Sind die Eyer nun vollkommen reif geworden, so lösen sie sich von den
Trauben ab, und schwimmen im Wasser umher, bis sie endlich, von den Wellen
umhergelrieben , an eine Klippe kommen, wo sie sich anlegen ; denn sie entbehren
nicht allein jener Eigenschaft, deren die Eyer der Gorgonie Und Madre-
pore sich erfreuen, sondern fallen auch, durch ihr eigenes Gewicht im Wasser
zu Boden. Wenigstens bemerkte ich diefs immer an den fruchttragenden Ser-
tularien, die ich in Gefafsen hielt, und nie sähe ich Eins jener rothen Eyer auf
der Oberfläche umhertaumeln. Ihre weitere Entwicklung hatte ich nun, mittelst
eines andern Versuches, Gelegenheit zu beobachten. An einigen Stricken, die
ich im Junius, an einem Orte, wo viele Sertularien standen, im Meere aufgehängt
hatte, fand ich, an den einzelnen Faden, worin sich ihre Spitzen aufge-
löfst hatten, zwey oder drey rothe Wärzchen angeheftet, die ich, hach einer
genauen Vergleichung mit den Eyern unsrer Sertularie, für dergleichen erkannte.
Auf einer breiten Basis mit dem sie am Faden angeheftet waren, erhoben sie sich
als schmale verlängerte Wärzchen*), indem sie sich nach der Spitze hin zurundeten;
im Umkreise erschienen sie, wegen Verdickung des Balges, weifs, hatten
aber innerlich das rothe Mark, d. h. die Substanz -des entwickelten Eyes. Für
Reitze waren sie empfindlich, und es fand dann bey ihnen fast die, bey den
Scliöfslingen der Sertularia Pennatulä, beschriebene Erscheinung statt; was uns
weiter nicht Wunder-nehmen darf, weil sie sich in nichts von denen Schöfs-
lingen unterscheiden, die auf dieser Sertularie selbst wachsen, wie wir sogleich
weiter erörtern werden.
Findet aber diese Vergleiehung wirklich statt, was, wie wir nachher sehen
werden, allerdings der Fall ist, so können wir sagen, das Ey einer Sertularie
sey nichts als ein Stück des Polypen selbst, mit einem Theile seines Ueberzurres
bekleidet. Nun haben wir aber gesehen, dafs jeder kleine Theil eines Polypen
das Ganze darstelle, folglich alle wesentliche Eigenschaften desselben und Lebensfähigkeit
im Wachsthum habe ; und so sehen wir sehr wol ein, wie diese Eyer,
wenn sie nur reif sind, sich von selbst entwickeln, und wie die der Gorgonie
und Madrepore lebendige Thätigkeit besitzen können.
Ebenfalls im Frühjahre, oder im Spätsommer spriefst am Fufse der polypenförmigen
Organe, die andre Art von Eyern, die wir doldenförmige genannt
haben, hervor, und die das Sonderbare haben, dafs ein Stiel, der sie durchbort,
sie zusammenhält. Es entsteht also an irgend einem Orte des Stieles ein Ey**),
Von der Form einer zusammengedrückten Ellipse , das durch einen Stengel in
seiner Axe mit dem Stiele verbunden wird. Dieser Stengel tritt vorn über das
E y hervor, und gestaltet sich dort zu einem Häufchen von Körnern, welches
sich bald verlängert und wieder einen Stengel bildet, der wieder ein Ey trägt,
und so sitzen 4 — 5 Eyer auf Einem solchen Stengel; und da nun wieder 4 — g
solcher Stengel um den Fufs des Organes her entstehen, so bildet sich auf diese
Art eii\ Büschel, den ich eine Dolde genannt habe. Vielleicht wird mein Leser
«nstehen, diefs sogleich zu glauben, und jemand könnte es wol gerade zu laug-
nen wollen ; allein ich kann versichern, dafs ich nicht allein hundertmal dieee
Eyer in den verschiedenen Perioden ihrer Entwicklung beobachtet, sondern auch
-alle nöl lugen Versuche angestellt, und dadurch erkannt habe, dafs jener Stengel,
als wirkliche Axe durch die Eyer hindurch geht, und sie nicht etwa von aufsen
umgiebt. Ich habe ferner, ganz deutlich gesehen , wie die Blase der Eyer selbst
sich über den kleinen Theil des Stengels fortsetzt, der zwischen je zwey Eyern
sich befindet, und es scheint also, dafs Eine Blase eigentlich alle Eyer, einer
Reihe, umgiebt. Endlich läfst sich wol unterscheiden, dafs jener Stengel., oder
Axe, nicht mit dem Ey selbst eigentlich zusammenfällt, welches von einem
einfachen «ehr feinen Balge umgeben wird , und innerlich körnig, und fast
durchsichtig is t ; zerreifst man seinen Balg, so quillt die gewöhnliche Masse
heraus, die zu Tröpfchen zerrinnt, während die durchsichtige Blase zurückbleibt.
Wenn sich aber die Sache so verhält, (woran aber nicht zu zweifeln ist), so
haben wir nun unsre daraus gefolgerten Schlüsse vorzutragen. In der That haben
wir kein Beyspiel, dafs irgend ein Ey von einem fremden Körper durchhort
w ird ; allein, diefs darf uns immer noch nicht berechtigen, eine solche Art
Eyer für unmöglich zu halten. Man weifs dafs, in den Eyern der vollkomm-
neren Thiere das Lehensprinzip des nachherigen Emhryons im hüpfenden Pünktchen
des Malpighi liegt, und dafs der Dotter mit den Eingeweiden des Thieres
zusammen hängt, welches dadurch «eine Nahrung bekommt. Warum sollen
wir also nicht annehmen, dafs ein fremder Körper in seinen Dotter gelangen
könne, ohne seine Struktur zu verderben ? dafs er dort nichts anders verrichte,
als die Theile zu erweitern, und einen Baum zu erfüllen ? Und da diefs dem
Begriff der Sache nicht entgegen ist, das Faktum sich aber offenbar an unsrer
Sertularie findet, so haben wir nicht allein keinen Grund, es zu läugnen, sondern
müssen vielmehr davon überzeugt seyn.
Nun könnte man zwar noch einwerfen, diese Körper seyen vielleicht keine
E yer; allein nach meinen vielen, darüber angestellten Versuchen, kann ich versichern,
dafs es allerdings welche sind. Wie ich oben schon gesagt habe, kommen
diese Eyerdolden immer an besondern Individuen vor, und selten mit jenen
rothen Eyertrauben, die wieder meist ihre eignen Stämme haben; weil ich sie
indessen doch bisweilen beysammen gefunden habe, so wird dadurch die Vermu-
thung widerlegt, dafs die Sertularien, welche verschiedene Arten von Eyern hervorbringen,
auch selbst verschieden seyen. Wie es aber zugeht, dafs Ein und
dasselbe Thier Eyer von so verschiedener Form, oder dafs Eine Pflanze verschieden
geformte Saamen hervorbringt, das ist ein Problem, welches allerdings der
Lösung bedarf.
In dieser Hinsicht führe ich das Beyspiel eines Cryptogamisten, der Mar-
chantia auf, welche zweyfache, oder gar dreyfache Saamen erzeugt; Einige nämlich,
welches eigentlich die wahren Saamen sind, befinden sich in den, von
Stielen getragenen Scheiben; andre, welche man nicht Saamen, sondern von der
Mutter getrennte Schöfslinge nennen sollte, sammeln sich in jenen halhmondför