eine Nahrung der Gorgonie abgeben könnten; vielmehr
möchten sie wohl den kleinern Meerpolypen, wie den Sertularien zur Speise
bestimmt seyn, in deren blumenähnlich, n Organen, wie ich nachher zeigen
werde, oft eine .grofse Menge dergleichen gefunden werden. Ich wollte indessen
doch .gern einen Versuch hierüber anstcllen : In einem andern Gefäfse hatte ich
grade eine der schönsten Sertularien unsers Meerbusens *), deren polypenartige
Organe, im ruhigen Zustande, und .ausgebreitet, zwar ziemlich grofs erschienen,
»ich aber bey der Berührung zu einem Klümpchen Gallerte von der Gröfse eines
*) Fig. 4.
0 Diese Sentularia ist die S e e f e d e r . (Pennata marina) des Imperatö. Die merkwürdigen
Entdeckungen die ich an ihr wahrgedommen, werden der Gegenstand einer der folgenden
Abhandlungen seyn*