■wenn man bedenkt, dafs der Unterschied nur in der Hülle liegt, welche die
Fetus der Polypen noch umzieht, und ihre Gestalt verbirgt. — Es scheint mir
hier der Ort einige Fragen über die Vollkommenheit im Baue des Sumpfpolypen,
im Gegensatz der unsrigen aufzuwerfen : Wenn bey jenem an jedem Orte des
Körpers Spröfslinge entstehen (denn die Beobachtungen von Eyern sind noch
sehr zweifelhaft), so bilden und entwickeln sich dagegen bey diesen die Fetus
in bestimmten Behältnissen (ohne die Fortpflanzung der Madrepore durch Spröfslinge
auszunehmen) ; ohne Zweifel haben daher unsre Polypen einen weit zusammengesetztem
Bau; denn bey ihnen finden sich besondre Gebärmutter unter
den polypenförmigen Organen, die besonders bey der Gorgonie in solcher unzählbaren
Menge durch das ganze Thier zerstreut sind.
Wir dürfen bey dieser Gelegenheit dem Herrn Pallas sein gebührendes; Lob
nicht versagen, der ohne, wie er in seinem Buche vorgiebt, lebendige Gorgonien
oder Madreporen gesehen zu heben, gleichsam durch Divination das Rechte trifft,
indem er schreibt, ein W ä rzch en müsse sich zuerst von der Mutter ablosen,
sich unter die Klippen begehen, und, zuerst nur aus weichen thierischen Theilen
bestehend, dann das hornige Mark bilden, und sich endlich in Aeste theilen ').
Allein, wenn Herr Pallas nun durch Betrachtung der Skelette, und durch Benutzung,
der von den Italienern gegebenen Winke auf diese Wahrheit kam, so
mufste er nachher nicht auf eine so undankbare und ungerechte Weise in die
bittersten Beschuldigungen ausbrechen.
Da aber jene Körper, die w ir, von der Gorgonie und Madrepore zur Welt
gebracht, schlechthin E y e r genannt haben, wirkliche v o llk om m e n e I n d iv i du
en , nur von einer Hülle umschlossen, sind, so könnten wir ja wol mit Recht
diese Polypen, sowol E y e r -a ls le b e n d i g - gebäh rend nennen ? So war man
auch darüber in Zweifel, ob man den F rö s ch en die Eine oder die Andre dieser
Eigenschaften zugestehen sollte, denn nach Spallanzanis Beobachtungen sind die
Eyer derselben nichts, als die noch unentwickelte Froschlarve, die zur völligen
Entwicklung nur des männlichen Saamens bedarf. — Und da sich die Eyer dieser
beyden Polypen in ihren Fruchthältern schon bis zur Bewegung, folglich dem
Leben entwickeln, so haben wir anf diese Weise einen neuen Beytrag zur Theorie
von der Präexistenz der Fetus in den Eyern gegeben, welche Malpighi, Haller
nnd Spallanzani bey den Vögeln und; Amphibien zeigten. Hätte man die Physiologie
mit dem Studium dieser einfachen Thiere begonnen, um von ihnen
stufenweise _zu dem Menschen überzugehen , so Wären vielleicht viele Klippen
vermieden worden, die den Fortgang dieser Wissenschaft aufhielten ; denn die
x) Prim m Gorgoniarum initium' papilla est, supra1 rupes sub marinas, atiave aequore oBruta
corpora solida, explanata ; oortice prtinum solo, eodem, qui totum deinde fruticem tegit,
constars , d. inde et lamellam corneam generans; e cujus auctae centro sensiin pullulascit
futura 8‘irps, et secundum praefhtam aui specie! legem, in ramos spargitur. — p. 160 —
Madrep nan nr p. nnord.ium est stelle solitaria , qviae primo, verruculae instar, marinia
corporibas accrescit, et aucta, latérales générât proles. — p. 277. — Elench. Zoophyt.
Wissenschaften verlangen allezeit den Uebergang vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Aber ich breche hier ab , und wende mich zur Betrachtung andrer
nicht weniger sonderbarer und interessanter Gegenstände, der Sertularien und
Corallinen, womit sich die folgende Abhandlung beschäftigen wird.
Ende der zweyten Abhandlung.
E r k l ä r u n g
der Figuren auf der vierten Tafel.
Fig. r. Die Gorgonia verrucosa, verstümmelt und beachält, au welcher sich die WiedereTzeR-
gung zeigt.
Fig. 2. Eine Spitze des wiedererzeugten Ueberzuges durch die Linse No. 64* gesehen.
Fig. 5. E in , im Meere aufgehängtes Stück des Ueberzuges, lebend und mit vernarbten Wundert.
Fig. 4. Ein Stück de» Ueberzuges, das umgekehrt, auf einem Stäbchen befestigt, sich, mit
verschiedenen Zusammenziebungen wieder hergestellt hat.
F ig. 5. Ein offnes Stück Ueberzug. mit einem hineingesteckten Stäbchen.
Fig. 6. Gorgonien, welche bey Wiedererzeugung des Ueberzuges mit einander verwachsen sind.
Fig. 7- 8- 9 10. Das E y der Gorgonie unter der Linse No. 64., in den verschiedenen Formen,
die es annimmt.
Fig- t«. Diefs E y im Wasser zerdrückt.
Fig. 12. Ein« ganz junge Gorgonie.
F ig. 13. 14* iS- Die Eyer der IVIadrepoTe m ihren verschiedenen Gestalten durch dieselbe Linse
gesehen.
F ig. 16. Eins dieser E ye r im Waas er zerdrück«.